Elektromobilität:Ehrlich nervt am längsten

Elektromobilität: Sauber fahren, das will Susanne Eichinger mit ihrem Elektroroller. Nach einem Unfall will die Stadt dafür aber keinen Zuschuss mehr bezahlen.

Sauber fahren, das will Susanne Eichinger mit ihrem Elektroroller. Nach einem Unfall will die Stadt dafür aber keinen Zuschuss mehr bezahlen.

(Foto: Robert Haas)
  • Eine Münchnerin streitet mit der Stadt München, weil diese ihren neu gekauften Elektroroller nicht fördern will.
  • Einen entsprechenden Antrag hatte sie erst nach dem Kauf des Modells gestellt - der vorige Roller war nach einem Unfall ein Totalschaden.
  • Die Frau trägt einen finanziellen Schaden davon - auch aufgrund ihrer Ehrlichkeit gegenüber der Stadt.

Von Andreas Schubert

Was es bedeutet, wenn zum Unglück Pech dazukommt, weiß Susanne Eichinger seit dem vergangenen Jahr nur allzu gut. Im Juli wurde die selbständige Yoga-Lehrerin aus München mit ihrem Roller in einen Unfall verwickelt. Sie war in der Fraunhoferstraße unterwegs, als eine Autofahrerin die Tür öffnete. Eichinger musste abrupt ausweichen, kam wegen der Trambahngleise ins Schlittern und stürzte schließlich.

Und weil es nicht reichte, dass sie sich dabei verletzte und ihr Roller einen verzogenen Rahmen und damit einen Totalschaden davontrug, hatte sie nach dem Unfall noch eine Menge Ärger. Nicht mit der Versicherung der Autofahrerin, die zahlte anstandslos, Eichinger kaufte sich ein baugleiches Neufahrzeug. Den Ärger hatte Eichinger vielmehr mit der Stadt München.

Denn ihr Zweirad war ein Elektroroller, für den sie Fördergeld von der Stadt erhalten hatte. Weil der Roller nach dem Crash aber nicht mehr zu reparieren war, musste sie einen Großteil der Förderung zurückzahlen, genauer: 861,11 von erhaltenen 1000 Euro. Die 138,89 Euro wurden abgezogen, weil der Roller für die kurze Zeit, in der Eichinger damit unterwegs war, trotzdem gefördert wurde. Doch damit nicht genug.

Den neuen Roller, den sie als Ersatz bekam, fördert die Stadt nicht, der Grund: Eichinger hätte einen neuen Antrag stellen und auf dessen Genehmigung warten müssen, bevor sie den Ersatzroller bestellte. Aber daran hatte sie nicht gedacht - und nachträglich gestellte Anträge werden kategorisch nicht genehmigt. Ein Mitarbeiter des Sachgebiets Elektromobilität im Umweltreferat wies Eichinger zwar darauf hin, dass sie einen neuen Antrag für ein neues Fahrzeug stellen kann, nicht aber, dass dies vor dessen Kauf zu geschehen habe. In einer späteren E-Mail schrieb der Mitarbeiter, er sei davon ausgegangen, dass Eichinger über die Regularien Bescheid wisse.

So genau wusste sie es offenbar nicht. Für Eichinger ist das alles eine "absurde Bürokratie", die jeglicher Logik entbehre, schließlich sei sie nach wie vor emissionsfrei und somit umweltfreundlich unterwegs. "Eigentlich habe ich jetzt nur eine andere Rahmennummer", sagt sie. Was sie ebenso nicht versteht: In den vielen E-Mail-Wechseln, die sie mit dem Referat für Gesundheit und Umwelt führte, drückten die Mitarbeiter stets ihr Bedauern und ihr Verständnis für Eichingers Unverständnis aus. "Aber wenn jemand schreibt, dass er versteht, dass man das nicht versteht, dann besteht doch Nachbesserungsbedarf, oder?", sagt Eichinger. "Das ist ja kein Grundgesetz."

Ein Grundgesetz vielleicht nicht, aber an Grundsätzen hält die Stadt München auf jeden Fall fest und sieht auch keinerlei Möglichkeit, den Fall entgegenkommend zu regeln, auch wenn es sich hier um einen Härtefall handelt, wie er nach Auskunft des Umweltreferats nur vereinzelt vorkommt. Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 1915 Fahrzeuge gefördert.

Tatsächlich ist alles seitens der Stadt korrekt abgelaufen. In den Richtlinien des "Förderprogramms Elektromobilität" ist festgelegt, für welche E-Fahrzeuge es Geld gibt, und was die Käufer respektive Antragsteller beachten müssen. Eichingers Problem resultiert aus der Vorgabe, dass ein Fahrzeug mindestens 36 Monate auf einen Halter in München zugelassen sein muss und ein Zuschuss nur für dieses ganz bestimmte Fahrzeug gilt. Eigentlich eine sinnvolle Regelung, um zu verhindern, dass Käufer die Prämie kassieren und ein Fahrzeug dann weiterverscherbeln.

Die Förderung soll der Luftreinhaltung in München dienen, deshalb steht in der Richtlinie auch, dass der Zuschuss dann zurückgezahlt werden muss, wenn ein Roller nicht mehr fahrtüchtig ist. Er soll schließlich fahren und so ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor ersetzen, so die Logik der Stadt. Ausnahmen, so ist aus dem Umweltreferat zu hören, könne man nicht machen, aufgrund der haushaltsrechtlichen Regelungen.

Umweltfreundlich unterwegs zu sein, ist das Ziel Susanne Eichingers. "Es macht total Spaß, mit dem Roller zu fahren", sagt sie. "Aber vielleicht wäre der Unfall nicht passiert, wenn ich einen lauten und stinkenden Roller gehabt hätte, da hätte die Autofahrerin mich vielleicht gehört."

Hätte Susanne Eichinger nach dem Unfall ihren Schrottroller einfach angemeldet gelassen und in der Garage versteckt, hätte sie zwar einen Vertragsbruch begangen, weil sie die Förderung hätte zurückzahlen müssen; gemerkt hätte das aber wohl niemand. Die Stadt schickt keine Mitarbeiter auf Streife, um nachzuschauen, ob ein geförderter Roller in Ordnung ist und auch wirklich bewegt wird. Eichinger hätte heimlich still und leise die Versicherung weiter bezahlen können - das wären für weitere zwei Jahre nur knapp 80 Euro gewesen, also nicht einmal ein Zehntel dessen, was sie an die Stadt München zurückzahlen musste. Ihre Ehrlichkeit und ihr korrektes Verhalten zahlte sich in ihrem Fall nicht aus. Im Gegenteil.

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