Englschalking:Stunk im Paradies

Das Ökologische Bildungszentrum an der Englschalkinger Straße gilt gemeinhin als grüne Oase in der Stadt. Nicht alle Nachbarn sind den Garten-Aktivisten grün, weshalb jetzt ein Ortstermin anberaumt worden ist

Von Sonja Niesmann, Englschalking

Liebevoll angelegte Gärten mit üppig blühenden Blumen, Stauden, Gemüse, Insekten und Schmetterlingen, eine Obstbaumwiese, ein wunderschöner Kinderspielplatz, mittendrin ein in ökologischer Bauweise errichteter großer Pavillon - das Anfang der 2000er Jahre eröffnete Ökologische Bildungszentrum (ÖBZ) in einem öffentlichen Grünzug an der Englschalkinger Straße, direkt an der Grenze zwischen Bogenhausen und Englschalking gelegen, ist ein kleines Paradies in der Stadt. Ein für jeden, nicht nur für Gartler, Kursteilnehmer oder Schulklassen zugängliches Paradies. Doch seit etwa zwei Jahren sind einige Nachbarn dem ÖBZ nicht mehr grün. Wild wuchernde Hecken, Müll, gar Landschaftsverschandelung monierten sie. Bei einem Ortstermin, gemeinsam mit der Lokalbaukommission (LBK), drückte es Robert Brannekämper (CSU), stellvertretender Vorsitzender im Bogenhauser Bezirksausschuss (BA) und Landtagsabgeordneter, so aus: "Wir haben etwas gegen südostanatolische Verhältnisse hier."

Englschalking: Bei der Suche nach einer Lösung traf sich Klaus Meisel, Volkshochschule München (li.),mit Thomas Krämer und Kerstin Oertel von der Lokalbaukommission (v. re.) am Ökologischen Bildungszentrum.

Bei der Suche nach einer Lösung traf sich Klaus Meisel, Volkshochschule München (li.),mit Thomas Krämer und Kerstin Oertel von der Lokalbaukommission (v. re.) am Ökologischen Bildungszentrum.

(Foto: Sonja Niesmann)

"Wir haben in den vergangenen Monaten viele Gespräche mit den Nachbarn geführt, wir wollen ein friedliches Miteinander", stellte Klaus Meisel, der Geschäftsführer der Münchner Volkshochschule, gleich zu Anfang des Treffens klar. Die MVHS ist gemeinsam mit dem Münchner Umweltzentrum Träger des ÖBZ. Und eigentlich hatte der Bezirksausschuss in einem einstimmig gefassten Beschluss vor einem Jahr auch festgehalten, dass er den Konflikt als Nachbarschaftsstreitigkeit wie viele andere auch betrachte und sich deshalb nicht mehr einmischen wolle. Doch dann genehmigte die LBK in diesem Mai einen Freiflächenplan für das Gelände - ohne den BA vorher anzuhören. Übergangen zu werden, das mögen Bezirksausschüsse in der Regel überhaupt nicht, also kochte die Auseinandersetzung wieder hoch - obwohl das ÖBZ für diesen formalen Fehler gar nichts konnte. Zu drei Knackpunkten führte der Rundgang: einer Lagerfläche hinter den Themengärten, einigen nicht sonderlich massiven Zäunen vor den Obstbäumen, die verhindern sollen, dass das Fallobst von Hundekot beschmutzt wird, und zwei hellblauen Bauwagen bei den Wabengärten.

Gemeinschaftsgarten im ÖBZ - Englschalkinger Str. 166

Genau hinsehen.

(Foto: Florian Peljak)

Alle diese Einrichtungen sind säuberlich im Freiflächenplan eingezeichnet, allerdings "kann so ein Plan eben nur Freiflächen genehmigen, keine baulichen Anlagen", räumte Thomas Krämer von der LBK ein. Schon beim ersten Halt, vor dem Lagerplatz, heizte sich die Stimmung auf: "Sie sind hier auf städtischem Grund, und der Zustand ist unter jeder Kanone", erregte sich Brannekämper, den "Zustand" illustrierend, indem er zahlreiche, teils schon veraltete Fotos auf seinem Tablet vorbeiwischte. "Wir planen ja, hier etwas Ökologischeres hinzustellen, vielleicht lassen Sie mich zuerst einmal ausreden", gab Klaus Meisel nicht minder aufgebracht zurück.

Während die Bauwagen für manche Anwohner den Gipfel der Verwahrlosung darstellen, finden andere Spaziergänger sie und auch die Zäune durchaus hübsch, merkte Marc Haug, einer der beiden ÖBZ-Leiter, an. Kerstin Oertel von der LBK gehört nicht zu dieser Gruppe. Die Zäune fand sie "nicht prickelnd", die Bauwagen - "auf keinen Fall genehmigungsfähig" - erinnerten sie eher an ein Festivalgelände. Kurzum: "Ihr Gestaltungsanspruch, wie er sich in Ihrem Gebäude manifestiert, kommt hier nicht zum Tragen", ließ sie die ÖBZ-Vertreter wohlformuliert wissen. Ausdrücklich ermutigte sie Meisel, Haug und seine Kollegin Ulrike Wagner, anstelle des Lagers aus Stahlträgern und Planen, der hölzernen Zäune und der Bauwägen "etwas optisch Ansprechendes aus natürlichen Baustoffen zu machen", das Konzept mit dem BA abzustimmen und dann der LBK zur Genehmigung vorzulegen. Für die Einfriedung der Obstbäume wurde sogar schon eine mögliche Lösung diskutiert: ein aufrollbarer Textilzaun, der nur in der Zeit der Obsternte aufgestellt wird, vergleichbar jenem, der im Englischen Garten in den Wochen der Schafschur errichtet wird. Überhaupt dominierten am Ende der Begehung die versöhnlichen Töne. Xaver Finkenzeller, CSU-Mitglied im Bezirksausschuss Bogenhausen, wollte jedoch eines noch klarstellen: "Meine Fraktion wird sehr genau hinschauen, was hier im Außenbereich genehmigt werden soll."

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