Einfach gekündigt:Dach weggezogen

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Die Englschalkinger fordern einen runden Tisch zur Sporthalle an der Memeler Straße. Die gekündigten Vereine fühlen sich entwurzelt, nicht von der Stadt informiert. Sie fragen sich, warum ihr Trainingsort geschlossen werden muss

Von Ulrike Steinbacher, Englschalking

Die erste Nachricht überraschte die Betroffenen wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel: Am 2. August bekamen die Vereine, die in der kleinen Sporthalle an der Memeler Straße 53 trainieren, per Mail die Kündigung, Stichtag 1. September. Vorsorglich weise man darauf hin, dass "standortnaher Ersatz" wegen der hohen Nachfrage "nicht immer möglich sein wird", teilte das städtische Referat für Bildung und Sport (RBS) lakonisch mit. Der Sportverein (SV) Helios Daglfing und die Sportschule an der Memeler Straße e. V. erfuhren also zu Beginn der Sommerferien, dass sie noch vor deren Ende auf der Straße stehen würden.

Inzwischen hat sich die Situation leicht entspannt. Das Referat für Bildung und Sport hat die Frist verlängert, die Sportschule und der SV Helios können noch bis Jahresende an der Memeler Straße trainieren. Danach aber wird die Halle aufgegeben. Für die Vereine gebe es Ersatz in der Nachbarschaft, versichert das Referat, die Sportversorgung im Stadtbezirk Bogenhausen sei nicht in Gefahr.

Die Sporthalle ist ein Fünfzigerjahre-Gebäude mit 120 Quadratmetern Nutzfläche. Sie liegt auf einem 1800 Quadratmeter großen Grundstück in einem Wohngebiet und grenzt an das Südende der Bezirkssportanlage Englschalking, auf der der SV Helios das Gros seiner Trainingszeiten in verschiedenen Sportarten anbietet. Der SV nutzt die Halle in der Nachbarschaft für Tanzsport-, Fitness- und Gymnastikkurse mit 150 bis 180 Teilnehmern, wie SV-Präsident Xaver Finkenzeller schätzt.

Für die 1988 gegründete Sportschule an der Memeler Straße dagegen ist das Gebäude Dreh- und Angelpunkt aller Aktivitäten. "Unsere Verbundenheit zur Halle ist groß, größer als die Mitgliederzahl", sagt Schriftführer Victor Struppler. Gut 40 Turner zwischen elf und 84 Jahren seien es, die dort regelmäßig trainierten. "Wir sporteln generationsübergreifend zusammen", schrieb Struppler im August in einem Brandbrief ans RBS, in dem er die überstürzte Vorgehensweise und den Mangel an Information kritisierte: "Unser gesamter Verein wird entwurzelt, ohne dass wir auch nur ansatzweise eingebunden wurden."

Weder die Kritik der Betroffenen noch die Forderung des Bezirksausschusses Bogenhausen, die Anlage als Sportstandort zu erhalten, ändern aber etwas an der Entscheidung des RBS. Die Halle sei "dringend sanierungsbedürftig", erklärt eine Sprecherin. Zugleich sei sie aber viel zu klein für den Schulsport. Daher wäre eine umfassende Sanierung "in keiner Weise wirtschaftlich". Und für eine Vergrößerung der Halle sei wiederum das Grundstück zu klein. Deswegen schließt das RBS die Anlage zum Jahresende und gibt sie verwaltungsintern an das Kommunalreferat ab.

Dass die Kündigung der Vereine zunächst zum 1. September ausgesprochen wurde, begründet die RBS-Sprecherin mit dem Schuljahreswechsel. Da sei es generell einfacher, Alternativen zu finden. Inzwischen habe die Stadt den betroffenen Vereinen Ersatzzeiten angeboten - zeitlich in vollem Umfang und örtlich in den benachbarten Schulen. "Hier laufen noch Abstimmungen."

Victor Struppler bestätigt die Bemühungen um eine Lösung, fragt aber weiterhin nach dem eigentlichen Problem: "Was konkret an der Halle so sanierungsbedürftig und teuer ist, dass sie geschlossen werden muss, sagt keiner." Von einer kaputten Heizung sei die Rede gewesen, berichtet er, von hohen Heizkosten, konkrete Auskunft gebe es nicht. Dazu erklärt die RBS-Sprecherin: "Die Heizkosten sind nicht das vorrangige Problem. Es geht darum, dass ein gesicherter Weiterbetrieb des Gebäudes aus wirtschaftlicher Sicht nicht mehr vertretbar ist." Auf die Frage, ob das Areal mitten in einem Wohngebiet im Stadtteil Bogenhausen verkauft werden soll, antwortet sie: "Wie das Grundstück künftig genutzt werden kann, wird erst noch geprüft und entschieden."

Der Bezirksausschuss Bogenhausen hat in seiner jüngsten Sitzung noch einmal deutlich gemacht, dass noch viele Fragen offen seien und will nun einen runden Tisch unter anderem mit dem Kommunalreferat und dem Referat für Bildung und Sport organisieren.

© SZ vom 19.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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