Wirte warnen vor Kneipensterben:Die ruinöse Reform

Der Chef vom Forsthaus Sankt Hubertus erwartet große Schwierigkeiten für die Gastronomie durch die höheren Gebühren

Rita Baedeker

Für den heutigen Donnerstag, 6. September, hat der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in München zu einer Demonstration gegen die Tariferhöhung der Gema aufgerufen. Hintergrund des Protestes ist die zum 1. April 2013 geplante Tariferhöhung, die für Hotel-, Restaurant-, Club- und Kneipenbesitzer - sollte sie verwirklicht werden -, den Ruin bedeuten würde. Dies glaubt jedenfalls Adi Warta (Foto: Endt), Wirt vom Schweigerbräu in Markt Schwaben und stellvertretender Vorstand der Dehoga-Kreisstelle Ebersberg.

SZ: Welche Betriebe, auch im Landkreis, sind von der Tariferhöhung betroffen?

Adi Warta: Für Diskotheken und Clubs hat die Reform verheerende Auswirkungen. Aber auch Volksfeste und Schulabschlussbälle wären betroffen. Jeder, der eine öffentliche Veranstaltung hat, muss sich bei der Gema anmelden.

Finden Sie die Gebührenerhöhung ungerecht?

Ich sage ganz klar: Die Gema treibt Gelder für die Urheber von Musikwerken ein. Das ist richtig und geht in Ordnung. Hier aber geht es um eine Erhöhung, die fernab jeglicher Realität ist. Bei Diskotheken und Clubs etwa sind das Preissteigerungen um bis zu 3000 Prozent. Richtig übel daran ist auch, dass der Lokalbesitzer zwar das Recht hat, zu klagen. Bis aber ein Gericht entschieden hat und Rechtssicherheit besteht, muss er erst mal zahlen. Und Sie wissen, wie lange bei uns solche Verfahren dauern können. Bis dahin hat der Wirt das Handtuch geworfen.

Gibt es für Wirte irgendeine Möglichkeit, dem zu entgehen?

Nein, die gibt es nicht. Vielleicht wird er die Getränkepreise erhöhen oder einen Teil der Kosten auf den Eintrittspreis umlegen. Aber Clubs und Diskotheken haben vorwiegend junges Publikum, das nicht so viel Geld in der Tasche hat. Die kommen dann nicht mehr. Dann findet nichts mehr statt. Es kann nicht Sinn einer Tarifänderung sein, dass eine ganze Kultur kaputt geht.

Sind Sie persönlich auch von der geplanten Reform betroffen?

Bei uns gibt es einmal im Jahr ein Waldfest im Forsthaus Hubertus. Wie der Gema-Tarif dafür ausfallen wird, weiß ich jetzt noch nicht. Im Vergleich zu anderen jedoch, etwa einem Lokal wie der Kölsch Bar in Ebersberg, ist das nicht so arg.

Wie kommt man eigentlich auf diese horrenden Summen?

Bisher gab es verschiedene Pauschaltarife der Gema. Jetzt wird jeder Tag, an dem ein Lokal geöffnet hat, einzeln abgerechnet. Zudem gibt es verschiedene Zuschläge auf Zeit und Tonträger.

Klingt eigentlich gerechter.

Nicht, wenn man sich die einzelnen Beispiele anschaut, die unser Verband durchgerechnet hat. Eine Diskothek etwa mit 120 Quadratmetern, mit Musik (nicht live) von 22 Uhr bis fünf Uhr morgens und drei Öffnungstagen hat bisher pauschal etwas mehr als 6 500 Euro im Jahr bezahlt. Nach der Tariferhöhung wären es rund 37 300 Euro. Bei einer Musikkneipe (220 Quadratmeter, Musik von 21 Uhr bis ein Uhr früh, kein Eintritt, sieben Tage geöffnet) betrüge die Steigerung 2 200 Prozent - von rund 2000 auf 46 600 Euro. Die Gema argumentiert, ihre Einnahmen würden durch die Reform nicht höher ausfallen. Ja, warum machen sie es dann? Warum belassen sie es nicht bei den jetzigen Tarifen. Gegen eine moderate Erhöhung wäre ja nichts einzuwenden. Ich wiederhole es noch mal: jeder Urheber soll ordentlich bezahlt werden. Aber es kann nicht sein, dass eine Tariferhöhung mit solch drastischen Auswirkungen durchgeboxt wird, und die Wirte erst mal zahlen müssen, bevor sie vielleicht Recht bekommen. Dann gehen sie nämlich Pleite.

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