Wasserburg:Kulissen des Lebens

Skizze der Stadt Wasserburg/Inn von Rainer Devens

"Stadtnotiz" lautet der Titel dieses Acrylbildes, in dem Rainer Devens skizzenhaft den besonderen Charakter Wasserburgs erfasst.

(Foto: Museum Wasserburg/oh)

Das Museum Wasserburg zeigt die Sonderausstellung "Haus und Stadt" mit Werken von Rainer Devens

Von Rita Baedeker, Wasserburg

Das Haus, die vier Wände, in denen ein Mensch lebt, sind vergleichbar mit einer zweiten schützenden Haut. Es ist die private Sphäre, in die normalerweise nur Zutritt erhält, wer eingeladen und willkommen ist. Das Haus, in dem man geboren wird, liebt und leidet, möglicherweise auch stirbt, ist Heim, Rückzugsort, Zuflucht. Wenn der Mensch das Glück hat, in behaglicher, die Geborgenheit fördernder und ästhetisch ansprechender Architektur und einem lebendigen Stadt-Ensemble zu wohnen, kann das sein Wohlbefinden positiv beeinflussen und prägen. Das Haus ist nicht nur das Gebäude, in dem man seine sieben Sachen stehen hat, es ist auch ein Symbol für die eigene innere Befindlichkeit. Nicht umsonst ist mit dem Begriff "unbehaust" nicht das Dasein als Clochard, sondern ein unsicheres ungeborgenes Lebensgefühl gemeint.

Über die vielschichtigen Bedeutungen, die das Haus für die darin wohnenden Menschen hat, macht sich seit vielen Jahren der Wasserburger Maler und Bildhauer Rainer Devens seine Gedanken. Innerhalb von drei Jahrzehnten hat er die Serie "Wasserburger Häuser" geschaffen. Eine weitere, stark reduzierte und abstrakte Werkreihe bezeichnet er als "Hausgedanken". Eine Ausstellung beider Werkzyklen ist von kommenden Dienstag an im Museum Wasserburg zu sehen.

Schon seit den 1990er Jahren interessiert Devens sich für die Details der Architektur. In Wasserburg öffnete sich ihm da eine schier unendliche Fundgrube: schmalbrüstige Bauten am Inn, Bürgerhäuser mit Erkern, Treppengiebeln, Tordurchgängen und teilweise verwitterten Putzschichten in zumeist roten Farbtönen, die sich im Laufe der Tages- und Jahreszeiten verändern, drumherum die Reste der Stadtmauer, enge Gassen und kleine, versteckt liegende Plätze. In Wasserburg haben die Häuser, so wie in anderen alten Städten auch, unverwechselbaren Charakter. Manche wirken streng und zugeknöpft, andere sind üppig dekoriert und bemalt wie Theaterkulissen. Sie altern und verändern sich wie der Mensch, der darin wohnt, wie dieser könnten sie allerhand Geschichten erzählen. Manche werden restauriert und schick herausgeputzt. Wieder andere entsprechen schon lange nicht mehr den Anforderungen, die der Mensch an Komfort, Hygiene und Raum hat. Was für den Touristen ein Fotomotiv ist, mag für den Bewohner, der mit schiefen Wänden, undichten Fenstern und anderem mehr zu tun hat, Hürde und Ärgernis sein.

Devens, Mitglied des Arbeitskreises 68, allerdings interessiert sich in erster Linie für das Verhältnis zwischen Mensch und Haus. Seine Gedanken setzte er in oftmals ausschnitthafte, abstrakte Motive um, in, wie es heißt, "Gedankengebäude, die sich Worten entziehen." Dazu passt auch das gigantische Werk "Im Forst, da wachsen die Häuser", das er für den Skulpturenpfad im Ebersberger Forst geschaffen hat - ein aus leuchtend rot bemalten, nackten Baumstämmen gebildeter Rahmen, der die Form eines typischen Wasserburger Giebels hat. Den Spaziergänger erinnert die Arbeit daran, dass es das lebendige Holz ist, dem er - wenigstens teilweise - sein Dach über dem Kopf verdankt.

Rainer Devens, in Breslau geboren und seit 1945 in Wasserburg ansässig, begann seine Laufbahn als Autodidakt. Neben dem Thema Haus widmet er sich der Porträtmalerei und der Darstellung von Musik im Bild. Auch ein Malerbuch mit dem Titel "Wasserburger Häuser" hat er herausgegeben. In seinen atmosphärisch dichten, meisterhaften Zeichnungen, die ein Gefühl für die lebendige Geschichte von Haus und Stadt vermitteln, erkennt der Besucher Wasserburgs einzelne Bauten und Fassaden ebenso wieder wie die typische Bauweise der Inn-Architektur und den mittelalterlichen Städtebau, für den diese Stadt beispielhaft ist.

Vernissage der Ausstellung "Haus und Stadt" mit Werken von Rainer Devens ist am Dienstag, 18. Oktober, um 19.30 Uhr im Museum Wasserburg. Dauer: bis 6. Januar. An den Sonntagen 30. Oktober, 13. November und 4. Dezember, wird Devens jeweils um 14.30 Uhr persönlich durch die Ausstellung führen. Weitere Führungen für Gruppen können telefonisch unter (08071) 92 52 90 gebucht werden. Für Schulklassen gibt es ein museumspädagogisches und kreatives Programm, zu dem eine Lehrerfortbildung sowie die Veranstaltungen "Haus am See"und "Haus im Porträt" (ab 3. Klasse) gehören. Mehr zum Programm erfährt man im Internet unter www.museum-wasserburg.de

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