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Kirchseeoner Gymnasiasten besiegeln per Handschlag die Partnerschaft ihrer Gemeinde mit der irischen Stadt Carrigaline. Bürgermeister Udo Ockel soll nur noch unterschreiben

Von Sara Kreuter

Arrangierte Ehen sind in Deutschland heutzutage eher selten, die Zwangsheirat wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts offiziell abgeschafft. Verständlich also, dass sich Kirchseeons Bürgermeister Udo Ockel seine "Braut anschauen möchte", bevor er heiratet. Die holde Angetraute heißt in diesem Fall Carrigaline. Das kleine Städtchen liegt im Süden Irlands, in der Nähe von Cork, der zweitgrößten Stadt des Landes. Carrigaline soll, wenn es nach den Kirchseeoner Gymnasiasten geht, Partnerstadt der Marktgemeinde im Landkreis Ebersberg werden.

Ein Projekt-Seminar hat es sich zum Ziel gesetzt, eine Partnerstadt für Kirchseeon zu finden, die im Gegensatz zu den anderen größeren Kommunen im Landkreis noch ein Singledasein führt. Zu Beginn des Jahres setzten sich deshalb 13 Schüler unter der Leitung des Englischlehrers Frank Lohr mit dem Bürgermeister zusammen; dieser gab sein Einverständnis für die Suche nach einer Partnerstadt. Nun aber überraschten die eifrigen Schüler ihren Bürgermeister: Eine Stadt sei gefunden, die Partnerschaft geschlossen. Per Handschlag habe er die Verbindung mit dem Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins in Carrigaline besiegelt, berichtet Lehrer Lohr. Ockel aber rudert nun zurück und will in einem Gespräch den Schülern verdeutlichen, dass eine Partnerstadt langsam und gründlich ausgewählt sein will.

Die Bemühungen der Schule seien "lobenswert", erklärte der Bürgermeister,"da könnte vielleicht tatsächlich eine Partnerschaft entstehen". Dennoch sei "die Rechnung ohne den Wirt gemacht", der Bräutigam, um im Bild zu bleiben, von der Verlobung erst nachträglich in Kenntnis gesetzt worden. Denn weder Bürgermeister noch Gemeinderat hätten sich bisher konkret mit einer Partnerstadt im Allgemeinen und Carrigaline im Besonderen auseinander gesetzt. "Die Schüler waren zwei, drei Schritte schneller als ich", betont Ockel. Der Gemeinderat habe lediglich von einer Projektgruppe gewusst, die sich auf die Suche nach einer Partnerstadt gemacht hätte - mehr aber auch nicht. Der Gemeinderat will sich nun in seiner Sitzung am Montag, 8. Juli, des Themas annehmen.

Der Kontakt des Gymnasiums Kirchseeons mit Carrigaline ist durch jährliche Sprachreisen der achten Klassen in die irische Stadt zustande gekommen, wie Lohr berichtete. Das Englisch-P-Seminar "Let's twin Kirchseeon" habe die irische Gemeinde angeschrieben und umgehend Antwort vom Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins Jim Kelly erhalten. Nach einigen Rückfragen reiste Lohr im Rahmen der Sprachreisen nach Irland, traf sich mit Kelly und vereinbarte die Partnerschaft. "Von beiden Seiten ist Interesse da", erklärte der Englischlehrer. Für ihn ist die Partnerschaft so gut wie sicher. Einen derartig positiven Verlauf hätten er und seine Schüler sich "erhofft, aber nicht erwartet". Von der Stellungnahme des Bürgermeisters sei er überrascht, zumal der beim ersten Gespräch sehr positiv reagiert habe. Die Schule habe das gemacht, was sie angekündigt habe, und "nur weil etwas einfach ist, muss es nicht gleich schlecht sein", so der Lehrer. Auch die Schulleitung stehe hinter der Idee und dem Wunsch der Schüler des P-Seminars, dass zwischen den beiden Städten ein Austausch entstehen soll. Im Oktober, so die Vorstellung er Schüler, könne der Bürgermeister die Partnerschaft dann gleich offiziell unterschreiben. Der aber bremst, das müsse alles im Gemeinderat ausgiebig besprochen werden. "Ich weiß nicht, ob wir diese Partnerschaft wollen, oder eben nicht." Die Schüler hätten ihn auf der Standspur überholt.

© SZ vom 03.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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