Eisbachtaucher Schirrmacher:Hakenkreuze und goldene Ringe

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Taucht an der Surferwelle nach verlorenen Gegenständen: Tao Schirrmacher. (Foto: Rainer Tögel)

Was einmal im Eisbach landet, ist weg. Diese Erfahrung haben bestimmt schon viele Münchner beim sommerlichen Bad im Eisbach gemacht. Der Surfer Tao Schirrmacher im Gespräch über die Lust am Tauchen nach verlorenen Schätzen.

Von Karin Geupel

So manch einer hat beim Herumtoben im Eisbach wohl schon den einen oder anderen Gegenstand verloren. Der Eisbachsurfer Tao Schirrmacher (31) hat sich die Mühe gemacht, genau nach diesen Gegenständen zu tauchen. Jetzt stellt er die verlorenen Dinge im Haus der Kunst aus und sucht nach Besitzern und Geschichten.

SZ.de: Wie kamen Sie darauf, im Eisbach nach verlorenen Gegenständen zu tauchen?

Tao Schirrmacher: Das war eigentlich Zufall. Ich surfe ja an der Welle und habe mich gefragt: Was liegt unter der Welle? Und da ich Spaß an Spielereien hab, dachte ich, ich tauche einfach mal danach. Zuerst habe ich nur einige Finnen von Surfbrettern (stabilisierende Paddel unter dem Surfbrett, Anm.d.Red.) herausgeholt, aber dann habe ich einen Bulgari-Goldring gefunden. Das hat mir gezeigt, dass im Eisbach noch mehr liegen muss. So habe ich 2007/2008 angefangen, den Eisbach systematisch abzutauchen.

Wie kann man sich das dann genau vorstellen?

Ich habe keine extra Ausrüstung dafür, sondern nur eine Taucherbrille. Die Strömung ist im Eisbach so stark, dass zusätzliches Equipment nur stören würde. Inzwischen, würde ich sagen, habe ich alles rausgeholt, was man so aus dem Eisbach rausholen kann.

Was war dabei das Skurrilste, was Sie gefunden haben?

Das war ein abgepacktes Stück Fleisch. Das war ziemlich groß, aber man hätte es wohl noch in der Pfanne braten können. Ansonsten hab ich schon eine Menge Fahrräder aus dem Eisbach geholt. Skurril sind aber auch Dinge, die da einfach nicht hingehören, wie zum Beispiel Handbohrer oder Porzellanschuhe. Da frag ich mich, wie die da hin gekommen sind.

Sie haben auch viele Patronenhülsen und ein paar Hakenkreuze aus dem Bach gefischt. Was hat es damit auf sich?

Die Hakenkreuze waren alle ganz tief im Schlamm vergraben, bestimmt einen halben Meter. Die Patronenhülsen stammen wohl aus der gleichen Zeit, dem Zweiten Weltkrieg.

Und was findet sich besonders häufig im Eisbach?

Das meiste ist billiger Modeschmuck. Etwa Ohranhänger, die ein Mädchen verloren hat, wenn es im Sommer beim Baden ins Wasser geschmissen wurde.

Haben Sie denn auch schon selbst einmal etwas im Eisbach verloren und dann wiedergefunden?

Ja. Ich habe meine Taucherbrille verloren. Dann hab' ich mir eine neue gekauft und die alte wiedergefunden: Das war aber echt ein Zufall.

Welchen Zweck verfolgen Sie denn nun mit dieser Ausstellung?

Eigentlich will ich die Gegenstände wieder den Besitzern, die sie verloren haben, zurückgeben - aber nur im Austausch gegen deren Geschichten. Das ist für mich viel wertvoller als das Geld, das ich machen könnte, wenn ich zum Beispiel den Goldring von Bulgari zum Goldhändler bringen würde. Ich würde mich sehr freuen, wenn sich Leute bei mir melden würden, die ihre verlorenen Gegenstände auf meinen Bildern wiedererkennen oder die mal etwas im Eisbach verloren haben.

In der Ausstellung ist auch ein Film zu sehen. Was ist darauf zu sehen?

Ich habe im Eisbach eine Unterwasserkamera gefunden, mit der sich jemand beim Baden gefilmt hat. Als derjenige ins Wasser springt, rutscht ihm die Kamera aus der Hand und verfängt sich unter Wasser. Es ist also zu sehen, wie die Kamera verloren geht - sehr interessant.

Die Ausstellung "Lost n'drowned" findet vom 15.11. bis 01.12.2013 im Rahmen des "Festival of Independets" im Haus der Kunst, Prinzregentenstraße 1, in München statt. Öffnungszeiten, Mo-So 10-20 Uhr, Do 10-22 Uhr.

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