Zorneding:Kollektives Erinnern

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Der Heimatkundekreis Zorneding arbeitet seit 30 Jahren die Historie der Gemeinde auf. Ortschroniken, Fotoshows und Hofgeschichten lassen Vergangenes nicht vergessen

Von Johannes Hirschlach, Zorneding

Die Schätze, die in Zorneding im Haus der Vereine lagern, sind nicht für jedermann auf den ersten Blick als solche erkennbar. Zeitungsartikel, Urkunden, Dokumente, Kirchenbücher, Fotografien. Massenhaft Fotografien. Zu Tausenden hat diese der Heimatkundekreis Zorneding in den 30 Jahren seines Bestehens zusammengetragen. Zorneding früher, Zorneding ganz früher, Zorneding heute. Auf eine wechselvolle Geschichte blickt der Ort zurück. Dass diese Historie heute nicht vergessen ist, das haben die Bewohner dem Heimatkundekreis zu verdanken. In Vorträgen, Fotoshows und Ausstellungen ermöglichen die derzeit 61 Vereinsmitglieder der Öffentlichkeit immer wieder einen Blick zurück.

Hans-Joachim Lang ist seit über einem Jahrzehnt im Team und eine der Schlüsselfiguren des Vereinslebens. Der 72-Jährige war Versicherungsfachwirt, seit 2004 ist er in Rente. Für ihn die Initialzündung, sich der Heimatgeschichte zuzuwenden. "Damit ich meiner Frau nicht auf die Nerven gehe, wollte ich mir etwas suchen", sagt er kichernd. Über die private Ahnenforschung kam Lang zum Heimatkundekreis. In unzähligen Besuchen örtlicher Pfarreien, im Münchner Staatsarchiv und mit dem Durchwälzen dicker Chroniken sammelte Lang umfangreiches Material über Zornedings Vergangenheit.

Die rustikale Wasserburger Landstraße anno 1955. (Foto: privat)

Doch schon Jahrzehnte zuvor war die Vereinstruppe rege im Ort unterwegs. Seit der Gründung 1986 forschten die Mitglieder unter den Alteingesessenen, ließen sich nicht nur Ortsgeschichte, sondern auch Ortsgeschichten erzählen. Stapelweise dieser "Haus- und Hofgeschichten", verschriftlichte Erinnerungen, trug der Kreis so zusammen, Fotos ergänzten rasch den Fundus.

Auf dieser Wissensbasis lud die Gruppe häufig zu Vorträgen oder geschichtlichen Spaziergängen durch Zorneding ein. Eine Ausstellung im Ortsteil Ingelsberg brachte die Mitglieder auf die Idee zum bisherigen Meisterstück des Vereins: vier Heimatbücher, je eines für Zorneding, Pöring, Wolfesing und Ingelsberg. Von 2008 bis 2015 schuftete Lang mit Kollegen an den Wälzern - lokale Bestseller, von denen schon rund 2000 über die Ladentheke gewandert sind. "Das war ein Full-Time-Job", sagt Lang über die Werke.

Mehr Leute, die ehrenamtliche Arbeit übernehmen, seien eigentlich jederzeit willkommen, sagt der Rentner. Doch es sei eben wie in jedem Verein: "Es schaut mit dem Nachwuchs schlecht aus", kaum ein Mitglied sei unter 60. Immerhin: "Mit den Büchern haben wir die Hauptaufgabe des Vereins an sich erfüllt", sagt Lang. Welche Gemeinde könne schon solch umfangreiche Chroniken über jeden ihrer Ortsteile vorweisen? Dennoch gebe es noch so viele Dinge zu erledigen. "Die Ortsgeschichte schreibt sich natürlich fort", sagt Lang. "Das müssen wir auch für die Zukunft dokumentieren." Weitere Projekte sind geplant. Im Januar soll sich eine Ausstellung der Vereinshistorie widmen.

Die ersten Vereinsmitglieder: Dominikus Schindlmayr, Helmuth Schmeißer, Heinz Machutt, Emmi Heder, Günter Raulf (von links). (Foto: Heimatkundekreis/oh)

Zornedings Einwohner sind vor allem an den vielen Fotoshows des Heimatkundekreises interessiert, hat Lang festgestellt. "In den Fünfzigern war Zorneding ein Bauerndorf", sagt er. Alte Fotografien zeigen den Ort in ländlicher Idylle: Höfe, rustikale Straßenverhältnisse, ein vereinzelter VW-Käfer. Eine solch bildhafte Gegenüberstellung von früher zu heute locke stets viele Neugierige in die Vortragssäle, sagt Lang. Die Beliebtheit dieses kollektiven in Erinnerungen Kramens? Erklärt sich der 72-Jährige mit den Reaktionen der Zuschauer: "Mein Gott, dass das schon so lange her ist!" - solche Rufe höre er oft bei den Bilderpräsentationen. Auffällig sei jedoch der deutlich schwächere Zulauf bei reinen Vortragsabenden ohne Bilder. Lang lacht. "Das ist entwicklungsfähig."

Für lebhaftes Interesse an einem Treffen zum Jubiläum an diesem Mittwoch, 16. November, will Lang mit Altbürgermeister Franz Pfluger sorgen. Nach einem Rückblick auf 30 Jahre Vereinsaktivitäten wird dieser mit einer der beliebten Fotoshows - Zorneding einst und jetzt - die Veränderungen der Gemeinde durch den Siedlungsbau darstellen. Die Veranstaltung im Gasthof Neuwirt beginnt um 19.30 Uhr.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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