Zweckverband:Schwierige Trennung

Zweckverband: Stefanie Geisler vom Ebersberger Landratsamt will erneut prüfen lassen, ob ein Austritt möglich ist.

Stefanie Geisler vom Ebersberger Landratsamt will erneut prüfen lassen, ob ein Austritt möglich ist.

(Foto: Christian Endt)

Seit 2003 möchte der Kreis aus dem Zweckverband Kommunale Schwangerenberatung austreten, doch die Widerstände sind groß. In November soll über einen weiteren Anlauf entschieden werden.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Wie schwierig es sein kann, eine Mitgliedschaft zu kündigen, das stellen beispielsweise alle diejenigen fest, die zwar ein Mitgliedskärtchen bei einem Fitnessstudio besitzen, aber seit Jahren keinen Schritt mehr über die Schwelle gesetzt haben. Hier hapert es meist daran, dass man den rechten Zeitpunkt für die Kündigung immer wieder verpasst - und somit jahrelang weiterzahlen muss.

Auch der Landkreis Ebersberg möchte seit Jahren aus einem Zusammenschluss austreten, hier wurden allerdings nicht irgendwelche Fristen verpasst - stattdessen wird der Austritt seit vielen Jahren schlichtweg verwehrt. Die Rede ist vom Zweckverband Kommunale Schwangerenberatung für die Region München Nord/Ost.

Diesem Zweckverband gehören außer dem Landkreis Ebersberg auch die Kreise Erding, Freising und München sowie die Gemeinden Ismaning und Unterföhring und die Stadt Garching an; die vom Zweckverband getragene und in Ismaning ansässige Familienberatung ist somit auch für die Schwangerenberatung in diesem riesigen Bereich zuständig.

Es gab Jahre, da zahlte der Kreis dem Zweckverband mehr

26 500 Euro zahlt der Kreis für den Zweckverband in diesem Jahr ein; in manchen Jahren war es auch schon weniger, aber auch Ausschläge nach oben gab es: 2010 etwa entfielen auf den Kreis Kosten in Höhe von fast 45 000 Euro. Es geht laut Stefanie Geisler, Leiterin der Abteilung Bildung und Soziales im Landratsamt, aber nicht darum, hier Geld zu sparen. Vielmehr wolle man es für den gleichen Zweck sinnvoller nutzen. Denn die Familienberatung Ismaning bietet zwar einmal wöchentlich zwei Sprechstunden im Landratsamt an; ansonsten müssten die Ratsuchenden aber nach Ismaning fahren, um sich beraten zu lassen.

Und im Landratsamt bestehen Zweifel, dass viele Frauen diesen Weg auf sich nehmen - schließlich gibt es auch das Beratungsangebot im Ebersberger Gesundheitsamt und regelmäßige Sprechstunden von Donum Vitae in Haar und Poing. "Und die Anbindung nach Ismaning ist auch nicht so ideal", sagt Stefanie Geisler.

Die Vermutung liegt also nahe, dass der Kreis vergleichsweise viel Geld für vergleichsweise wenige Beratungen zahlt - belegen kann er das freilich nicht: Der Zweckverband, dessen Geschäftsstelle im Landkreis München angesiedelt ist, verweigert bisher konsequent Informationen darüber, wie viele Frauen aus dem Landkreis Ebersberg das Beratungsangebot überhaupt nutzen.

Der Austritt scheiterte trotz mehrfacher Versuche

Unter anderem würden dafür Datenschutzgründe angeführt, erläutert Stefanie Geisler. Das ärgert die Verantwortlichen aus dem Landkreis seit fast 20 Jahren: Bereits 1998 gab es deshalb eine heftige Auseinandersetzung, 2003 bemühte sich Ebersberg dann erstmals um einen Austritt. Doch dieser Versuch scheiterte, ebenso wie alle darauf folgenden.

Denn die Hürden sind hoch. "Ein solcher Zweckverband ist im Hinblick auf die zu erfüllenden öffentlichen Aufgaben grundsätzlich auf eine gewisse Beständigkeit ausgelegt", sagt eine Sprecherin der Regierung von Oberbayern, die in diesem Fall auch Aufsichtsbehörde ist. Eine Kündigung ist in der Regel nur mit einer Zweidrittelmehrheit in der Verbandsversammlung möglich. Zudem wäre laut Satzung eine Kündigung "aus wichtigem Grund" denkbar, dann allerdings müsste der Austrittskandidat sehr überzeugende Argumente vorlegen, die stärker wiegen als die sogenannte "Pflicht zur Verbandstreue".

Die notwendigen Mehrheiten für einen Austritt gab es bisher jedenfalls nicht - und auch die Regierung von Oberbayern hat laut Geisler einen Austritt verweigert. Denn dort hegte man die Befürchtung, dass bei der Schwangerenberatung die nötige Pluralität nicht gewährleistet sein könnte - dass es also keine Anbietervielfalt mehr gäbe. Allerdings gibt es selbst von der Regierung von Oberbayern keine ganz klar festgelegte Definition, wie diese Pluralität aussieht: "Beratungsstellen von nur zwei unterschiedlichen Trägern im Einzugsbereich können ausreichen. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungsstruktur können jedoch auch drei oder mehr Träger als angemessen gelten", so die Sprecherin der Behörde.

Der Landkreis will jetzt jedenfalls nicht locker lassen: Bei der nächsten Sitzung des Zweckverbands im November soll das Thema noch einmal auf den Tisch. Diskutiert werden soll dann auch über eine Diplomarbeit, die sich konkret mit der Frage befasst hat, ob und unter welchen Voraussetzungen der Austritt aus dem Zweckverband möglich wäre. Und endlich sollen auch Zahlen vorgelegt werden, wie viele Frauen aus dem Landkreis Ebersberg das Angebot der Familienberatungsstelle überhaupt nutzen. Mit seinem kritischen Kurs ist der Landkreis Ebersberg übrigens nicht allein: Auch im Nachbarlandkreis Erding sieht man den Zweckverband skeptisch und erwägt einen neuerlichen Austrittsversuch.

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