Elektroautos:Münchner Taxi-Unternehmen fahren lieber mit Dieselmotor

Taxi München

Fahren Münchner Taxis bald mit Wasserstoff? Bislang hält sich die Begeisterung der Unternehmen noch nich Grenzen.

(Foto: dpa)
  • Das Fachmagazin Taxi Times und der ADAC Südbayern haben zum "E-Taxi-Tag" eingeladen, doch das Interesse der Taxi-Unternehmen ist bislang gering.
  • Laut Umweltreferat wurden seit September erst fünf Förderanträge gestellt.
  • Mit einer Förderung durch die Stadt werden Taxi-Unternehmer bezuschusst, die sich Batterie- oder Wasserstoff-getriebene Fahrzeuge zulegen.

Von Marco Völklein

Frank Still hat sich das irgendwie einfacher vorgestellt. Am frühen Nachmittag steht der Toyota-Mitarbeiter an seinem kleinen Stand in der Garage des ADAC Südbayern in der Ridlerstraße und zählt, wie viele Interessenten schon eine Probefahrt gemacht haben mit dem Wasserstoffauto vom Typ Mirai. "Vier Stück", sagt Still enttäuscht. "Ich hätte eher gedacht, dass das 40 sein werden." Woran liegt's? Still zuckt mit den Achseln. "Offenbar gibt es doch noch einige Vorbehalte gegenüber der Elektromobilität."

In der Tat, die gibt es. Zusammen mit dem Fachmagazin Taxi Times hat der ADAC Südbayern vergangene Woche zum "E-Taxi-Tag" in die Ridlerstraße eingeladen. Gut 100 Taxi-Unternehmer sind gekommen, viele davon sind Besitzer eines Mehrwagen-Unternehmens, wie es in der Branche heißt. Sie haben also ein oder zwei Dutzend Fahrzeuge in ihrem Fuhrpark - die allermeisten davon sind nach wie vor mittelgroße Wagen vom Typ Mercedes E-Klasse oder ähnlich. Die allermeisten davon fahren mit Dieselantrieb. Florian Hördegen vom ADAC will das ändern - und den Unternehmern den Elektroantrieb ans Herz legen.

"Wir brauchen den Umstieg", sagt Hördegen. Auch wenn Kritiker einwenden, dass die Produktion eines Autos mit E-Antrieb viele Ressourcen verschwende. Und ein Stromer auch nur dann wirklich umweltfreundlich betrieben wird, wenn die Batterie zu 100 Prozent mit Ökostrom gespeist beziehungsweise der Wasserstoff für die Brennstoffzelle aus regenerativen Quellen gewonnen wird. Wenn die Taxi-Branche für ein "fortschrittliches und modernes München stehen" wolle, sagt Hördegen, sollten Taxis mit Elektroantrieb "in wenigen Jahren zum Stadtbild gehören". Allein schon, weil so die Lärm- und Luftschadstoffbelastung gemindert werde.

Und derzeit, sagt Hördegen, seien die Voraussetzungen für den Umstieg mehr als gut. Im September erst hat die Stadt ein zwei Millionen Euro schweres Förderprogramm gestartet. Wer sich als Taxi-Unternehmer ein batterie- oder wasserstoffgetriebenes Fahrzeug zulegt, erhält für jeden Kilometer, den er mit einem Fahrgast zurücklegt, 20 Cent Zuschuss von der Stadt - die maximal Förderung liegt bei 40 Prozent der Nettoanschaffungskosten.

Das sei ein ziemlicher Batzen, sagt Toyota-Mann Still und rechnet vor: Ein mit Wasserstoff betriebener Mirai koste netto etwa 66 000 Euro. Da schluckt mancher Taxler: "Wow", sagt einer, "ziemlich happig." Von der Stadt könne man aber bis zu 26 400 Euro Förderung erhalten, entgegnet Still: "Da sieht das schon anders aus." Ähnlich argumentiert Florian Hempel, der bei Nissan für den Vertrieb der Elektroautos zuständig ist, etwa für die Modelle Leaf sowie eNV 200. Er sagt: "Die Rahmenbedingungen in München sind sensationell."

Bislang aber scheint das in der Branche kaum anzukommen. Laut Umweltreferat wurden seit September erst fünf Förderanträge gestellt. Insgesamt gemeldet sind in München 3400 Taxis. Rund 400 davon, sagt Hördegen, hat der ADAC als "Eco-Taxi" zertifiziert - das sind meist Hybrid-Fahrzeuge, die weniger Sprit verbrauchen. Ein Taxi-Unternehmer am Ostbahnhof betreibt zudem ein Tesla Model S als Taxi. Das war's aber auch. Deshalb umwirbt Umweltreferentin Stephanie Jacobs die Unternehmer: "Gemeinsam" müsse man das Thema anpacken, um Fahrverbote zu vermeiden, sagt sie. Zudem hätten Taxler eine "wichtige Multiplikatorfunktion": Wer sich mal in einem E-Taxi vom Kino nach Hause chauffieren lasse, der begeistere sich vielleicht auch privat für ein E-Auto.

Doch zuvor müssten sich die Taxi-Unternehmer begeistern. Und die sind in ihrer Mehrheit skeptisch. Der Mirai zum Beispiel habe nur vier Sitzplätze, wendet einer ein. Für das Fahrzeug des chinesischen Herstellers BYD gebe es noch kein Händlernetz. Zudem schrecken die im Vergleich zum Verbrenner hohen Anschaffungskosten viele Unternehmer ab. Zumal man so ein teures Fahrzeug mindestens im Zweischichtbetrieb betreiben müsse. Doch reichen die Akkureichweiten dafür aus? Und lässt sich mit so einem Stromer auch eine Überlandfahrt, etwa nach Landshut oder Landsberg, absolvieren? Gibt es genügend Lademöglichkeiten, um binnen kurzer Zeit Strom nachladen zu können? Dazu müsste eine ausreichend große Zahl an Schnellladesäulen her, fordern die Taxi-Unternehmer. "Hätten wir draußen auf den Straßen eine bessere Infrastruktur", sagt Marcus Pistorius vom Giesinger Taxi-Unternehmen Syntaxa, "dann könnten wir das den Fahrern auch einfacher vermitteln."

Tatsächlich betreiben die Stadtwerke München (SWM) aktuell stadtweit exakt eine Schnellladesäule, und zwar in der Nähe des Arabellaparks. In naher Zukunft aber, sagt Roland Hösl vom städtischen Wirtschaftsreferat, seien weitere 18 geplant. Unter anderem sollen diese in der Prielmayerstraße in der Nähe des Justizpalastes entstehen, in der Haager Straße unweit des Ostbahnhofs, in der Occamstraße im Schwabinger Zentrum sowie am Pasinger Bahnhof. Also gut verstreut im gesamten Stadtgebiet und in der Nähe wichtiger Taxistellplätze, sagt Hösl. Die Frage, bis wann genau die Säulen stehen werden, kann er allerdings derzeit nicht beantworten. Noch gebe es Probleme mit der Abrechnung des an solchen Säulen gezapften Stroms.

Immerhin: 18 Möglichkeiten zum Schnellladen - das sei mehr als erhofft, findet Florian Bachmann vom Taxiverband München. Vor einigen Jahren stattete sein Verband in einem Forschungsprojekt zusammen mit Wissenschaftlern der Münchner TU etwa 100 Taxifahrer mit einer App aus. Die zeichnete die Fahrten in den Diesel-Taxis auf. Anschließend werteten die TU-Forscher die Daten aus und prüften, ob sich die Fahrten auch mit einem E-Taxi hätten abwickeln lassen. Das Ergebnis: Nur zwei Prozent aller Fahrten hätten die Fahrer mit einem E-Taxi wegen zu geringer Reichweiten nicht durchführen können. Und um den Taxlern genügend Möglichkeiten zum Nachladen zu geben, würde es ausreichen, wenn man stadtweit acht Schnellladesäulen - strategisch möglichst günstig verteilt - aufstellen würde. Auch das Netz an Wasserstofftankstellen wachse weiter,

Außerdem bräuchte es neben der städtischen Förderung eine spürbare "Verschiebung der Nachfrage hin zum E-Taxi", wie ADAC-Referent Hördegens formuliert. Bei den "Eco-Taxis" ist es ihm in den vergangenen Jahren gelungen, Partnerfirmen zu gewinnen, die gezielt solche Fahrzeuge anfordern - darunter sind etliche Hotels sowie der Bayerische Rundfunk. Nur wenn bei einer Bestellung kein Eco-Taxi verfügbar ist, fährt ein herkömmlicher Verbrenner vor. Bei den Stromern, hofft Hördegen, könnte es ähnlich laufen. Eine Idee des ADAC-Mannes: Vielleicht könnte man es zum Beispiel am Flughafen so einrichten, dass Fahrer von E-Taxis an den wartenden Kollegen vorbei nach vorne fahren dürfen. Hördegen: "Das wäre sicherlich ein Anreiz."

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