Am Rätschenbach in Erding:Neues Leben in alten Mauern

Noch in diesem Jahr sollen die Sanierungsarbeiten in dem denkmalgeschützten Haus beendet werden. Das Rote Kreuz zieht im Erdgeschoss ein und der Kunstverein unter dem Dach. Die Stadt muss einen enormen Aufwand betreiben

Von Antonia Steiger, Erding

Wenn alles gut geht, können die Arbeiten auf einer außergewöhnlichen Baustelle in Erding noch in diesem Jahr beendet werden. Die Stadt Erding saniert derzeit das denkmalgeschützte Haus an der Adresse Am Rätschenbach 12. Wie viel Mühe und wie viel Geld die öffentliche Hand in dieses Projekt stecken muss, damit das Haus sinnvoll zu nutzen ist, das erfuhren nun die Stadträte des Planungs- und Bauausschusses bei einer Begehung. Kleine Lämpchen sollen in einem kleinen Café eines Tages heimelige Atmosphäre verströmen, so wünscht sich das Gisela van der Heijden, die Geschäftsführerin des Kreisverbandes des Bayerischen Roten Kreuzes. Doch noch ist von Gemütlichkeit nichts zu sehen. Stattdessen mussten die Stadtwerke kleinere Kletterpartien über Leitern von einem Stockwerk ins nächste und wieder hinunter bewältigen.

Am Rätschenbach in Erding: Matthias Engel erläuterte den Stadträten die Dachkonstruktion und die Anforderungen, die das Landesamt für Denkmalschutz gestellt hatte. Die Balken aus dem Jahr 1957 mussten unbedingt erhalten werden.

Matthias Engel erläuterte den Stadträten die Dachkonstruktion und die Anforderungen, die das Landesamt für Denkmalschutz gestellt hatte. Die Balken aus dem Jahr 1957 mussten unbedingt erhalten werden.

(Foto: Renate Schmidt)

Hauptmieter des Gebäudes wird das Bayerische Rote Kreuz, das einen Bürgertreff mit Café im Erdgeschoss einrichten möchte. Passanten und Besucher werden mit einem auffälligen zweitürigen Eingang angelockt und ins Haus gelockt. Weil man Nähen und Handarbeiten weiterhin als neuer Trend gilt, bekommt das Haus ein Nähcafé in einem Raum direkt neben dem Eingang mit Foyer und Theke. Auf der anderen Seite geht es in das kleine Café mit den hübschen Tischlämpchen. Ein Kaffee wird es dort geben und andere unkomplizierte Getränke, aber keine Küche, wie Elke Fischer vom Hochbauamt den aufmerksamen Stadträten erläuterte. Im Erdgeschoss befinden sich des weiteren barrierefrei Toiletten.

Am Rätschenbach in Erding: Von außen sieht der Bau schon vielversprechend aus.

Von außen sieht der Bau schon vielversprechend aus.

(Foto: Renate Schmidt)

Noch gelangt man nur über eine Leiter in die nächste Etage, der Zugang wird künftig über eine Treppe im Haus erfolgen, aber auch über die benachbarte Stadtbücherei. Dort gibt es einen Aufzug, weswegen der erste Stock als barrierefrei gelten darf. Auch dort finden sich Räume für Begegnungen, Platz zum Lesen und Platz für Büros. Noch einen Stock weiter hinauf führt dann allerdings nur eine Treppe innerhalb des Hauses, dort wird künftig der Kunstverein Erding in einem Atelier residieren. Das Licht strömt über ein großes Fenster herein, dahinter findet sich eine große Terrasse für die Künstler. Besondere Aufmerksamkeit forderten die Fachleute, Stadtbaumeister Sebastian Henrich, Matthias Engel vom Architekturbüro Rieger und Elke Fischer, für die Dachkonstruktion ein: Aus Brandschutzgründen musste der Dachstuhl ein Stückchen angehoben werden, um Stahlträger einzuziehen. Das sei nötig gewesen, weil das oberste Stockwerk auch genutzt werden sollte. Der Dachstuhl musste auf Weisung des Landesamtes für Denkmalschutz erhalten werden, obwohl die Balken aus dem Jahr 1957 stammen und damit nicht besonders alt sind. Einige Zeit lang hatte man vermutet, dass der Dachstuhl marode ist und abgerissen werden müsse. Aber weil er "nicht belastet" sei, wie Fischer sagte, musste er erhalten werden - und das mit sehr viel Aufwand. Es sei das älteste Haus Erdings, deswegen habe so viel wie möglich erhalten werden müssen. Es spotte jeder Beschreibung, was bei diesem Haus alles gefordert worden sei, meckerte einer. Künftig wird die Sanierung des Hauses, das die Stadt Erding noch in der Amtszeit von Bürgermeister Karl-Heinz Bauernfeind (UWE) gekauft hatte, aber wohl eher als ein "vorbildlicher Betrag zum Denkmalschutz" in die Geschichte eingehen. Der älteste Balken im Haus stammt übrigens aus dem Jahr 1676. Zu sehen ist er jedoch nicht mehr, er ist unter einer dicken Schicht Estrich verschwunden.

Am Rätschenbach in Erding: In den unteren Stockwerken ist noch nicht so gut erkennbar, wie das Haus im kommenden Jahr aussehen wird.

In den unteren Stockwerken ist noch nicht so gut erkennbar, wie das Haus im kommenden Jahr aussehen wird.

(Foto: Renate Schmidt)

Auch wie das Haus innen ausgestattet wird, ist bereits bekannt. Im Erdgeschoss wird es einen Boden aus Eichenholz geben, die Räume werden mit Fußbodenheizung erwärmt. Im Atelier unter dem Dach wird es ein stabileres Stäbchenparkett für die Künstler geben. Insgesamt sind die Räume sehr niedrig - zu niedrig für einen Neubau, in einem denkmalgeschützten Haus sei dies aber in Ordnung, sagte Fischer. Die Besucher des Bürgertreffs Am Rätschenbach 12 dürfen auch den Büchereigarten mitnutzen, hieß es. Insgesamt hat der Stadtrat für die Sanierung 1,8 Millionen Euro genehmigt. Bis 2007 war das denkmalgeschützte Haus mit seinem charakteristischen Erker bewohnt, seitdem hat sich der Zustand des Gebäudes immer weiter verschlechtert. Auch Archäologen haben das Haus genau untersucht. Sie deckten mittelalterliche Kulturschichten auf, die teilweise in die Stadtgründungsphase um 1228 zurückreichen.

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