Englschalking:Maximal genervt

Der Dauerstreit um den Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums im Klimapark am Salzsenderweg erreicht eine neue Dimension. Jetzt bremst die Stadt die "umfassende Beteiligung" des Bezirksausschusses aus

Von Ulrike Steinbacher, Englschalking

Kommunalpolitiker aus Bogenhausen begegnen der Münchner Stadtverwaltung grundsätzlich mit einer gewissen Skepsis. Das wurzelt einerseits noch in der Zeit vor der großen Rathaus-Koalition, als vor allem die CSU jedes Schreiben aus den Referaten als inadäquat in der Sache und unangemessen im Ton geißelte. Andererseits aber sind in den vergangenen Jahren im 13. Stadtbezirk auch eine ganze Menge Projekte schiefgegangen, sodass man das Misstrauen durchaus nachvollziehen kann, mit dem die Mitglieder des Bezirksausschusses (BA) auf die Arbeit der Verwaltung reagieren.

Da war die Theaterbühne, die in der Schulaula im Neubaugebiet Prinz-Eugen-Park eingeplant werden sollte, aber irgendwo zwischen Planungs- und Baureferat verloren ging. Es gab die einjährige Verzögerung bei der Sanierung des Cosimabads, deren Gründe die Stadtwerke auch dem BA gegenüber als geheime Verschlusssache behandeln. Schließlich das Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium - hier wird derzeit ein neues Schlachtfeld abgesteckt.

Zur Erinnerung: Das Gebäude des Hausenstein aus den Siebzigerjahren ist stark sanierungsbedürftig, die Schule seit Jahren um gut 30 Prozent überfüllt, woran auch ein 2014 eingeweihter Anbau nichts ändert. Das Referat für Bildung und Sport unternahm seit 2007 mehrere Sanierungsanläufe, alle scheiterten. Schließlich stiegen die Kosten für Schulcontainer ins Unermessliche, und die Verwaltung rückte von der Idee ab, die Schüler auszulagern und die Schule im Arabellapark zu modernisieren. Stattdessen soll das Gymnasium jetzt in einen größeren Neubau an anderer Stelle umziehen und die alten Schulgebäude danach generalsaniert und für ein weiteres Gymnasium genutzt werden.

Der BA ist grundsätzlich nicht abgeneigt: Schließlich ist Bogenhausen mit seinen vielen Neubauvierteln Zuzugsgebiet, und außer dem Hausenstein gibt es an Gymnasien nur noch das Max-Josef-Stift, eine reine Mädchenschule. Der Haken ist der neue Standort. Da der Stadt im teuren Bogenhausen kaum Grundstücke gehören und eines der wenigen auch noch langfristig verpachtet ist, wird das Gymnasium am Salzsenderweg errichtet - mitten in einem Klimapark, den Stadt, BA und Bürger seit 2011 gemeinsam entwickeln.

Es hagelte Protest. Der Bund Naturschutz kritisierte die Naturzerstörung, die Bürgerinitiative Pro Klimapark sammelte Unterschriften, die Mitglieder des Radsportvereins Tretlager, die in jahrelanger Arbeit einen Dirt-Park auf der Grünfläche angelegt hatten, sahen sich zum vierten Mal in der Vereinsgeschichte vor die Tür gesetzt. Alle hatten Verständnis für die Not der Schule, niemand für den ausgewählten Standort in einer Kaltluftschneise.

Der Bezirksausschuss saß zwischen den Stühlen. Die Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) sprach von einer "Abwägung zwischen zwei Kröten", CSU-Sprecher Xaver Finkenzeller von der "Wahl zwischen Pest und Cholera". Unter Bauchschmerzen akzeptierten die Stadtviertelvertreter den Standort im Klimapark und versuchten, mit diversen Auflagen das Schlimmste zu verhindern. Pilz-Strasser versprach, der Bezirksausschuss werde durchsetzen, dass kein Verkehr zur Schule die kleinen Straßen der Wohngegend belastet, dass der Neubau sensibel gestaltet wird, die Kaltluftschneise so wenig wie möglich verengt und das zusätzliche Gymnasium errichtet wird. Sonst "legen wir uns quer vors Rathaus", sagte sie im Juli.

Die neue Stadtschulrätin Beatrix Zurek, seit Sommer im Amt, versprach im August in einem Brief an die Initiative Pro Klimapark, dass das Schulgebäude die Kaltluftschneise nicht abriegeln wird. Über die Einhaltung der Vorgaben würden Stadträte und Bezirksausschuss-Mitglieder in einem Workshop wachen, fügte sie hinzu. Im Oktober forderte der BA dann noch, die Schule so in den Park zu setzen, dass die Dirt-Biker ihr Gelände behalten können.

Doch es wird vielleicht bei Wünschen und Forderungen bleiben, und vielleicht müssen Angelika Pilz-Strasser und ihre Kollegen sich doch noch vors Rathaus legen, denn: Die Mitsprachemöglichkeiten des BA könnten minimal ausfallen. Das Baureferat jedenfalls will die neue Schule in einem Verfahren nach der Vergabeverordnung (VgV) planen. In einem solchen Verfahren würde die Verwaltung zuerst drei bis fünf Bewerber aussuchen und dann im zweiten Schritt deren Entwürfe nach einem Kriterienkatalog bewerten.

Den Stadtviertelvertretern passt das gar nicht: Damit "erfolgt eine Ausschreibung, bei der eine umfassende Beteiligung gerade des Bezirksausschusses nur noch sehr eingeschränkt möglich ist. Dies gilt es zu verhindern", erklärt der BA dazu und lehnt auf Antrag der CSU das VgV-Verfahren einstimmig ab. Mit dem Standort im Klimapark habe die Stadt "bereits die Nerven des Bezirksausschusses aufs Äußerste strapaziert", heißt es weiter. In einem VgV-Verfahren werde alles schnell und abstrakt abgehandelt, veranschaulichte Xaver Finkenzeller in der jüngsten Sitzung: "Da können Sie dann noch sagen, mir gefallen die Rollokästen nicht." Der BA habe die Schule im Park aber nur unter der Bedingung akzeptiert, "dass er jederzeit maximal beteiligt wird". Wie das aussehen soll, dazu erwarten die Stadtviertelvertreter jetzt Vorschläge von der Verwaltung.

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