Einzelhandel:Gemeinsam im Trend

Aus Einzelkämpfern werden Teams - die sich im Münchner Einzelhandel erfolgreich behaupten können. Vier Beispiele.

Von Franziska Gerlach

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Der Künstler und seine Modemacherinnen

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Quelle: Alessandra Schellnegger

Max Fesl / WE.RE

Nach drei Jahren am Modemarkt sitzen Theresa Reiter und Katharina Weber inzwischen doch recht sicher im Sattel, ihr Label WE.RE kennt man in der Stadt, und Pop-up ist auch nicht mehr, seit sie vor zwei Jahren ihren Laden an der Buttermelcherstraße bezogen haben. "Jetzt macht es auch Spaß, mal links und rechts zu schauen", sagt Theresa Reiter am Telefon. Da sich die beiden Designerinnen auch für Kunst interessieren, und in ihrer Freizeit gerne Ausstellungen besuchen, waren sie Anfang des Jahres bei der von Max Fesl, einem Münchner Künstler und Grafiker.

"Wir waren schon immer Freunde seiner Arbeit", sagt Reiter. Und wie sie dann so vor dem Bild mit dem gelben, abstrakten Zackenmotiv standen, da habe es sie beide "gerissen". Wie es weiterging? Nun, da offenbar auch Max Fesl angetan war vom Gedanken an eine Kooperation mit den Münchner Modemacherinnen, ließen Reiter und ihre Geschäftspartnerin Katharina Weber sein Gemälde auf meterweise Stoff drucken, aus dem sie anschließend die Mäntel, Kleider und Oberteile der Sommerkollektion fertigten.

Allerdings, das ist Reiter doch wichtig, achteten die Designerinnen darauf, Fesls Original nicht zu verfremden, was passiert wäre, wenn sie das Motiv an die Konturen eines menschlichen Körpers angepasst hätten. Es sei ihnen nämlich nicht darum gegangen, "Mode zur Kunst" zu erheben. Als Referenz an die Kunst, als eine solche darf das Ergebnis dieser Kooperation dann aber doch verstanden werden.

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Die Strick-Designerin und ihre Online-Händlerin

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Quelle: Alessandra Schellnegger

Katharina Kopp / Barbara Giandomenico

Am Beispiel der Lieferengpässe, zu denen es kurzfristig bei dem glitzernden Kaschmirgarn kam, lässt sich gut erzählen, wie eine Kooperation zwischen einer Designerin und einer Händlerin abläuft. "Da hat die Katharina gleich gesagt, das macht nichts, Strick wird eh erst gekauft, wenn es kalt wird", sagt Barbara Giandomenico. Also traf die kleine, nachhaltige Kinderkollektion von Barbara Giandomenico und Katharina Kopp - die eine Inhaberin des Kaschmirlabels "Studio 163", die andere betreibt den Kindermode-Online-Shop "Kleine feine Leute" - erst Mitte Oktober aus einer kleinen Strickerei in der Mongolei in München ein. Vier Wochen später als geplant, dafür mit glitzernden Streifen und Mini-Pompons bei den Mädchensachen.

Ohne ein gemeinsames Stilempfinden lässt es sich nicht kooperieren. "Wir haben uns gegenseitig gefallen", sagt Barbara Giandomenico. Gleich beim ersten Treffen, im Frühjahr 2017, als die Designerin bei einem Pop-up-Store von Kopp vorbei schaute. Im Mai ging es los, unter anderem galt es die Farben festzulegen. Mintgrün? Sieht nicht aus, fand Giandomenico, zitronengelb ist auch nicht das Wahre bei kuscheligen Jäckchen.

Letztlich entschieden sich die Frauen für ein warmes Rostrot und ein Dunkelblau bei ihren Strickjacken, wobei Kopp dann noch dazu anregte, jene für Jungs im Schnitt einer Collegejacke zu halten. Ist lässiger. Und für Kopp sicher eine schönes Abwechslung zum Wareneinkauf. Profitieren sollten von einer Kooperation ja immer beide. Katharina Kopp eben, indem sie sich kreativ betätige, sagt Giandomenico. "Und ich habe den Nutzen, dass die Sachen in ihrem Online-Shop gekauft werden können."

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Ayzit Bostan und zwei weitere Ästheten

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Quelle: Alessandra Schellnegger

Ayzit Bostan / Jörg Rohwer-Kahlmann, Andreas Klingseisen

Ein Sockenhersteller hatte schon angeklopft, ein Schuhladen und ein junges Modelabel. Doch Jörg Rohwer-Kahlmann und Andreas Klingseisen, die 2010 das Münchner Schuhlabel "Vor" gegründet haben, hielten sich mit Kooperationen zurück. "Es hat einfach nie gepasst", sagt Schuhdesigner Rohwer-Kahlmann. Bis eines Tages Ayzit Bostan die beiden anschrieb.

Tja, und die ist nicht nur so etwas wie ein alter Hase, wenn es um Kooperationen geht. Die Münchner Designerin passt mit ihrer klaren, ästhetischen Handschrift so gut zum minimalistischen Stil der Schuhhersteller, dass man sich wundern muss, warum die Drei erst jetzt zusammengetan haben. Bostan ist mit Kleidung, Taschen, Schmuck und Möbeln vielfach kreativ tätig, einen Schuh aber hat sie noch nicht entworfen.

Ein gutes Jahr lang setzten sich die Drei immer wieder an einen Tisch: Ein Chelsea-Sneaker-Boot sollte es werden, nichts Kommerzielles, einen Tick Extravaganz durfte es aber gerne sein. Bostan inspirierte zu einer Ferse aus Lack, Klingseisen und Rohwer-Kahlmann steuerten von der Sohle bis zum nebelweißen Leder die Schuhexpertise bei. Als Veranstaltung, bei der jeder sein Ding durchbringen möchte, darf man sich das Ganze übrigens nicht vorstellen. Eher als "gedanklichen Spielplatz" mit allem, was man so zum Schuhe machen braucht: Materialkataloge, Sohlentypen und Schuhmodelle. Und viel Spaß an der Sache.

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Die Goldschmiedin und die Täschnerin

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Quelle: Alessandra Schellnegger

Claudia Lassner und Kathrin Heubeck

"Die Laura hat uns zusammengebracht", sagt Claudia Lassner. Das ist an sich sehr nett von der Laura, man versteht den Satz aber nur, wenn man sich regelmäßig in der Münchner Kreativszene bewegt: Gemeint ist nämlich Laura Bohnenberger vom Bean Store. Und wie die Inhaberin des Concept Stores in der Maxvorstadt im Fall von Claudia Lassner und Kathrin Heubeck - die eine Goldschmiedin, die andere Taschendesignerin - als Kupplerin fungiert hat, das ist in diesen Tagen recht typisch für München. Im Oktober haben sich die beiden sogar in einem Ladenatelier an der Corneliusstraße zusammengetan. Gemeinsam behauptet es sich aber nicht nur besser am hart umkämpften Modemarkt.

Es entstehen auch so hübsche Dinge wie die "Lux Pouch", ein Handtäschchen aus Öko-Leder mit einer verstellbaren Silberkette. In Rot und Pink, Naturweiß, Blau und Beige gibt es das gemeinschaftlich entworfene Accessoire. Man sei sich schnell einig gewesen, wie man die Tasche haben wolle, "das war keine schwere Geburt", sagt Lassner. Für die Goldschmiedin ist es die zweite Kooperation, und dieser dürften im Übrigen gerne weitere folgen. Sie habe den Austausch mit Heubeck als "kreativ bereichernd" erlebt, dadurch erhalte man viel Einblick in andere Arbeitsweisen. Gut möglich also, dass es ander Corneliusstraße demnächst Lederschmuck gibt. "Ich sitze ja jetzt an der Quelle."

© SZ vom 23.01.2018/vewo
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