Zorneding:Afrikanische Brise

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Ein Stück Afrika im Rathaus Zorneding (von links): Susanne Gibtner und Gertrud Raabe-Gruber mit sowie Angelika Brockhaus von "Helvetas". (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Bilder der tansanischen Tingatinga-Maler bringen Licht und Wärme ins Zornedinger Rathaus

Von Rita Baedeker, Zorneding

Hat irgendwer im Foyer des Zornedinger Rathauses eine verborgene Lichtquelle angeknipst? Oder warum sonst scheint es ein bisschen heller und auch ein paar Grad wärmer zu sein als sonst? Da sich das Wetter unverändert düster gebärdet, und niemand die Heizung eingeschaltet hat, muss es an den derzeit dort ausgestellten Bildern liegen, Bilder, die eine warme afrikanische Brise durchs Rathaus wehen lassen und ein wenig vom Zauber der Savanne in den Ort bringen.

Die Ausstellung trägt den Titel "Tingatinga", benannt nach Edward Saidi Tingatinga, dem Gründer einer Malschule in Tansanias Hauptstadt Daressalam. Tingatinga war damals, wie viele seiner Landsleute, arbeitslos, als er begann auf Spanplatten, die er sich irgendwo besorgte, vertraute Motive wie Tiere und Dorfszenen, zu malen. Da er keine Künstlerfarben besaß, behalf er sich mit Fahrradlacken. Nach seinem plötzlich Tod 1972 - er wurde von einer Polizeistreife erschossen -, führten Angehörige und Freunde seine Arbeit fort. Allmählich wurde aus dem Zeitvertreib ein wichtiger Baustein des kulturellen Lebens im Land. Die Malergruppe schloss sich zur "Tingatinga Arts Cooperative Society" zusammen, der heute fast 100 Maler und Malerinnen angehören. In den Jahren von 1996 bis 2006 wurde die Gruppe von der Schweizer Organisation "Helvetas" betreut. Zwar stehen die Künstler heute auf eigenen Beinen, Angelika Brockhaus von Helvetas kümmert sich aber weiterhin um Ausstellungen. Der Reinerlös aus dem Verkauf der Bilder geht an die Maler der Kooperative.

Wichtigste Botschaft dieser naiv-fröhlichen, von keinem akademischen -ismus berührten Kunst: Sie zeigt die Sonnenseite Afrikas. Zornedings zweite Bürgermeisterin Bianka Poschenrieder verwies bei der Vernissage auf einen Ausspruch des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, dem aufgefallen war, dass man bei Afrika immer an Wörter mit "K" denke: Kriege, Katastrophen, Krankheiten, Korruption. "Wir lernen, wie Afrikaner sterben, nicht, wie sie leben!" Ausstellungen wie diese, so Poschenrieder, sollen ein Gegengewicht schaffen zu den Schreckensbildern.

Das Zornedinger Rathaus mit seinem über zwei Stockwerke hohen Baum im Foyer sei ein wunderbarer Ort für diese Bilder, sagte Angelika Brockhaus. Harmonisch gruppieren sich um ihn herum die Motive - Vogelfedern, Schmetterlingsflügel, Blütenblätter, riesige Vogelaugen, Raubtierfelle, rotierende Fischleiber, Elefanten, Giraffen und Zebras. Die Tingatinga-Maler haben einen feinen Sinn für grafische Muster und die Ästhetik der Symmetrie. Die wilden Tiere Afrikas - hier wirken sie, als lebten sie in einem Garten Eden, wo kein Löwe über eine Antilope herfällt. Manche Darstellungen sind so plastisch, als wollten die Vögel auffliegen in den blauen Himmel, die Herde weiterziehen über die weite Savanne. Die ganze bunte Natur, bildet ein organisches Ganzes.

So üppig bunt wie die Tierwelt werden auch die Früchte des Landes präsentiert, Banane, Mango, Granatapfel und Ananas. Auch Dorfszenen und Porträts von für die afrikanische Kunst typischen überaus hochbeinigen Gestalten der Massai sind unter den Exponaten. Ein Kuriosum im Getümmel sind die "Geister" mit ihren Vampirzähnen - das einzige Bild, das einen frösteln lässt.

Die Ausstellung "Tingatinga" ist noch bis 24. Juli im Rathaus Zorneding zu sehen, geöffnet Montag bis Freitag 8 bis 12, Mittwoch zusätzlich 15 bis 18 Uhr.

© SZ vom 23.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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