Zorneding:Weiter Horizont

Daniel Müller-Schott und Julia Fischer, Cello und Violine

Geigerin Julia Fischer und Cellist Daniel Müller-Schott in reizvoller klanglicher Partnerschaft.

(Foto: Christine Schneider/oh)

Die Meistersolisten Daniel Müller-Schott und Julia Fischer spielen hinreißende CD mit Raritäten ein

Von Rita Baedeker

Johannes Brahms bezeichnete die Streichinstrumente Cello und Violine, für die er ein Doppelkonzert geschrieben hat, als "achtsaitiges Rieseninstrument." Mit diesen Worten wollte er das Einvernehmen, die - bei aller Eigenständigkeit - klangliche Partnerschaft beider zum Ausdruck bringen. Zu seiner Zeit war ein für Geige und Cello geschriebenes Werk ungewöhnlich. In den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts, sagt der Cellist Daniel Müller-Schott, haben Komponisten jedoch mehr und mehr die schöpferischen Möglichkeiten dieser Besetzung entdeckt.

Müller-Schott und die Geigerin Julia Fischer, beide Solisten und Kammermusiker von Weltrang, haben nun eine CD mit Werken für Violine und Cello herausgebracht: "Duo Sessions". Aufgenommen wurden Werke von Zsoltán Kodály, Erwin Schulhoff, Maurice Ravel und Johan Halvorsen, alle vier lebten in der Zeit vom späten 19. bis Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts. Kodály, Ravel und Schulhoff schöpften aus Klangwelten der ungarischen Volksmusik bis hin zum Jazz. Halvorsen bediente sich einer Passacaglia von Händel aus dem Jahr 1894. Sein Werk ist ein Zugabe-Hit, den die beiden Musiker immer wieder mit großem Erfolg spielen.

"Die Komponisten erkannten den Reiz und die Fülle der Klangfarben, über die Streichinstrumente verfügen, sie schufen wahre Klangskulpturen", sagt Müller-Schott über das Repertoire der CD. Es sei eine Freude, dieses Spektrum auszureizen. Und wirklich: Die Musik ist so kontrast- und figurenreich, dass man manchmal den Eindruck hat, es spielten nicht zwei, sondern mehrere Streichinstrumente.

Die beiden Solisten, die dieses Repertoire schon seit zwölf Jahren zusammen auf wechselnden Bühnen vortragen, gehen in drei Originalwerken und einer Bearbeitung intensiv aufeinander ein. Mal geben sie einander solistischen Raum, dann wieder bilden sie, etwa bei Ravels Sonate, ein klangliches und rhythmisches Geflecht, das so dicht ist, dass man nicht recht weiß, wo die Geige anfängt und das Cello aufhört. "Wir haben lange geprobt, das Klangspektrum erweitert. Da bleibt es nicht aus, dass die Geige versucht, die Sattheit des Cellos zu integrieren, und das Cello das Strahlende der Geige ins eigene Spiel übertragen möchte", sagt Daniel Müller-Schott. Dann wieder gehen sie auf Distanz zueinander. Die eine streicht, der andere zupft, das Cello als Bass trägt einen irrwitzigen Ausbruch von Temperament und Leidenschaft der Violine sicher über den Abgrund. Ein schönes Beispiel für die Vielfalt an Spieltechniken, mit denen beide Musiker die Grenzen der Instrumente ausloten, ist der Satz "tres vif" in der Ravel-Sonate. In dem mit "Lent" bezeichneten folgenden Satz entlockt Müller-Schott seinem Cello sogar bluesige Klangfarben.

Die CD wurde innerhalb von zwei Tagen aufgenommen. Bei diesem Repertoire sei eine frische Unmittelbarkeit des Musizierens wichtig, erklärt der Cellist. "Da ist es vorteilhaft, wenn man sich gut kennt." Ein glücklicher Umstand sei es, dass Tonmeister Bernhard Albrecht, der in Zorneding wohnt, die Scheibe produziert habe. Müller-Schott, auch er ein Zornedinger, kennt ihn seit Jahren. "Bernhard Albrecht ist mit uns Streichern vertraut. Er weiß, wie man vermeidet, dass eine Studioaufnahme allzu glatt und poliert klingt."

Die Interpretation der Werke habe sich durch die Dauer des Zusammenspiels und die intime musikalische Nähe im Laufe der Zeit verändert, sagt der Cellist. "Man geht auf einen Horizont zu und glaubt, man komme ihm näher, aber in Wahrheit wird er immer weiter".

Die CD "Duo Sessions" der Geigerin Julia Fischer und des Cellisten Daniel Müller-Schott mit Werken von Zoltán Kodály, Erwin Schulhoff, Maurice Ravel und Johan Halvorsen, eine Co-Produktion mit BR Klassik ist erschienen im Label Orfeo International Music München.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: