Ehe für alle:Wenn zwei Männer zu Herr und Frau werden

Ehe für alle: Die Reaktion ist meist humorvoll, wenn der Standesbeamte einem homosexuellen Ehepaar von dem Problem im Personenstandsregister erzählt.

Die Reaktion ist meist humorvoll, wenn der Standesbeamte einem homosexuellen Ehepaar von dem Problem im Personenstandsregister erzählt.

(Foto: Ina Fassbender/dpa)
  • Seit gut drei Monaten gilt in Deutschland die Ehe für alle.
  • Das Abstammungsrecht wurde allerdings nicht mit der Ehe für alle geändert. Ein Neugeborenes kann demnach keine zwei amtlichen Mütter oder Väter haben.
  • Auch das Personenstandsregister ist noch nicht auf gleichgeschlechtliche Partner eingerichtet.

Von Julia Haas

Die Geschichte um das vermeintliche erste Münchner Neujahrsbaby Jakob Quirin ist aus zwei Gründen eine besondere: Erstens war er mit seiner Geburt um 0.02 Uhr in der Frauenklinik an der Maistraße gar nicht der Erste. In Großhadern kam nämlich ein Mädchen namens Aneri zwei Minuten früher auf die Welt, wie sich erst herausstellte, als die Meldung über Jakob Quirin schon in der Welt war.

Immer noch ist er allerdings das erste Münchner Baby 2018, das mit zwei Müttern aufwachsen wird: die biologische Mutter Steffi S. und ihre Frau Antonia. Die beiden waren schon 2016 eine Lebenspartnerschaft eingegangen und haben nach der Einführung der Ehe für alle am 1. Oktober 2017 auch geheiratet.

Allerdings hat Jakob Quirin keine "zwei amtlich beglaubigten Mütter", wie es an Neujahr hieß, auch in der Süddeutschen Zeitung. Grund dafür sind kleine Fehler, die es in der Umsetzung des Gesetzes zur Ehe für alle gibt. "Der Gesetzgeber hat das Abstammungsrecht nicht mit der ,Ehe für alle' geändert", erklärt Peter Trunk, Standesbeamter und Leiter des Münchner Heiratsbüros. Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat, steht im Bürgerlichen Gesetzbuch. Auch wenn zwei Frauen verheiratet sind, ist zunächst nur die Frau die Mutter, die das Baby auf die Welt gebracht hat. "Das Kind hat also eine Mutter, einen rechtlichen Vater haben wir nicht", so Trunk.

Um offiziell zum Vater zu werden, gibt es mehrere Möglichkeiten: Entweder ist man zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet. Ist das nicht der Fall, kann ein Mann die Vaterschaft offiziell anerkennen. Oder ein Mann wird per Vaterschaftstest ermittelt. Wenn eine Frau aber keinen Ehemann, sondern eine Ehefrau hat, wird es kompliziert. Die Ehefrau der Mutter muss nämlich einen Antrag auf Adoption stellen, der erst nach einiger Zeit genehmigt wird.

Das Kind kann also kurz nach der Geburt offiziell noch keine zwei Mütter haben. Es hat also auch zunächst nur die biologische Mutter das Sorgerecht. Und was passiert im theoretischen Fall, dass die biologische Mutter stirbt, bevor ihre Frau das Baby adoptieren konnte? Das könne er nicht mit Sicherheit sagen, sagt Peter Trunk vom Heiratsbüro.

"Alle Paare kriegen eine einwandfreie Eheurkunde"

Auch bei der Ehe für alle selbst gibt es mehr als drei Monate noch Mängel. Frank Tischner hat im Dezember seinen Lebenspartner Stefan Maier geheiratet, beide heißen in Wirklichkeit anders, aber möchten ihre Namen nicht öffentlich machen. "Für die Behörde bin ich jetzt die Frau Tischner", erzählt er. Denn im Personenstandsregister gibt es für eine Ehe nur die Kategorien Mann und Frau. "Das läuft bei den Münchner Standesämtern nach dem ABC. Wer im Alphabet mit seinem Nachnamen hinten kommt, steht als Frau im System", erklärt der Standesbeamte Trunk.

Das Gesetz, das Berlin da in Kraft gesetzt hat, kam offenbar für diejenigen, die es Tag für Tag umsetzen müssen, ziemlich kurzfristig. Aber die Standesämter kriegen es hin: Die Ehe für alle funktioniert. Nur im Detail gibt es ein paar Probleme, oder? Trunk sträubt sich dagegen, die falsche Bezeichnung im Amtsregister als Problem zu bezeichnen. "Wir können den gesetzlichen Auftrag ja ausführen. Egal bei welcher Heirat, alle Paare kriegen eine einwandfreie Eheurkunde", betont er. Dort steht dann - anders als im Register - beispielsweise, dass Ehegatte Maier und Ehegatte Tischner verheiratet sind.

Das vom Staat geführte Personenstandsregister ist nur für den internen Gebrauch. Weil aber alle Menschen ein Recht darauf haben zu wissen, was der Staat über sie speichert, klärt Trunk seine homosexuellen Paare auf, dass nur einer als Ehemann und einer als Ehefrau vermerkt werden kann. "Ich erkläre das mit einem Lächeln, dann kommt meistens auch ein Lächeln zurück", sagt Trunk. Die meisten nähmen die bürokratische Fehlbezeichnung locker - nach dem Motto: "Aha, bin ich also heute die Frau, sonst ist es ja eher andersrum."

Peter Trunk würde es sich anders wünschen. Der Gesetzgeber hat aber noch nicht erlassen, was in den Registern statt Ehemann und Ehefrau drinstehen soll - und das kann dauern. Das Bundesinnenministerium müsse sich dafür mit den 16 Ländern beraten, sagt Trunk. Er habe die Auskunft bekommen, dass sich bis 1. November 2018 erstmal nichts ändern werde.

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