Energieversorgung:Heißes Wasser statt heißer Luft

Energieversorgung: Heißes Wasser in Freiham: Bei der Fernwärmeversorgung setzen die Stadtwerke in Zukunft vor allem auf Geothermie.

Heißes Wasser in Freiham: Bei der Fernwärmeversorgung setzen die Stadtwerke in Zukunft vor allem auf Geothermie.

(Foto: Robert Haas)

Bis 2040 soll die Münchner Fernwärme komplett aus der Geothermie gewonnen werden, die geologischen Voraussetzungen dafür sind gut

Von Günther Knoll

Viele Münchner fragten sich, was das sollte: Fahrzeug-Ungetüme auf den Straßen, dazu orangfarbene Kabel überall. Die Stadtwerke hatten seismische Untersuchungen veranlasst, weil sie einen Schatz im Münchner Untergrund nicht ungenutzt liegen lassen wollen. Es geht um Geothermie, um Wärme, die heißes Wasser aus den Tiefen der Erde liefert. Die geologischen Voraussetzungen dafür sind im Alpenvorland hervorragend: In einer Tiefe von 2000 bis 3000 Metern liegen riesige Wasservorräte mit einer Temperatur von 80 bis zu 100 Grad Celsius, die sich optimal zum Heizen und sogar zur Stromerzeugung nutzen lassen. Man muss das Wasser nur fördern.

Im Stadtteil Riem und in der Gemeinde Sauerlach südlich von München tun die Stadtwerke genau das seit einiger Zeit mit Erfolg. Auch im neuen Stadtteil Freiham betreiben die SWM seit 2016 eine Geothermieanlage. Das Wasser wird dabei an die Oberfläche gepumpt und über Wärmetauscher geleitet, wobei ihm die Energie entzogen wird. Abgekühlt führt man es dann wieder zurück in die Tiefe. Einfach und ressourcenschonend.

Bei einer auf dem Gelände des Heizkraftwerks Süd geplanten Anlage ging man ursprünglich von vier Bohrungen aus, jetzt werden es sechs. Diese Voraussetzungen stimmen die SWM zuversichtlich: Bis 2040 soll München die erste deutsche Großstadt werden, in der Fernwärme zu hundert Prozent aus erneuerbaren Energien, sprich: aus der Erdwärme gewonnen wird.

Im Wärmebereich wird in Deutschland die meiste Energie gebraucht, nämlich rund 40 Prozent des Gesamtbedarfs, in privaten Haushalten sind es mit Heizung und Warmwassersaufbereitung sogar 90 Prozent. Deshalb spielen Fernwärmenetze in größeren Städten eine wichtige Rolle, um Energie zu sparen. Mit 800 Kilometer Leitungen hat München eines der größten Netze in ganz Europa. Teilweise sind diese Rohre noch auf Dampf ausgerichtet, sie müssen für das heiße Wasser erst umgestellt oder ausgewechselt werden. Das kann nur Zug um Zug geschehen. Wollte man die Rohre auf einen Schlag erneuern, dann würde das zum Stillstand auf Münchens Straßen führen. Schon jetzt, so wissen es die Stadtwerke, kommt es immer wieder zu Klagen von Anwohnern und Geschäftsleuten, wenn irgendwo aufgegraben wird.

Noch wird die Münchner Fernwärme zum größten Teil in den Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen der SWM-Heizkraftwerke gewonnen. Das sei, so sagt der Betreiber, sehr energieeffizient. Dennoch braucht man dazu eine Energiequelle, nämlich Gas beziehungsweise Kohle, deshalb sieht man in dem Verfahren eine "Brückentechnologie".

Fernwärmeleitungen rentieren sich jedoch nur für größere Siedlungsbereiche, sonst zahlt sich die Installation eines Netzes nicht aus. Deshalb betrachten die SWM die langfristige Siedlungsentwicklung in München ganz genau. So überlegt man, im Nordosten der Stadt, wo neue Wohngebiete entstehen sollen, auch das Fernwärmenetz entsprechend auszubauen.

Inzwischen haben die Stadtwerke ein weiteres Geschäftsfeld entdeckt: die Fernkälte, die vor allem für die Klimaanlagen großer Häuser und für die Kühlung großer Rechenzentren eine Rolle spielt. Dabei wird zentral gekühltes Wasser über Rohre an die Kunden geliefert, wo es die Abwärme aufnimmt, um zurückgeführt und dann erneut abgekühlt zu werden.

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