Wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen:15 Monate Haft für Altenpflegerin

Das Amtsgericht verurteilt eine 33-jährige Pflegerin zu einer Gefängnisstrafe. Sie soll einer Frau unter anderem die Fuße bewusst mit heißem Wasser verbrüht haben.

Von Jan Linkersdörfer und Wieland Bögel

Ein Jahr und drei Monate muss eine Pflegehelferin ins Gefängnis, die in zwei Altenheimen mehrmals Senioren misshandelt haben soll. Dieses Urteil fällte nach sieben Verhandlungstagen nun das Ebersberger Amtsgericht. Es verhängte außerdem ein dreijähriges Berufsverbot gegen die 33-jährige Angeklagte. Eine Aussetzung der Strafe auf Bewährung schloss das Gericht aus.

Es seien "Taten von extremem Ausmaß", sagte Richterin Susanne Strubl. So soll die Angeklagte vor fünf Jahren in einem Pflegeheim in Dorfen eine Bewohnerin beim Baden mit zu heißem Wasser verbrüht haben. Diese erlitt schwere Verletzungen an den Beinen. Daraufhin wurde der 33-Jährigen gekündigt, sie fand einen neuen Job im Awo-Pflegeheim in Markt Schwaben. Dort soll sie im vergangenen Jahr zwei Bewohnerinnen ins Gesicht geschlagen haben, so dass diese große Hämatome davontrugen. In einer dritten Einrichtung geriet sie in Verdacht, Bewohner bestohlen zu haben, dies war allerdings nicht Inhalt der aktuellen Verhandlung. Dass sie die Seniorin in Dorfen zu heiß gebadet habe, räumte die Angeklagte über ihre Verteidigerin zwar ein, nicht jedoch eine Absicht. Die Pflegerin habe das Badewasser mit der Hand geprüft und für unbedenklich befunden. Dass die Angeklagte, als sie ihren Irrtum bemerkte, die vor Schmerzen schreiende Seniorin nicht sofort aus der Wanne hob, liege daran, dass die Pflegerin mit der Bedienung des Badelifts Schwierigkeiten hatte, so die Advokatin. Die Angeklagte bedaure den Vorfall sehr und habe sich persönlich entschuldigt. Eine Verbindung mit den Vorfällen im Markt Schwabener Heim stritt die Pflegerin komplett ab. Dort hatten Kollegen der Angeklagten bei zwei Bewohnerinnen erhebliche Verletzungen im Gesicht festgestellt. Mit den Worten "wie nach einem Boxkampf" beschrieb einer der Zeugen den Zustand der alten Damen.

Die Seniorinnen selbst konnten wegen Demenz nicht vor Gericht aussagen. Auch andere Augenzeugen gibt es nicht, was auch die Richterin einräumen musste: "Es gibt keinen durchschlagenden Beweis, lediglich Indizien - davon aber viele." Dass die Verletzungen nicht durch Unfälle, etwa Stürze oder Fehler bei der Pflege zustande gekommen sein konnten, stehe nach der Aussage eines Sachverständigen so gut wie fest. Und auch, dass die Angeklagte dafür verantwortlich ist, hielt das Gericht für erwiesen. Denn als einzige Pflegekraft hatte sie immer dann Dienst, wenn es zu Verletzungen bei den Bewohnern kam. Zudem hätten diese Vorfälle begonnen, als die Angeklagte in Markt Schwaben ihre Arbeit begann und aufgehört, als sie entlassen wurde. Auch habe sie sich verdächtig gemacht, indem sie sich weigerte, an einem Gespräch mit Kollegen und Vorgesetzten über die Vorfälle teilzunehmen.

"Wenn ich das alles zusammennehme, gibt es keinen vernünftigen Zweifel an Ihrer Täterschaft", sagte Strubl und verurteilte die 33-Jährige wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und gefährlicher Körperverletzung. Auch den angeblichen Badeunfall wertete das Gericht als Körperverletzung, die Angeklagte hätte wissen müssen, dass das Wasser zu heiß war. Ein Zeuge hatte beschrieben, dass deutlich Dampf zu erkennen war. Dass die Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne, liege auch daran, "dass die Opfer aufgrund ihrer Gebrechlichkeit in besonderem Maße wehrlos und hilfsbedürftig waren". Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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