Zorneding:Hilferuf vom Helferkreis

Die ehrenamtlichen Betreuer der Asylbewerber in Zorneding beklagen die Überlastung der Mitarbeiter im Landratsamt. Mit einem Krankheitsfall fühlte man sich zuletzt in der Sorge um Ansteckung allein gelassen.

Von Carolin Fries, Zorneding

Der Helferkreis Asyl in Zorneding hat sich in einem Beschwerdebrief an die CSU-Landtags- und Bundestagsabgeordneten Andreas Lenz und Thomas Huber gewandt. Anlass für den "Hilferuf", wie Helferkreis-Leiterin Angelika Burwick das Schreiben nennt, sind bürokratische Hürden einerseits und eine Verschlechterung in der Zusammenarbeit mit dem Landratsamt andererseits. "Das Problem ist nicht, dass die Mitarbeiter der Behörde keine Lust haben - sie sind überlastet", sagt Burwick. Sie spricht von gerade einmal sechs Ansprechpartnern sowie einer Teilzeitkraft, die den Betreuern aller rund 598 Asylbewerber im Landkreis inklusive der Fehlbeleger in sämtlichen Belangen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. "Die Unterstützung von öffentlicher Seite ist miserabel", fasst sie die Situation zusammen.

Schmerzhaft bewusst wurde Burwick die Lage in der vergangenen Woche, als sie erfuhr, dass mindestens einer der Bewohner des Containerdorfs an der Bahnhofstraße an der Hautkrankheit Scabies erkrankt war. Nach Paragraf 34 des Infektionsschutzgesetzes bedingt bereits der Verdacht ein Aufenthalts- und Arbeitsverbot in Gemeinschaftseinrichtungen. Um ihre mehr als 140 ehrenamtlichen Helfer schützen zu können, versuchten Burwick und die Zornedinger Gemeindeverwaltung, vom Landratsamt zu erfahren, wer erkrankt ist und welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind. "Tagelang wurden uns Auskünfte mit dem Hinweis auf den Datenschutz verwehrt", sagt Burwick.

Datenschutz ist auch für Burwick ein wichtiges Thema, doch habe sie auch Sorge zu tragen, dass ihre Helfer gesund bleiben und "niemand für sein ehrenamtliches Engagement mit Arbeitsausfall, privatem Ärger und Kosten bestraft wird". Zudem seien es letztlich ihre Helfer, die vor Ort sicherstellen, dass entsprechende medizinische sowie hygienische Maßnahmen richtig und umfänglich in der Einrichtung umgesetzt werden, um einer Epidemie vorzubeugen. Denn - Burwick zitiert aus einem Merkblatt des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelüberwachung (LGL): Die Kontrolle einer Epidemie "in einer Gemeinschaftseinrichtung kann eine infektionsmedizinische Herausforderung darstellen". Die Zornedingerin äußert in ihrem Schreiben "erheblichste Bedenken, ob unser Landratsamt einer Eskalation der Krankheit überhaupt gewachsen ist". Erst in dieser Woche hat die Behörde wieder neue Flüchtlinge aufnehmen und unterbringen müssen. "Die Kapazitäten sind erschöpft", sagt Burwick.

Mit der Sorge um ihre Helfer fühlte Burwick sich über mehrere Tage regelrecht allein gelassen. Inzwischen weiß sie über getroffene medizinische Maßnahmen bescheid, auch das LGL habe schnell und informativ auf ihre beunruhigte Anfrage per E-Mail geantwortet. Aus dem Landratsamt sei der Informationsfluss hingegen in letzter Zeit schlechter geworden, was Burwick nicht wundert: "Die Leute werden seit Monaten ausgebeutet, ich bekomme E-Mails morgens um sieben ebenso wie abends um 22 Uhr." Laut Evelyn Schwaiger, Pressesprecherin im Landratsamt, gibt es derzeit sechs Vollzeitstellen in der Abteilung Bildung und Soziales, zweieinhalb Stellen im Ausländeramt und eine Vollzeitstelle bei der Caritas.

Burwick fordert mehr Personal für die behördliche Betreuung der Asylbewerber. Mindestens weitere fünf Vollzeitkräfte, die in den Einrichtungen vor Ort tätig werden, seien erforderlich. Denn bei allem Engagement: Die Helferkreise könnten nicht die behördlichen Arbeiten übernehmen. In ihrer Unterstützung im Alltag der Asylbewerber werden sie indes mit der Überlastung der Behördenmitarbeiter konfrontiert - was wiederum die ehrenamtlichen Helfer in ihrem Wirken frustriert. "In unserem Helferkreis regt sich erheblicher Unmut über das Verhalten der Bayerischen Staatsregierung zur Asylpolitik", schreibt Burwick an die Süddeutsche Zeitung. Die kürzlich von Bund und Ländern vereinbarte Schaffung von 1000 neuen Stellen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sei lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein. In den unterbringenden Landkreisen komme davon nichts an. "Das ist die fehlende Anerkennung, die immer mehr Helferkreise beklagen", sagt Burwick. In der kommenden Woche werden sich die Helferkreise aus dem Landkreis zu einem Vernetzungstreffen treffen. Dort will man auch über Möglichkeiten des Protests beraten.

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Lenz stimmt mit Burwick überein, dass das Landratsamt seine Kapazitätsgrenze erreicht hat. "Dort wird sehr viel und über die Pflicht geleistet", betont er. Dennoch müsse die Behörde auch weiterhin in der Lage sein, den Helfern zu helfen. "Ohne das Ehrenamt würde es nicht laufen." Er hat darum Sozialministerin Emilia Müller und Kultusminister Ludwig Spaenle mit der Bitte um zusätzliche Schulungsmöglichkeiten für die Ehrenamtlichen angeschrieben.

Darüber hinaus hält der Bundestagsabgeordnete "Best-Practice-Handlungsanleitungen" in Problemfällen für sinnvoll, mit denen ehrenamtliche Helfer immer wieder bei der Betreuung der Asylbewerber konfrontiert werden. Zum Beispiel mit dem Auftreten einer Scabies-Erkrankung. Der Zornedinger Krankheitsfall war nicht der erste in einer Unterkunft im Landkreis.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: