Zorneding:Beflügelt in den Frühling

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Zwischen das Symphonieorchester des Kulturvereins Zorneding-Baldham und Publikum passte am Sonntagabend im Martinstadl keine Handbreit mehr. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Beim Doppelkonzert des Symphonieorchesters Zorneding-Baldham zeigen auch wieder Schüler des Gymnasiums Kirchseeon Talent und Begeisterung

Von Rita Baedeker, Zorneding

Wetten! Die Peer-Gynt-Suiten von Edvard Grieg können auch jene im Schlaf mitsummen, die selten ins Konzert gehen. Ob Werbung oder Film - diese wundervolle, zu einem Drama von Ibsen komponierte klangmalerische Musik wurde längst bis zum Überdruss vermarktet und verkitscht. Grenzt es da nicht an Harakiri, ausgerechnet diese vier Sätze mit einem Laien- und Schülerorchester aufzuführen? Wo doch jeder im Ohr hat, wie es klingen soll.

Das Gegenteil ist wohl richtig. Weil die Musiker das getragene Thema des ersten Satzes "Morgenstimmung" oder die sich zu einem irrwitzigen Koboldtanz steigernden Takte "In der Halle des Bergkönigs" so oft gehört haben und daher die Melodien auswendig kennen, konnte sich der Dirigent des Symphonieorchesters des Kulturvereins Zorneding-Baldham, Andreas Pascal Heinzmann, beim Frühjahrskonzert am Samstag im Gymnasium Kirchseeon und am Sonntag im Martinstadl Zorneding ganz auf Homogenität des Klangs und Gestaltung konzentrieren. Erstaunlich sauber und stark im Ausdruck musizierte das Orchester denn auch den zweiten Satz der Suite, "Aases Tod". Frischer und impulsiver als manche Profi-Einspielung klang "Anitras Tanz", an diesem Gesamteindruck änderte auch der eine oder andere falsche Ton nichts. Die seit fünf Jahren bestehende Partnerschaft zwischen dem Schulorchester, das von Rafael Gütter geleitet wird, und dem Orchester trägt nun Früchte. Das Ergebnis der intensiven Probenarbeit ist ein Lehrstück dafür, wie man Nachwuchsmusiker beflügelt und jeden Einzelnen mit seinem Instrument zu einem wichtigen Teil einer großen Gemeinschaftsaufgabe macht.

Da das Konzert dem Frühling gewidmet war - wie man sieht, zeigte der Aufruf Wirkung - stand auch Robert Schumanns erste Symphonie, die "Frühlingssymphonie", auf dem Programm. Bei diesem Werk ebenso wie beim Violinkonzert in a-Moll von Johann Sebastian Bach, spielte das Orchester ohne die Schüler.

Der Frühling ist eine kapriziöse Jahreszeit - launisch ist er, windig, dann wieder heiß oder nasskalt. Schumann komponierte sein Werk in rauschhafter Hochstimmung, ausgelöst durch die ersehnte Hochzeit mit Clara Wieck . "Ich schrieb die Sinfonie, wenn ich sagen darf, in jenem Frühlingsdrang, der den Menschen wohl bis in das höchste Alter hinreißt . . .", berichtete der Komponist dem Kollegen Louis Spohr. Heinzmann dirigierte das Werk in Kirchseeon eher akzentuiert als innig, wollte das Stimmengeflecht transparent machen. Vor allem die Bläser haben darin Passagen, in denen sie glänzen können, von der einleitenden Fanfare bis zum Finale. Homogenität und Klangreinheit waren bei der Aufführung am Samstag allerdings nicht immer überzeugend. Besonders schön gestaltet war jedoch das Scherzo.

Mit dem Eröffnungswerk des Abends, Bachs Konzert für Violine und Streicher in a-Moll, präsentierte sich die junge Geigerin Franziska Magdalena Padberg. Seit vergangenen Herbst ist sie Konzertmeisterin des Orchesters. Sie studierte Violine an der Musikhochschule Detmold und absolvierte Meisterkurse unter anderem bei Ulf Hölscher. In der stets zuverlässig agierenden Gruppe der Streicher hat sie als Stimmführerin eine wichtige Aufgabe.

Padbergs Solo verlangt dem Orchester höchsten Einsatz ab. Vor allem im zweiten Satz, dem Andante, bereiten die Streicher der Solovioline ein herrlich weiches, rhythmisch absolut homogenes Ostinato-Klangbett, über dem die dunkel, in manchen Passagen fast wie ein Cello klingende Violine ihre Triolen singt. Und wenn man nach Ende des virtuosen dritten Satzes erleichtert von einer "Punktlandung" sprechen kann, dann ist das ein großes Kompliment an Orchester, Dirigent und die Solistin, die gezeigt haben, wie spannend Musizieren sein kann und wie einem Orchester im Frühling Flügel wachsen.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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