Zorneding:Aufgeschoben

Störerhaftung

In Deutschland gibt es eine weltweit einmalige Gesetzeslage, wonach der Inhaber eines Internetanschlusses haftet, wenn andere über diesen Anschluss Rechtsverletzungen begehen. Ausgenommen von dieser Störerhaftung sind große Internetanbieter wie die Telekom oder Telefonica. Für Betreiber von Cafés, Gaststätten oder Hotels soll die Störerhaftung entschärft werden, so dass laut Gesetzesentwurf nurmehr die "zumutbare Pflicht" gilt, Gäste zum rechtmäßigen Gebrauch des Internets zu ermahnen. Was die Vorratsdatenspeicherung betrifft, sind Telekommunikationsunternehmen künftig verpflichtet, die Daten der Nutzer zu speichern. Anbieter, die ihren Kunden nur eine kurzzeitige Nutzung des Telekommunikationsanschlusses ermöglichen, zum Beispiel Betreiber von Hotels, Restaurants und Cafés, sind von der Speicherpflicht ausgenommen. frie

Zorneding will mit der Einrichtung von Wlan-Hotspots warten

Von Carolin Fries, Zorneding

Die Gemeinde Zorneding wird zunächst keine Wlan Hotspots einrichten, wie sie der Gemeinderat erst vor wenigen Wochen beschlossen hat. Der Grund sind rechtliche Bedenken, insbesondere was die Störerhaftung betrifft. Es gelte "Schaden vom Gemeinderat abzuhalten", sagte Geschäftsführer Daniel Kommnick. Die IT-Beratungsfirma "Secure Consult" hatte der Kommune auf Nachfrage dringend von Wlan Hotspots abgeraten. Die Gemeinde hat eine Anfrage an den Landesdatenschutz-Beauftragten gestellt. Bis zur Klärung der Rechtslage soll sich eine Arbeitsgruppe mit der Thematik beschäftigen.

"Mir ist das mit den Hotspots zu heiß", sagte FW-Gemeinderat Franz Lenz, der vor zwei Wochen noch für die Bereitstellung von öffentlichem Wlan gestimmt hatte. Auch Peter Pernsteiner (FDP) und Johannes Schott (CSU) stimmten am Donnerstagabend gegen die Bereitstellung von Routern für freies Wlan. Er wolle abwarten, wie der Europäische Gerichtshof in dem Fall eines Klägers aus Gauting entscheidet, sagte Pernsteiner. Der Prozess gilt als richtungsweisend für die künftige Handhabe, wer zu welchen Bedingungen über ein offenes Wlan den Zugang zum Internet bereitstellen kann - und welche Pflichten dabei bestehen. Über das geschäftliche Wlan des Gautingers war 2010 ein Musikalbum zum Herunterladen angeboten worden, was gegen das Urheberrecht verstößt. Eine Anwaltsfirma, die Sony vertritt, forderte 800 Euro Schadenersatz. Der Gautinger beteuerte, nicht im Geschäft gewesen zu sein und klagte vor dem Landgericht München. Aktuell ist das Verfahren ausgesetzt, um vom EuGH offene Fragen klären zu lassen.

Für Moritz Dietz, Grünen-Gemeinderat und IT-Systemtechniker, ist die Lage derweil klar. "Aktuell besteht eindeutig keine Gefahr, was die Vorratsdatenspeicherung betrifft", sagte er. Die Grünen hatten die Einrichtung der Wlan-Hotspots, die unter anderem die Situation der Asylbewerber in der Gemeinde verbessern soll, im November beantragt. Demnach sollten in der Bücherei, im Jugendzentrum und in den Schulungsräumen in der Lärchenstraße sogenannte Freifunk-Router in Betrieb genommen werden, über die jederzeit frei im Internet gesurft werden kann. "Damit wäre die Gemeinde kein Erbringer von Telekommunikationsleistungen", wie Dietz erklärte und damit weder haftbar zu machen noch für die Datenspeicherung zuständig. Ob wiederum die Freifunk-Initiativen Daten speichern müssen, würde momentan mit der Bundesnetzagentur abgeklärt, sagte Dietz. Er sprach sich dafür aus, den Beschluss vom November zu vollziehen. Mit ihm und den Grünen Barbara Weiß, Vincent Kalnin und Helmut Obermaier stimmten die SPD-Gemeinderäte Werner Hintze und Stephan Raabe.

Erwin Rehm, zuständig für die EDV im Zornedinger Rathaus, hatte dringend appelliert, keine Freifunk-Router zu installieren. Die Gemeinde könne diese nicht kontrollieren, gefährdet sein könnten auch personalisierte Daten der Gemeindeverwaltung. Um ein öffentliches Wlan sicher zu betreiben, brauche es ein "autarkes Netz", sagte Rehm. Neben rechtlichen und technischen Unklarheiten äußerte er seine "moralischen Bedenken": Straftäter könnten das Wlan der Gemeinde nutzen, etwa um Waffen zu kaufen oder kinderpornografisches Material herunterzuladen. Das alles - anders als vom heimischen Rechner aus, dessen Daten auf Vorrat gespeichert werden müssen - in einem "komplett unüberwachten Zugriff". Moritz Dietz widersprach: "Wer im Netz anonym Straftaten planen will, der braucht dafür kein Wlan von der Gemeinde Zorneding."

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