Edelmetallmesse in München:In Gold we trust

"Willkommen in der Welt der echten Werte": Seit an jeder Ecke die Eurokrise droht, herrscht Goldgräberstimmung in Deutschland. Früher trafen sich auf der Edelmetallmesse in München nur Exoten. Jetzt werden hier die Barren in Kinderwägen weggekarrt.

Anna Fischhaber

Vor der Eventarena im Olympiapark herrscht Endzeitstimmung. Glaubt man den Besuchern, die sich an diesem Freitag hier drängen, ist der Untergang nah. Zumindest der finanzielle. Vor der Halle haben sich lange Schlangen gebildet, hier warten Anzugträger und Studenten, Familien mit kleinen Kindern und Rentner. In einer Zeit, in der die Eurokrise an jeder Ecke zu droht, kreisen die meisten Gespräche um ein Thema: Sicherheit. Sie alle hoffen die auf der "Internationalen Edelmetall- und Rohstoffmesse" zu finden. "Willkommen in der Welt der echten Werte", heißt es an einem Stand.

Goldmesse

Goldrausch auf der Edelmetallmesse in München: Besonders die Barren ziehen die Besucher magisch an. Immer wieder streicht jemand vorsichtig über das Metall oder lässt sich damit fotografieren.

(Foto: Fischhaber)

Seit 2005 findet die Messe in München statt. Anfangs interessierten sich nur ein paar Exoten für Gold, leidenschaftliche Münzsammler und findige Investoren trafen sich hier. "Das war eher so eine Art Familientreffen", erzählt Richard Michaelis aus Rosenheim. Der IT-Berater hat schon seit Jahren einen Großteil seiner Ersparnisse in Edelmetallen angelegt. "Jetzt setzt selbst die Bild-Zeitung auf Gold", sagt er verächtlich. Dabei gehe es angesichts des steigenden Preises längst nicht mehr um Gewinnmaximierung, sondern nur noch um Vermögensabsicherung.

Dennoch erwirbt derzeit jede Minute ein Deutscher für 13.000 Euro Gold. Auch auf der Münchner Messe herrscht Goldgräberstimmung. Tausende Besucher auf der Suche nach einer Antwort auf die Krise werden bis Samstagabend erwartet. Die Richtung ist klar: "Das geheime Wissen der Goldanleger" oder "Überleben in der Krise" heißen die Standardwerke, die hier verkauft werden. Auf zwei Etagen versammeln sich in der Eventarena mehr als einhundert Aussteller. Buchhändler und Rohstofffirmen, Minenexperten und Münzhändler.

Bei den Firmen ist kaum etwas los, die Besucher drängen sich vor den Ständen, bei denen man seine Euros direkt in Gold, Silber und Platin tauschen kann. Preise werden verglichen, Münzen, verziert mit Drachen, Tigern und anderen Tieren geprüft. "Sieht ja auch viel schöner aus als Papiergeld", sagt eine hochschwangere Frau und hält bewundernd die Münze in die Höhe, die ihr Freund ihr gekauft hat.

Besonders die großen Silber- und Goldbarren ziehen die Besucher magisch an. Immer wieder streicht jemand vorsichtig über das Metall oder lässt sich mit einem Barren vor dem Poster mit der Aufschrift "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied" fotografieren. Die Händler strahlen, die Geschäfte laufen bestens. "Die Leute sind verunsichert, sie trauen dem Euro nicht mehr", sagt einer.

"Die ruinieren uns noch alle"

Auf gleich drei Bühnen informieren Redner über die Vorteile von Edelmetall und wie Goldbesitz angeblich zum Erhalt von Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung beiträgt. "In Gold we trust" heißt die Powerpointpräsentation eines Rohstoffanalysten, der mit seinem braunen Teint und dem österreichischen Dialekt eher an einen Skilehrer erinnert. "Die Geschichte wiederholt sich", warnt er.

Er weiß, wie er sein Publikum packt, das Inflationstrauma kennen viele noch von ihren Großeltern. Ein Mann dokumentiert jedes Wort mit seiner Handykamera, andere schreiben mit. Der Saal ist bis auf den letzten Stuhl besetzt, immer wieder hört man verzweifeltes Gelächter. An die Politik glaubt hier keiner mehr. "Die ruinieren uns noch alle", sagt jemand und erntet zustimmendes Nicken.

Am Stand des Münchner Edelmetall-Handelshauses Pro Aurum erzählt man sich von einer Familie, die mit leerem Kinderwagen kam und mit vollem wieder gegangen ist. Einem Kinderwagen voller Edelmetall, gut versteckt unter den Babydecken, damit auf dem Heimweg niemand die neue Wertanlage klaut. Auch ein junger Mann, T-Shirt und Turnschuh, trägt schwer an seinem gelben Jutebeutel, der Tennistrainer hat sich auf der Messe mit Gold und Silber eingedeckt. Er ist sich sicher, dass es den Euro nicht mehr lange geben wird. "Für mich ist nur noch die Frage, wann er kippt", sagt er.

Eine ältere Dame nickt ängstlich, sie hat erstmals ein paar hundert Euro in Münzen getauscht. "Als Sicherheit, wenn es mal hart auf hart kommt", sagt sie. "Alle warnen einen ja." Der Mann neben ihr ist optimistischer. Am Ende behält er seine Euro - und greift er nur zu den Schokoladenmünzen, die es hier überall umsonst gibt.

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