Aktuell 2000 Betreuungsverfahren:Allrounder gesucht

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Das Landratsamt sucht Berufsbetreuer, die auf Hilfe angewiesene Menschen bei Behörden oder bei Banken vertreten. Sie sollen kommunikativ, zuverlässig sein, über Kenntnisse in Psychologie oder Geriatrie verfügen und noch vieles mehr

Von Regina Bluhme, Erding

Das Landratsamt Erding sucht freiberufliche Mitarbeiter. Laut Stellenausschreibung in der aktuellen Ausgabe von "Unser Landkreis" sollten die Bewerber kommunikativ und zuverlässig sein, idealerweise über Kenntnisse in Psychologie oder Geriatrie verfügen, Organisationstalent, Durchsetzungsvermögen, Führerschein und ein eigenes Auto besitzen. Gesucht werden: gesetzliche Berufsbetreuer für Menschen, die zum Beispiel wegen körperlichen oder geistigen Erkrankungen ihre Angelegenheiten nicht selber regeln können. Bestellt werden die Betreuer vom Amtsgericht Erding.

Ein Betreuungsfall liegt laut Gesetz vor, "wenn ein volljähriger Mensch seine Angelegenheiten oder einen Teil seiner Angelegenheit nicht selbständig erledigen kann und deshalb auf Hilfe anderer angewiesen ist", erklärt Sabine Mittlmaier, Betreuungsrichterin am Amtsgericht Erding. Das kann zum Beispiel nach einem schweren Unfall ein junger Mann im Koma sein oder eine ältere Dame, die nach einem Schlaganfall an den Rollstuhl gefesselt ist.

Grundsätzlich müsse vor der Anordnung einer Betreuung ein Gutachten eines medizinischen Sachverständigen und eine entsprechende Diagnose vorliegen, betont Mittlmaier. Außerdem werde jeder Betroffene soweit möglich angehört, und deshalb sind Sabine Mittlmaier und ihre drei Richterkollegen im gesamten Landkreis Erding unterwegs. Sie besuchen Krankenhäuser, Seniorenheime und Privathäuser. In vielen Fällen übernimmt ein Verwandter, Freund oder Bekannter die Betreuung ehrenamtlich. Eine Person aus dem nahen Umfeld sei auch durchaus erwünscht, erklärt Mittlmaier. Wenn der Betroffene sich aber aus verschiedenen Gründen nicht äußern kann, zum Beispiel, weil er im Koma liegt, keine Vertrauensperson greifbar ist und keine spezielle Vollmacht oder Verfügung vorliegt, wird vom Gericht ein Berufsbetreuer bestellt.

"Wir achten auch darauf, dass die Kenntnisse des Betreuers zu seinen Aufgaben passen", betont Mittlmaier. So sind zum Beispiel oft Rechtsanwälte oder Sozialpädagogen tätig. Dabei stützt sich das Amtsgericht auf Vorschläge durch die Betreuungsstelle des Landratsamts Erding, die sozusagen eine Erstauswahl trifft. Bei der Pressestelle des Landratsamts ist zu erfahren, dass es sich bei den Betreuern aus dem Landkreis überwiegend um Sozialpädagogen, Pädagogen, Juristen, Verwaltungskräfte und Altenpfleger handelt. Wichtig sei, dass der Betreuer regelmäßig Kontakt mit dem Betreuten halten, betont Richterin Mittlmair. Wie engmaschig dieser Kontakt aussehe, hänge auch vom Wunsch und von der Persönlichkeit des Betreuten ab. Dabei sei es aber nicht zwingend notwendig, dass der Betreuer auch im Landkreis Erding wohnt, so Mittlmaier. Aktuell gibt es im Bereich des Amtsgerichts Erding 2000 Betreuungsverfahren.

Die Aufgaben eines Betreuers werden von Fall zu Fall individuell vom Gericht festgelegt. Sie reichen von der Begleitung zum Arzt oder zu Behörden, Unterstützung beim Ausfüllen von Formularen bis hin zur Regelung der Finanzen, inklusive Kontovollmacht. Die Tätigkeit aller Betreuer werde durch die Rechtspfleger am Amtsgericht "sehr engmaschig überprüft", erklärt Mittlmaier. Es gebe die Berichtspflicht und jede Kontobewegung müsse nachgewiesen, jede Rechnung belegt werden.

Peter Mensch ist Rechtspfleger am Amtsgericht Erding und regelmäßig in Kontakt mit den Betreuern. Je nach Qualifikation des Betreuers und Dauer der Betreuung könne der Stundensatz zwischen 27 und 44 Euro liegen. Der Satz hänge aber auch von der Situation des Betreuten ab, ob er mittellos sei oder über Vermögen verfüge, ob er im Heim lebe oder zuhause. Nicht selten kümmern sich Berufsbetreuer um mehrere Menschen. Da habe es in früheren Zeiten bisweilen Auswüchse gegeben. Eine feste Obergrenze gibt es nicht, "aber wir passen schon auf, dass die Zahl in einem angemessenen Rahmen bleibt", sagt Peter Mensch.

Wie das Landratsamt Erding mitteilt, sind aktuell elf Berufsbetreuer aus dem Landkreis Erding gemeldet. Doch altersbedingt gibt es laut Pressestelle "zunehmend nicht mehr ausreichend Berufsbetreuer aus dem Landkreis". Laut Stellenausschreibung sollten Bewerber "die Bereitschaft und Fähigkeit" besitzen, mit Menschen mit Suchterkrankungen, geistigen, körperlichen oder seelischen Erkrankungen oder hilfsbedürftigen Senioren umzugehen. Ideal wären Fachkenntnisse aus den Bereichen Psychologie, Psychiatrie oder Geriatrie, Kenntnisse im Sozial- und Verwaltungsrecht, Berufserfahrung im sozialen, pädagogischen, juristischen oder kaufmännischen Bereich. Gefragt sind außerdem Kommunikations- und Durchsetzungsfähigkeit, Organisationstalent und Zuverlässigkeit. Führerschein und ein eigenes Auto werden laut Landratsamt vorausgesetzt.

Interessenten für die selbständige Tätigkeit als Berufsbetreuer schicken die Bewerbungsunterlagen mit Lebenslauf, Zeugnissen, Führungszeugnis und Schufa-Auskunft an das Landratsamt Erding, Fachbereich 22 - Betreuungsstelle, Alois-Schießl-Platz 8, 85435 Erding, Telefon: 08122/581195 oder betreuungsstelle@lra-ed.de

© SZ vom 22.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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