Einsatz von USK-Beamten:Eskalation am Badesee

Mit massiver Gewalt gingen USK-Beamte gegen einen renitenten Griller am Feringasee vor. Trotzdem muss der Mann wegen Widerstands gegen die Polizei 1500 Euro zahlen.

Christian Rost

Sogar der Staatsanwalt fand das Vorgehen von vier Beamten des Unterstützungskommandos (USK) gegen einen Griller am Feringasee "massiv". "Ich hätte nicht an seiner Stelle sein wollen", sagte Wolfram Schütz am Mittwoch in seinem Plädoyer im Berufungsverfahren vor der 24. Strafkammer am Münchner Landgericht. Und dennoch verurteilte die Kammer den wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung angeklagten Familienvater Jan A. zu einer Geldbuße von 1500 Euro.

Einsatz von USK-Beamten: Wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung gegen den "Wildgriller" ist die Münchner Polizei massiv in die Kritik geraten.

Wegen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung gegen den "Wildgriller" ist die Münchner Polizei massiv in die Kritik geraten.

Zusätzlich wurde gegen ihn eine Geldstrafe in Höhe von 2925 Euro verhängt, die er aber nur zahlen muss, wenn er in den nächsten zwei Jahren erneut straffällig wird. Das Gericht war wie der Ankläger der Auffassung, dass der 47-Jährige den Zugriff der Polizisten selbst provoziert hat.

Der selbständige Handwerker A. war am Karfreitag 2009 mit seiner Familie am Feringasee. Wie Hunderte andere auch, grillte er seine Würstl im Verbotsbereich. Eine Ismaninger Polizeistreife wollte das mit Lautsprecherdurchsagen unterbinden, wurde aber von den Badegästen "ausgelacht", wie ein Beamter der Inspektion im Zeugenstand berichtete. Also wurde das USK zur Unterstützung an den See gerufen. Doch trotz des martialischen Auftretens der Spezialkräfte, die in ihren Kampfuniformen durch die Reihen schritten, wollten sich einige Griller nicht vertreiben lassen. So auch der mit 0,8 Promille angeheiterte Jan A.

Der gebürtige Pole mit deutschem Pass ärgerte die Polizisten überdies, weil er seinen Ausweis nicht zeigen wollte. Als ihm ein USK-Mann in die Hosentasche griff, um dessen Geldbeutel samt Ausweis an sich zu bringen, schubste A. den Beamten weg. Schließlich warfen sich vier Polizisten auf den Griller, drückten seinen Hals brutal gegen eine Bordsteinkante, brachen ihm einen Finger und fügten ihm Prellungen am ganzen Körper zu. Ein USK-Beamter filmte den Zugriff, gegen den sich A. heftig wehrte und seinerseits einem Polizisten den Daumen umbog.

Den nur halb bekleideten und an Händen und Füßen gefesselten Mann brachten die USK-Leute dann zur Blutentnahme in die Rechtsmedizin und ließen ihn anschließend ohne Geld und Kleidung in der Innenstadt auf der Straße stehen. Ein Taxifahrer musste dem Verletzten ein Mobiltelefon leihen, damit er seine Familie erreichen und sich ins Krankenhaus bringen lassen konnte.

"Wenn er aufgehört hätte, sich zu wehren, wäre früher Schluss gewesen", sagte Staatsanwalt Schütz. Auch der Vorsitzende Richter Klaus-Jürgen Jörg meinte: "Wenn man die Polizei verarscht, zahlt sich das nicht aus."

Den Verteidigern Julia Weinmann und Andreas Fuchs war klar, dass ihr Mandant sich hätte anders verhalten sollen. Insofern ging die Geldbuße mit Geldstrafe zur Bewährung in Ordnung. In der ersten Instanz war der Angeklagte noch zu 4050 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Dass die USK-Beamten aber ungeschoren davonkamen, erbost die Anwälte. A. hatte die Polizisten ebenfalls wegen Körperverletzung angezeigt, die Verfahren wurden eingestellt.

Einem Disziplinarverfahren mussten sich die Polizisten aber doch stellen - und sich letztlich entschuldigen. Während sie Jan A. brüllend ("Du hörst auf mit der Scheiße hier!") am Boden fixiert hatten, wollte eine Passantin dem Mann zu Hilfe eilen. Sie wurde grob weggeschickt und auch nicht als Zeugin des Vorfalls vernommen.

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