Elton John in München:Sir schön

Der britische Musiker Elton John füllte in den vergangenen Monaten vor allem Klatschzeitschriften - nun jedoch auch wieder Konzerthallen: Beim Auftakt seiner Deutschlandtour in München ist sogar dieser ganz spezielle Elton-John-Zauber zu spüren, zumindest manchmal.

Lisa Sonnabend

Das Konzert dauert bereits fast eine Stunde, doch erst jetzt entsteht erstmals der Eindruck, Elton John agiert nicht als Protagonist diverser Klatschzeitschriften oder als Karikatur seiner selbst, sondern vor allem als: ausgezeichneter Musiker. Der 64-Jährige sitzt am Klavier, die Schulter nach links gebeugt, der Kopf leicht nach vorne gedreht. Die Finger flitzen über die Tasten. Und dann ertönt diese Stimme, sie durchdringt die ausverkaufte, bestuhlte Münchner Olympiahalle: "I'm a rocket maaaaaan." Mehr braucht es nicht beim Auftaktkonzert der Deutschlandtournee von Elton John am Dienstagabend. Mehr soll auch gar nicht.

Elton John Konzert in Muenchen

Große Gefühle bei den größten Hits: Elton John in der Münchner Olympiahalle.

(Foto: dapd)

In den vergangenen Monaten hat sich der britische Musiker immer wieder gezielt selbst in die Schlagzeilen gebracht: als er mit seinem Ehemann David Furnish und einer Leihmutter im Dezember ein Kind bekam und Lady Gaga zur Patentante auserwählte, als er überraschend eine Einladung zur Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton bekam oder als er einem Cricket-Profi, der sich als schwul outete, als politische Geste Champagner zukommen ließ.

Dass Elton John für angeblich 50 Millionen US-Dollar nun drei Jahre lang in Las Vegas im Caesar's Palace eine Show bekommt, liegt sicherlich daran, dass sein Bemühen um öffentliche Wahrnehmung stets erfolgreich ist. Dass Elton John mit The Union ein neues Album aufgenommen hat und nach Jahren wieder auf Deutschlandtournee kommt, ging dagegen in dem ganzen Trubel fast unter.

Die Deutschlandtournee beginnt um 19:30 Uhr, fast auf die Minute pünktlich. Ordner müssen mit Taschenlampen die Zuspätgekommenen auf ihre Plätze führen. Bier trinkt kaum jemand, es riecht nach Popcorn. Handykameras werden nur verstohlen gezückt, denn die Aufpasser springen sofort herbei und ermahnen fotografierende Fans.

Neben Elton John, der 1998 zum Ritter geschlagen wurde und sich seitdem Sir nennen darf, steht seine langjährige, vierköpfige Band auf der Bühne. Zudem vier Gospelsängerinnen und zwei Cellisten, die den Altersdurchschnitt erheblich senken. Die Bühne ist nicht bombastisch, sondern eher niedlich. Mal blinkt der Hintergrund wie ein Sternenhimmel, mal werden rosa Blumen eingeblendet und mal erscheinen zwei Flamingos, die sich einen Kuss geben.

Elton John trägt eine dunkle Sonnenbrille sowie einen schwarzen Anzug, auf dem vorne pinke Blumen aufgenäht sind und auf der Rückseite ein Totenkopf. Nach jedem Lied springt er auf und reckt den Zeigefinger in die Luft, um den Applaus des Publikums entgegenzunehmen. Einmal klettert er sogar auf das Klavier und springt dann - ein wenig ungelenk - wieder herunter. Das ist die Sir-Show.

Der 64-Jährige spielt seine Greatest Hits. Man könnte sagen: Er spult die Hits ab, schlappe zweieinhalb Stunden, einen nach dem anderen. Weil es so viele sind. Sacrifice, Sad Song, Sorry Seems to Be the Hardest Word, Don't Let The Sun Go Down On Me oder Your Song. Doch immer wieder streut Elton John auch Lieder seines neuen Albums The Union - und scheint selbst am meisten überrascht, wie gut sie beim Publikum ankommen.

Leider ist der Sound - zumindest in Teilen der Halle - bei den schnellen Lieder so schlecht, dass nur jene, die ein Taschentuch haben, um es sich schnell ins Ohr zu stecken, noch glücklich dreinschauen. Nach einem lauen Start wird das Konzert immer besser - was auch daran liegt, dass Elton John mehr ruhigere Nummern spielt. Denn wenn der Sänger mit sich und seinem Klavier ganz allein ist, entfaltet sich auch in München diese ganz besondere Elton-John-Magie. Diesem Zauber hat es der Musiker zu verdanken, dass er fast 600 Millionen Alben verkauft hat und nach 43 Jahren im Musikgeschäft noch immer große Hallen füllt.

Vor den beiden Zugaben steht der unterm dem Namen Reginald Kenneth Dwight Geborere alleine auf der Bühne und gibt ein paar Autogramme. Dann setzt er sich ans Klavier und spielt die Originalversion von Candle in the Wind an, die er einst Marilyn Monroe widmete und 1997, nach dem Tod von Lady Di, für die Prinzessin umtextete. Er sitzt da, beugt die Schulter zur Seite und dreht den Kopf nach vorne. Und dann dringt wieder diese Stimme durch die ganze Olympiahalle: "And it seems to me you lived your life, like a candle in the wind." Das ist Show, das ist Attitüde, das ist auch Kitsch - und das ist vor allem schön. Sir schön.

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