Engerer Takt im Nahverkehr:Regierung stoppt neue Tram- und U-Bahnen

trambahn

Acht statt sechs Türen werden die neuen Trambahnen vom Typ "Avenio" haben, damit die Fahrgäste schneller aus- und einsteigen können. Simulation: MVG

Es sieht schlecht aus für einen dichteren Takt bei U-Bahn und Tram in München: Die Münchner Verkehrsgesellschaft und die Regierung von Oberbayern geben sich gegenseitig die Schuld daran, dass sich die Zulassung der Züge weiter verzögert.

Von Marco Völklein

Die geplante Inbetriebnahme der neuen Münchner U-Bahn vom Typ "C2" im Dezember 2013 ist massiv gefährdet. Nach Angaben der Regierung von Oberbayern, die als technische Aufsichtsbehörde für die Zulassung der neuen Fahrzeuge zuständig, ist "nicht realistisch zu erwarten, dass der Zulassungsprozess bis Dezember 2013 zum Abschluss gebracht werden kann", sagt Sprecher Stefan Frey auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung.

Ähnlich sieht es bei den neuen Trambahnen vom Typ "Avenio" aus, von denen die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) die ersten sechs Fahrzeuge ebenfalls im Dezember auf die Gleise schicken will. Auch in diesem Fall sei "nicht realistisch zu erwarten, dass das neue Fahrzeug bis Dezember 2013 in Betrieb gehen kann", sagt Frey. Damit würde sich die geplante Angebotserweiterung der MVG bei U-Bahn und Tram bis weit ins nächste Jahr hinein verzögern.

Laut Bezirksregierung benötigen die Prüfer allein bei der neuen U-Bahn mindestens fünf Monate, um die eingereichten Zulassungspapiere zu prüfen und zu bewerten. Daher müssten "alle erforderlichen Dokumente Ende Juni 2013 abnahmefähig vorliegen", sagt Frey. Doch danach sieht es derzeit nicht aus: "Mehrfach" habe man die MVG schriftlich und in Besprechungen auf die Terminproblematik hingewiesen, sagt Frey. "Diese Terminziele sind allerdings bis heute leider nicht erreicht worden." Die MVG habe zwar "erste Dokumente" eingereicht, diese seien aber "noch unvollständig". Zudem lägen die "Nachweisdokumente zur Erfüllung der Sicherheitsanforderungen" nicht vor.

Die MVG indes weist die Vorwürfe zurück. Man habe die Aufseher "so früh wie möglich eingebunden und eine möglichst vertrauensvolle und konstruktive Zusammenarbeit gesucht", sagt Raimund Paul, Ressortleiter Schiene. Daher sei man nun auch "einigermaßen verwundert über die unnötige öffentliche Eskalation". Ohnehin werde das Unternehmen von den Aufsehern mit "immer neuen Anforderungen konfrontiert".

Züge sind dringend nötig

Das erinnert an den langwierigen Streit um die Zulassung der Trambahnen vom Typ "Variobahn". Auch dort stritten sich Bezirksregierung und MVG über Jahre vor allem darum, welche Papiere, Dokumente und Gutachten in welchem Umfang vorgelegt werden müssen. Bei der Zulassung der Siemens-Züge geht es nun ebenfalls vor allem um solche Fragen. Die MVG werde "alles in ihrer Möglichkeit liegende tun, um dem äußerst umfangreichen und mehrfach erweiterten Anforderungskatalog" der Aufseher gerecht zu werden, versichert Paul. Und kann sich einen Seitenhieb auf die Bezirksregierung nicht verkneifen: "Zusätzliche Dokumente allein machen keinen Zug sicherer."

Aus Sicht der MVG ist eine rechtzeitige Zulassung beider Fahrzeuge bis Mitte Dezember noch möglich, sofern "alle Beteiligten verantwortungsvoll, konstruktiv und auf einer kalkulierbaren Basis zusammenarbeiten", sagt Paul. Man habe "alles unternommen, um eine rechtzeitige Zulassung zu erreichen". Allein für die Zulassung der C2-Züge habe der Hersteller Siemens mittlerweile 60.000 Seiten an Dokumenten erstellt. Unterm Strich wende die MVG 800.000 Euro auf, um den Anforderungen der Aufseher gerecht zu werden. "Das ist deutschlandweit einmalig", sagt Paul.

Die MVG benötigt die neuen Züge dringend, um den geplanten Taktausbau bei der U-Bahn sowie neue Linien und dichtere Takte bei der Trambahn anbieten zu können. Schon heute fahren die Bahnen "an der Kapazitätsgrenze", wie Paul sagt.

Daher will MVG-Chef Herbert König eigentlich von Dezember an auf einigen Abschnitten der U 2 die Züge in der Hauptverkehrszeit alle zwei Minuten fahren lassen. Derzeit rollen sie im Zweieinhalb-Minuten-Takt. Auch bei der Trambahn plant König von Dezember 2013 an zahlreiche Verbesserungen und Angebotserweiterungen, für die er die neuen Fahrzeuge benötigt. Stehen die Züge aber nicht zur Verfügung, kann die MVG auch die angekündigten Verbesserungen nicht starten.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: