Ehe im Ausland:Zum Heiraten nach Las Vegas

Das Standesamt verzeichnet einen Tiefstand an Eheschließungen - viele zieht es in die Ferne.

Christian Rost

Nicht im Wonnemonat Mai, sondern im Dezember kommen die meisten Münchner unter die Haube. Mit 600 Brautpaaren rechnet das Standesamt allein in diesem Monat - denn so lassen sich noch Steuern sparen. Insgesamt aber geht die Zahl der Trauungen seit dem Jahr 2004 deutlich zurück: In diesem Jahr wurden nur noch 4000 Hochzeiten in München gefeiert - das sind 270 weniger als 2006.

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(Foto: Grafik: SZ-Grafik)

Ist den Münchner die Lust auf die Ehe vergangen, vielleicht weil es so viele abschreckende Beispiele gescheiterter Paare gibt? Das glaubt Gerhard Benedikt, der Leiter des Heiratsbüros der Stadt, nicht. Er sieht "handfeste Gründe" wie den "Hochzeitstourismus" und die demographische Entwicklung als Ursache für die rückläufige Nachfrage. "Die geburtenstarken Jahrgänge sind durch", sagt Benedikt, mit der veränderten Alterspyramide verringere sich generell der Anteil der Heiratsfähigen und -willigen. Bayernweit lebt derzeit etwa jedes zehnte Paar ohne Trauschein zusammen.

Dass es in den neunziger Jahren noch vergleichsweise viele Brautpaare gab, lag auch an der hohen Zahl von Flüchtlingen in München. Als auf dem Balkan der Krieg tobte, stieg die Zahl der aus dem ehemaligen Jugoslawien stammenden Paare, die in München lebten und heirateten, sprunghaft an. Mit Kriegsende ebbten die Anfragen beim Standesamt wieder ab. Einen wirklichen Heiratsboom, ebenfalls ausgelöst durch eine Flüchtlingswelle, habe es in München zuletzt nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben, erinnert sich Benedikt. Seither verliert die Ehe langsam, aber beständig an Boden.

Am Ende dieses Jahres wird das Münchner Standesamt, übrigens das größte in der Bundesrepublik, nur noch bei knapp über 4000 Eheschließungen liegen. Zu der rekordverdächtig niedrigen Zahl trägt auch immer mehr die Lust der Münchner bei, anderswo zu heiraten.

Das kann im Fünfseenland sein oder an der Nordsee, nicht wenige zieht es sogar noch weiter weg: zur Hochzeit ins Ausland. Das Statistische Amt der Stadt registrierte 2006 insgesamt 10900 Münchner, die sich trauen ließen (2004 waren es noch fast 12000). Rund 2000 Bräute und Bräutigame davon ließen sich in der Ferne vermählen.

Zum Heiraten nach Las Vegas

Für die Zeremonien im Ausland stellt das Heiratsbüro eigens Ehefähigkeits-zeugnisse aus, die die meisten Staaten von Heiratswilligen verlangen. Wohin es dann geht, ist Geschmackssache: Gerhard Benedikt weiß, dass bei Münchnern Las Vegas als glamouröser Trauungsort beliebt ist. Gerne werde auch in Asien geheiratet. "Da braucht man sich wenigstens nicht zu überlegen, wen man einladen muss", meint der Standesbeamte.

Zuhause ist eine Urlaubs-Ehe gültig, wenn bei der Zeremonie das jeweilige Ortsrecht eingehalten wurde. Die Heirats-Urkunde sollte mit einem "Echtheitszertifikat" versehen sein, damit man vom deutschen Fiskus die steuerlichen Vorteile zuerkannt bekommt.

Aus finanziellen Gründen heiraten auch die meisten Paare in München im Dezember - die Steuerbegünstigung gilt dann noch fürs ganze Jahr. Die Wahlfreiheit beim Ort der Trauung kommt der Stadt München bislang nur in bescheidenem Maße zugute.

200 Nichtmünchner kamen 2007 an die Isar, um hier die Ringe zu tauschen. Manche hätten sich in München kennengelernt oder schätzten die bayerische Art, sagt der Leiter des Heiratsbüros. Er sieht für diese spezielle Form des Tourismus offenbar noch Potential.

Die Globalisierung trägt unterdessen dazu bei, dass immer mehr binationale Ehen zustande kommen. Wobei Münchner Männer am häufigsten Frauen aus Polen, Russland und Österreich wählen. Münchner Frauen heiraten indes bevorzugt Männer aus der Türkei, Österreich und Italien. Statistisch eher selten kann sich eine Tunesierin für einen deutschen Mann und ein Australier für eine deutsche Frau erwärmen.

Die beliebtesten Zeiten zum Heiraten in München sind, neben dem Jahresende, die Monate April bis Juni. Besonders groß ist der Andrang in den Trausälen im Kreisverwaltungsreferat und an der Mandlstraße an Wochenenden und rund um die Feiertage.

Weil immerhin noch 4000 Paare getraut werden müssen, "sollte die Anmeldung der Eheschließung früh erfolgen", erinnert die Stadt. Als spezielle Hochzeits-Samstage im nächsten halben Jahr stehen der 19. Januar, 16. Februar, 15. März, 19. April, 17. Mai, 31. Mai, und der 14. und 28. Juni fest. Und dann kommt ja noch der 08.08.08.

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