Abstimmung zum Kommunalpass:"So einen Blödsinn mache ich nicht mit"

kommunalpass

Unzufrieden mit dem Kommunalpass sind vor allem ehrenamtliche Helfer.

(Foto: thomas daller)

Dringlichkeitsantrag zum Kommunalpass wegen mangelnder Zuständigkeit abgelehnt - mit fünf Monaten Verspätung

Von Thomas Daller und Florian Tempel, Erding

Die politische Debatte über den Kommunalpass nimmt immer absurdere Züge an. Bekanntlich handelt es sich dabei um einen Alleingang des Landkreises Erding, der Asylbewerber mit diesen Karten ausstattet, die als Ersatz für eine Bargeldauszahlung oder ein eigenes Konto dienen sollen. Weil es mit der Einführung viele Probleme gegeben hatte, hatten SPD, Freie Wähler, ÖDP und Grüne im Mai dieses Jahres einen Dringlichkeitsantrag gestellt, mit dem Ziel, die Einführung des Kommunalpasses zurückzunehmen und Asylsuchenden finanzielle Leistungen auf ein eigenes Konto zu überweisen, wie dies in anderen Landkreisen längst der Fall ist. Dieser Antrag wurde im Mai von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) zurückgewiesen, weil er schlichtweg behauptete, er könne keine Dringlichkeit feststellen.

Bayerstorfer: Kreistag ist nicht zuständig

In dieser Woche, fünf Monate später, stand der Dringlichkeitsantrag erneut auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung, und erneut mit einer von vornherein ablehnenden Tendenz: "Ich schlage vor", sagte Bayerstorfer, "dass sich der Kreistag mit diesem Thema nicht befasst, weil keine Zuständigkeit besteht." Er begründete dies mit der zweigeteilten Aufgabenstellung des Landratsamtes: Zum einen ist es eine Kreisbehörde, zum anderen ist es auch eine untere staatliche Verwaltungsbehörde. Und der Dringlichkeitsantrag betreffe den Bereich der Staatsbehörde. Mithin sei der Kreistag nicht zuständig. Darüber wollte Bayerstorfer abstimmen lassen, was jedoch nicht zwingend logisch ist: Wenn der Kreistag nicht zuständig ist, kann er eigentlich auch gar nicht darüber abstimmen.

Einige Kreisräte verlassen den Saal

Aber zumindest eröffnete dies den Fraktionen, die den Antrag gestellt hatten, noch einmal die Möglichkeit, inhaltlich nachzuhaken. So zweifelte Helga Stieglmeier (Grüne) an, dass der Kommunalpass tatsächlich günstiger sei als ein Girokontensystem. Bayerstorfer wiederholte, dass dies eine theoretische Debatte sei, weil nur ein Drittel der Bedarfsgemeinschaften auch über ein Konto verfüge. Und über die genauen Kosten, die man an den Kartenbetreiber Sudexo zahle, schweige er sich in öffentlicher Sitzung aus, weil das vertrauliche Details seien, die er nur nicht öffentlich erörtern werde.

Dann ließ Bayerstorfer abstimmen: "Ich beantrage Nichtbefassung." Der Ärger schaukelte sich weiter auf, weil Bayerstorfer dabei eine namentliche Abstimmung anordnete; eine Mitarbeiterin des Landratsamtes musste mitnotieren, welche Kreisräte für und welche gegen Bayerstorfers Antrag stimmten. Stieglmeier war konsterniert: Was er damit bezwecke, erkundigte sie sich. "Ich bin ihnen keine Rechenschaft schuldig", entgegnete der Landrat und fuhr fort. Daraufhin verließen einige Kreisräte den Saal. "So einen Blödsinn mache ich nicht mit", sagte beispielsweise Rudi Ways (SPD).

Els: Eine Lachnummer

Auch Georg Els, Fraktionschef der Freien Wähler, ist von Bayerstorfers Verhalten irritiert: "Das sind Show-Mätzchen, Spielereien, Kasperltheater." Wer so agiere und einen Großteil des Kreistags vor den Kopf stoße, zeige "dass er es nicht auf eine gute Zusammenarbeit anlegt". Dass Bayerstorfer patzig eine Begründung für die ungewöhnliche namentliche Abstimmung abgelehnt habe, sei für ihn "eine Lachnummer", sagte Els. Es wäre nicht nur angemessen, sondern notwendig zu erklären, warum er bei einer Abstimmung, in der es eigentlich nichts abzustimmen gab, jeden einzelnen Namen notiert haben wolle.

Womöglich verweigerte Landrat Bayerstorfer ja auch eine Begründung für die Anordnung einer namentlichen Abstimmung, weil es keine dafür gab. Denn in der Geschäftsordnung des Kreistags Erding heißt: "Auf Verlangen von mindestens einem Viertel der anwesenden Kreisräte ist namentlich abzustimmen."

Els glaubt den Grund für Bayerstorfers Verhalten liege darin, dass die vier Fraktionen, die den Antrag gegen den Kommunalpass im Mai gestellt haben, zumindest teilweise erfolgreich waren. Bayerstorfer habe ja danach einlenken und Bargeldabhebungen möglich machen müssen - "da musste er kuschen und nachgeben". Diese faktische "Niederlage" habe Bayerstorfer offensichtlich getroffen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: