Entscheidung naht:Ein Hauptbahnhof für das neue Jahrtausend

Am Mittwoch werden die Pläne für eines der schwierigsten Bauvorhaben Münchens vorgestellt. Bahn, Stadt und Freistaat planen einen leistungsfähigen Verkehrsknotenpunkt - die Finanzierung ist aber noch ungeklärt.

Von Alfred Dürr

Münchens Hauptbahnhof der Zukunft nimmt langsam Gestalt an. Zumindest auf den Plänen und Darstellungen der Architekten. Sehr großzügig, mit einem weit ausladenden Dach, das auch als Konferenz- und Gastronomiebereich dienen kann und einer riesigen Halle - so lässt sich der Entwurf des Büros Auer + Weber, mit Sitz in München und Stuttgart, grob charakterisieren.

Obwohl erst am morgigen Aschermittwoch offiziell verkündet wird, wie es mit dem gigantischen Bauprojekt in der Innenstadt weitergehen wird, gilt das Team um Fritz Auer als der Favorit im Wettbewerb um den besten Gestaltungsvorschlag.

Im Rennen ist allerdings auch noch das Berliner Büro Gewers, Kühn und Kühn, das einen ganz klassischen Bahnhofsentwurf abgeliefert hat, der stark an die bereits vorhandene Situation erinnert.

Auer + Weber trennen klar zwischen den reinen Bahnfunktionen und den zusätzlichen Nutzungen. Büroräume und das Hotel werden in die oberen Stockwerke verlagert, so dass im hellen Erdgeschossbereich den Reisenden - von der Gleishalle bis zum Vorplatz - viel Bewegungsfreiheit bleibt. Geradezu nahtlos verbindet sich über die breite Eingangsfront die Ebene der Stadt mit der Bahnhofsebene - und umgekehrt.

Der Büro- und Hotelbereich ist weitgehend vom Trubel des Reisebetriebs isoliert, was den neuen Münchner Hauptbahnhof zu einer besonderen Immobilienadresse machen könnte. Eine enorme Aufwertung für die Bahnhofsgegend mit ihrem immer noch etwas tristen Charme.

Warum überhaupt ein neuer Bahnhof? Diese Frage stellen sich viele, die sich an die Fünfziger-Jahre-Architektur des jetzigen Gebäudes gewöhnt haben und sie trotz mancher Verfallserscheinungen des in die Jahre gekommenen Hauptempfangsgebäudes gar nicht so schlecht finden.

Bahn, Stadt und Freistaat schauen in die Zukunft. In den nächsten Jahren soll die Attraktivität und die Leistungsfähigkeit des Hauptbahnhofs als zentrale Schnittstelle im internationalen und regionalen Reiseverkehr gesteigert werden. Außerdem will man ihn zu einer bedeutsamen Visitenkarte der Landeshauptstadt entwickeln. So lauten jedenfalls die Kernsätze im Auslobungstext für den Architektenwettbewerb, an dem sich 120 Teams beteiligt hatten.

Konkret geht es nicht nur um ein modernes Dienstleistungszentrum mit Büros, Geschäften, dem Hotel und einer Tiefgarage, sondern vor allem auch um eine Entwirrung der oft labyrinth-artigen Verbindungswege zwischen den einzelnen Verkehrssystemen, wie den U-, S- und Straßenbahnen sowie den Fernzügen und einer noch zu schaffenden Expressverbindung zum Flughafen. Dazu kommen die Pläne für eine zweite S-Bahn-Röhre und eine durchgehende Fernzug-Verbindung zum Ostbahnhof.

Auch diese großen Zukunftsprojekte müssen optimal in den neuen Bahnhof integriert werden. Außerdem erwartet die Stadt innovative Ideen zur Neugestaltung aller zentralen Vorplätze. Unübersichtlich und wenig repräsentativ seien sie, heißt es im städtischen Planungsreferat, überlastet mit zu vielen Verkehrsfunktionen und ohne jeden gestalterischen Zusammenhang.

Bahn, Freistaat und Stadt wollen das wohl schwierigste Bauprojekt in München angehen, obwohl Antworten auf Fragen zu den Kosten, der Finanzierung, des Zeitplans und der Detailkonzeption noch gar nicht zu haben sind. Ein erster Schritt ist jedenfalls die Benennung eines Architektenbüros, das für die weiteren Planungen verantwortlich sein soll.

Drei Teams waren Ende 2003 in die Endauswahl gekommen und wurden mit der Überarbeitung ihrer Entwürfe beauftragt. Am vergangenen Wochenende traf sich das Gutachtergremium aus Architektur-Fachleuten hinter verschlossenen Türen, um einen Sieger zu küren. Eine klare Mehrheit sei für Auer + Weber gewesen, so war zu erfahren. Die Bahn favorisiere Gewers, Kühn und Kühn.

Wegen funktionaler Mängel ist der futuristische Entwurf des niederländischen Büros Benthem Crouwel ausgeschieden. Auer + Weber hatten zunächst das Manko, zu wuchtig und zu teuer geplant zu haben. Die Dimensionen sind nun geschrumpft. Jedenfalls könnte die Architektengemeinschaft, die sich seit 1976 aus dem Büro des Olympiaarchitekten Günther Behnisch entwickelte, zu bedeutenden Bahnhofsschöpfern Münchens werden: Auch der neue Zentrale Omnibusbahnhof an der Hackerbrücke wird nämlich von Auer + Weber geplant.

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