Wohnen:Planerische Notbremse

Zorneding fasst einen Grundsatzbeschluss für Sozialgerechte Bodennutzung. Damit soll künftig in der Gemeinde wieder mehr bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden

Von Viktoria Spinrad, Zorneding

In einer Kategorie ist Zorneding fast Spitzenreiter im Landkreis: Nach Vaterstetten hat die Gemeinde mit knapp 80 Prozent die zweithöchste Quote an Einfamilienhäusern, nur ein Zehntel der Wohngebäude entfallen auf Geschosswohnungsbauten - und auch die werden immer teurer. Das Resultat: viele vermögensstarke Familien, die Kindergartenpersonal, Verkäufer, Arbeiter ins Umland verdrängen. Gegen diesen Trend gibt es ein städtebauliches Konzept, das bereits seit mehr als 20 Jahren in München Anwendung findet - und nach einem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats nun auch in Zorneding verbindlich wird: die Sozialgerechte Bodennutzung (Sobon).

Mit diesem Instrument der Stadtplanung werden private Investoren dazu verpflichtet, im Gegenzug zum Baurecht vergünstigte Wohnungen, Kindertagesstätten oder Flächen für Kleingewerbe bereitzustellen. In Zorneding soll laut Beschluss angestrebt werden, 30 Prozent des jeweiligen Planbereichs zur Verwirklichung Sobon-gerechter Ziele abzuschöpfen. Kosten für die Planung, Erschließung und für Folgekosten wie einen höheren Bedarf an Kindergärten oder Schulen sollen vom Investor zusätzlich bezahlt werden.

"Es geht um ein grundsätzliches Signal an die Bauwerber im Ort", sagte Bürgermeister Piet Mayr (CSU) bei der Vorstellung des Beschlusses. Den zugehörigen Antrag hatten die Fraktionen von Grünen, SPD und der Freien Wähler vor mehr als zwei Jahren eingereicht; die Dezember-Sitzung des Gemeinderats nutzten sie dann, um Plädoyers für den Grundsatzbeschluss zu halten. "Unser Gemeinwesen profitiert von einer gemischten Bevölkerung", sagte Moritz Dietz (Grüne). Werner Hintze (SPD) sprach von einer "Win-win-Situation für alle" und plädierte für einen einstimmigen Beschluss. Wilhelm Ficker (Freie Wähler) verwies auf die Signalwirkung des Grundsatzbeschlusses: "Grundstückseigentümer wissen jetzt, auf was sie sich einstimmen können." Zum Schluss lobte Vincent Kalnin (Grüne) einen Passus, der dem Flächenerwerb durch die Gemeinde Vorrang einräumt. "Wir müssen nachhaltige Strukturen auf dem Wohnungsmarkt schaffen."

Der Beschluss, der einstimmig abgesegnet wurde, bezieht sich sowohl auf Wohn- als auch auf Gewerbegebiete. Er enthält keine konkreten Vorgaben oder Richtlinien wie einen fixen Folgekostenanteil pro gebautem Quadratmeter, sondern ist allgemein gehalten. "So sind wir flexibel und können für jeden Einzelfall die richtige Lösung finden", sagte Hintze (SPD). Die neue Regelung tritt am 1. Januar in Kraft; sie gilt nur für die Bauvorhaben, für die ein neuer Bebauungsplan aufgestellt werden muss. Rechtlich ist es nur möglich, städtebauliche Verträge in Verbindung mit der Schaffung von Baurecht zu schließen. Vorhaben wie das geplante Mehrfamilienhaus auf dem Grundstück der alten Brennerei, für das bereits Baurecht herrscht, sind von der neuen Sobon-Regelung also ausgenommen. Eine erste Anwendung könnte die Regelung auf der Wimmerwiese im Ortsteil Pöring finden: Dort ist ein Wohnareal für etwa 500 Menschen geplant; eine Abschöpfung von etwa einem Drittel der Wohnungen als verbilligten Wohnraum und eine Genossenschaft zur Selbstverwaltung kamen hier bereits bei der Einleitung des Verfahrens im Oktober zur Sprache.

Auch andere Gemeinden im Landkreis versuchen, mit dem Sobon-Modell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und einer Ghettoisierung einkommensschwacher Bewohner entgegenzuwirken. Zuletzt beschloss der Vaterstettener Gemeinderat im Oktober ein detailreiches Gesamtkonzept zur sozialgerechten Bodennutzung. Seitdem müssen auch hier 30 Prozent der Wohnungen sozialen Zwecken dienen. Zudem soll der Bauträger für die Folgekosten eine Quadratmeter-Pauschale von 104 Euro an die Kommune überweisen - oder die notwendige Infrastruktur gleich selber schaffen.

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