Elendswohnungen:Neun Quadratmeter für die Menschenwürde

Elendshäuser, Abzocke durch Elendswohnungs-Vermieter: Kreillerstraße 75

Mehr Loch als Wohnung: Die Dusche im Keller einer umstrittenen Unterkunft.

(Foto: Florian Peljak)

Der Landtag will neue Mindeststandards für Wohnungen festlegen, um den Vermietern sogenannter Elendshäuser das Handwerk zu legen. Aber wo liegt die Grenze zu menschenwürdigem Dasein?

Von Dominik Hutter

Die Vermieter sogenannter Elendshäuser müssen sich wohl auf ungemütliche Zeiten einstellen. Der Sozialausschuss des Landtags hat am Mittwoch einstimmig ein Fachgespräch mit Verbandsvertretern und Experten beschlossen, um nach sinnvolle Lösungen für das Problem zu suchen. Erklärtes Ziel ist es, skrupellosen Hausbesitzern das Handwerk zu legen. "Wir wollen die Kommunen stärken, um gegen menschenunwürdige Wohnbedingungen vorgehen zu können", erklärte Andreas Lotte, der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Das Gespräch im Maximilianeum soll am 5. Februar stattfinden.

Die Landtagsdebatte geht auf einen Dringlichkeitsantrag der SPD zurück, die die Staatsregierung zur Erstellung eines Nachfolgers für das 2005 abgeschaffte Wohnungsaufsichtsgesetz auffordert. "Es geht nicht um eine Wiederauflage des alten Gesetzes", betont Lotte. Aber die Kommunen benötigten eine Rechtsgrundlage, um wirkungsvoll eingreifen zu können. Bislang sei dies nur bei Gefahr für Leib und Leben möglich.

Wo liegt die Grenze zu menschenwürdigem Dasein?

Lotte stellt sich vor, zunächst eine Grenze für Überbelegung zu definieren: Neun Quadratmeter Wohnfläche pro Erwachsener seien das Minimum für ein menschenwürdiges Dasein, Kinder benötigten sechs. Dazu könnten Mindeststandards für Wohnungen definiert werden: eine ausreichende Belüftung etwa, Tageslicht, sanitäre Einrichtungen und eine Heizung.

Auslöser der Debatte war die Entdeckung des völlig verwahrlosten Wucher-Hauses in Kirchtrudering. Bei dem sei die Stadt München zwar tätig geworden, erinnert Lotte. "Aber sie konnte nichts an dem Zustand ändern". Vor allem aber sei der Vermieter nur deshalb aufgeflogen, weil er selbst "dreist" die Polizei eingeschaltet habe, als Mietzahlungen ausblieben.

Was die anderen Parteien fordern

"Wir sind uns vollkommen einig, dass solche Missstände ein eklatanter Verstoß gegen die Menschenwürde sind", befand CSU-Sozialsprecher Joachim Unterländer. "Es kann nicht sein, dass das geduldet wird." Allerdings gebe es bereits jetzt "eine ganze Klaviatur" an Rechtsgrundlagen, die Bauordnung oder die Zweckentfremdungsverordnung beispielsweise.

"Ein neues Gesetz hilft nichts, wenn die Überprüfung durch die Kommunen nicht passiert", erklärte Unterländer, der es begrüßte, dass die SPD das frühere Wohnungsaufsichtsgesetz nicht eins zu eins zurückhaben wolle. Das sei nur selten in Anspruch genommen worden, da es kaum Eingriffsmöglichkeiten beinhaltet habe. Unterländer empfahl, erst einmal auszuloten, welche Instrumentarien sinnvoll sind - per Fachgespräch. Die SPD nahm den Vorschlag an, nun gehe endlich etwas voran.

Auch Christine Kamm (Grüne) hält dieses Vorgehen für sinnvoll. "Wir wollen kein Placebo", erklärte sie. Gabi Schmidt (Freie Wähler) erinnerte an die gesellschaftliche Dimension des Problems. "So etwas entsteht durch die Kultur des Wegschauens".

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