Einwohnerprognosen:Warum das Bevölkerungswachstum in München Probleme macht

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In München werden zwar Wohnungen gebaut - aber nicht genug. (Foto: Claus Schunk)
  • München wächst rasant weiter: Von Februar 2015 bis Februar 2016 verzeichnete das Statistische Amt der Stadt 32 249 zusätzliche Einwohner.
  • Der Zuzug der vielen Menschen stellt die Stadt vor große Probleme.
  • Es fehlt in der Landeshauptstadt nicht nur an Wohnungen für alle Münchner.

Von Thomas Anlauf

Vor genau einem Jahr hat München die Marke von 1,5 Millionen Einwohnern überschritten. Stellvertretend wurde die am 8. Mai 2015 geborene Amelia als eineinhalbmillionste Münchnerin ausgerufen. Ein Jahr später ist die Zahl längst Geschichte. Die Landeshauptstadt ist um mehr als 30 000 Menschen gewachsen, genauer gesagt: Von Februar 2015 bis Februar 2016 verzeichnete das Statistische Amt der Stadt 32 249 zusätzliche Einwohner.

Nun wuchs München zuletzt jährlich im Schnitt um 27 500 Menschen, im Jahr 2010 waren es 18 000, in den Nullerjahren kamen jährlich etwa 13 000 Neu-Münchner hinzu. Zumindest für die vergangenen 15 Jahre bedeutet das Rekord. Ob es davor jemals ein Jahr gegeben hat, in dem noch mehr neue Bürger registriert wurden, lässt sich nach Auskunft der Statistiker nicht sagen. Die alten Berechnungsverfahren geben diese Zahlen nicht her.

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Für die Stadt bedeutet der hohe Zuzug einen enormen Kraftakt. Seit 2010 gibt es etwa 160 000 mehr Einwohner im Stadtgebiet, mit dem Bau ausreichend neuer Wohnungen kommen aber die städtischen Wohnungsgesellschaften und die privaten Immobilienunternehmen bei Weitem nicht hinterher. So sind im gleichen Zeitraum weniger als ein Viertel der benötigten Wohneinheiten geschaffen worden.

Das Statistische Amt hat noch ganz andere Dinge berechnet. So gab es Ende 2014 in München 827 500 Privathaushalte, allerdings nur 775 175 Wohnungen. Das heißt, dass in mindestens 52 325 Wohnungen mehrere getrennte Haushalte existieren müssen. Das trifft beispielsweise bei Wohngemeinschaften zu. Die Zahl der Haushalte sei deshalb generell höher als die der Wohnungen - gerade in Universitätsstädten, sagt eine Sprecherin des Statistischen Amts. Auch gebe es bei der Berechnung immer eine gewisse Unschärfe, erklärt sie. Haushalte und Wohnungen würden schließlich in verschiedenen Erhebungen gezählt.

Aber genügen diese Hinweise, um die hohe Differenz zwischen Privathaushalten und Wohnungen zu erklären? Experten bezweifeln das. In einer Erklärung zum Thema "Bezahlbares Wohnen für alle", die das sozialpolitische Forum München und das Münchner Forum kürzlich vorgestellt haben, wird befürchtet, dass es sich dabei um "Tausende von mehr oder weniger, manchmal auch extrem prekären Wohnungsverhältnissen" handeln könnte, die hinter der Differenz von Haushalten und Wohnungen stecken.

Die Einwohnerzahlen werden nicht geringer - im Gegenteil

Im Jahr 2014 etwa flog der Vermieter eines Hauses auf, der in Kirchtrudering Zimmer in einem Wohnhaus an bis zu 70 Bulgaren, darunter auch Familien mit kleinen Kindern, zu horrenden Preisen vermietete. Die Menschen hausten im Schimmel ohne Heizung, ohne funktionierende sanitäre Einrichtung, ohne richtig funktionierenden Strom. Wie sich herausstellte, war das sogenannte Elendshaus von Trudering kein Einzelfall. Der Stadt waren dutzende Fälle bekannt, in denen zu viele Menschen unter ärmlichen Bedingungen lebten und noch immer leben, weil sie sonst keine Bleibe finden - entweder sind die Wohnungen nicht bezahlbar oder die Vermieter bevorzugen andere Mieter.

Bis Ende dieses Jahres dürfte die Zahl der Wohnungslosen auf bis zu 9000 Menschen steigen. Das liegt auch daran, dass etwa 3000 Flüchtlinge Münchner Bürger werden. Langfristig gesehen bereitet den Stadtplanern zudem eine andere Entwicklung Kopfzerbrechen, die eigentlich ein Grund zur Freude wäre: 2015 kamen 17 143 Münchner Kinder zur Welt. Damit wurde zum neunten Mal in Folge der Geburtenrekord des Vorjahres übertroffen. In knapp zwei Jahrzehnten werden diese Babys erwachsen sein - und in Wohnungen ziehen wollen. Dann wird München die Marke von 1,8 Millionen Einwohnern wohl geknackt haben.

© SZ vom 09.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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