Wahlkampf:Loblied auf die Union

Edmund Stoiber plaudert mit dem Publizisten Wolfram Weimer über politische Streitfragen, Fußball und sich selbst

Von Sara Kreuter

Wahlkampf: Wild gestikulierend, die Augen strahlend. Man merkt es ihm deutlich an: Edmund Stoiber (rechts) liebt es im Mittelpunkt zu stehen. Moderator Wolfram Weimer wird zum Stichwortgeber. Foto: Endt

Wild gestikulierend, die Augen strahlend. Man merkt es ihm deutlich an: Edmund Stoiber (rechts) liebt es im Mittelpunkt zu stehen. Moderator Wolfram Weimer wird zum Stichwortgeber. Foto: Endt

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Ein kleines Geständnis von einem großen Mann: als Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber auf die Frage, ob er jemals etwas anders, als die CSU gewählt habe, kurz stockt, ist klar: Rausreden kann er sich nicht mehr. Und so bekennt er, auf kommunalpolitischer Ebene den ein oder anderen sympathischen Handwerksmeister, "der sich in der SPD verirrt hat", gewählt zu haben. Ansonsten ist er natürlich "Überzeugungstäter"; an seine CSU, so scheint es, kommt niemand heran.

Über Persönliches wie dieses, aber auch um bundespolitische Streifragen wie Bildungspolitik, die NSA-Affäre und Arbeitslosigkeit, geht es bei der Veranstaltung "Stoiber im Gespräch". Die CSU-Kreisvorsitzende Angelika Niebler und Christa Stewens, Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, hatten zu dem Polittalk in die Stadthalle Grafing eingeladen. Stoibers Berühmtheit soll den Wahlkampf von Landtagskandidat Thomas Huber und Bundestagskandidat Anreas Lenz unterstützen. Rund 150 Gäste sind gekommen.

Ein Loblied auf die Arbeit der Union bestimmt den Tenor der Veranstaltung. Mit dem Moderator Wolfram Weimer, Publizist und ehemaliger Chefredakteur von Welt, Berliner Morgenpost und Focus, spricht Stoiber über Gott und die Welt. Wenn er so auf der Bühne sitzt, voller Elan, wild gestikulierend, die Augen strahlend - dann wird deutlich: er liebt es immer noch. So richtig konnte sich Stoiber nie von der Politik verabschieden. Hat er sich auch nicht, wie er betont. Schließlich zieht er - neben seiner Arbeit als EU-Entbürokratisierer - durch die Stadthallen und Bühnen Bayerns und macht Wahlkampf. "Mit Verlaub", schmunzelt er, "wo ich bin, wird's voll".

Das aktuelle Umfragehoch lässt natürlich hoffen, trotzdem sei die Bundestagswahl noch lange nicht entschieden, erklärt Stoiber. Während es früher viele "Stammwähler" gegeben habe, "entscheiden sich heute viele erst ganz knapp". Außerdem könnten Kanzlerkandidat Per Steinbrück und "rot-rot-grün" der Union immer noch gefährlich werden. Als er nach dem Phänomen Angela Merkel gefragt wird, die Weimer zufolge "über allem schwebt", wird Stoiber deutlich. "Sie ist völlig uneitel und absolut affärenfrei, außerdem fleißig", lobt er. Deutschland könne auf enorme Erfolge zurückblicken. "Es gibt mehr Obdachlose in Athen als in ganz Deutschland."

Stoiber überzeugt mit seinen Überzeugungen, auch wenn er dabei nicht immer auf die Fragen seines Gegenübers eingeht. "Demokratie braucht eine starke Opposition", eine Weisheit, die beim Publikum gut ankommt. Ob die kommende Bundestagswahl wohl die unwichtigste in der Geschichte der BRD werde?, fragt Weimer. "Ähm, also", beginnt Stoiber, bastelt sich eine Antwort zusammen. Schnell ist das Thema gewechselt: "An den italienischen Schulden ist die italienische Regierung schuld", posaunt er. Die Zuhörer applaudieren. Dieser Mann hat Charisma, das Publikum zieht er in seinen Bann. Wem schaden schon die kleinen Holprigkeiten; Sätze, die plötzlich abgebrochen werden. Und als Stoiber vom 9. September spricht, dem Tag, der "die Welt veränderte", zieht Weimer lediglich eine Augenbraue fragend nach oben. Schließlich geht es ums Prinzip. Terrorschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das müsse gut abgewogen werden. "Wenn das so ist, wie Snowden das darstellt, dann geht das natürlich nicht", entrüstet sich Stoiber. Dann eine überraschende Erkenntnis: "Ich habe gegen Hausfriedensbruch promoviert." Deshalb kann er sich wohl als Fachmann auf dem Gebiert der Sicherheit im Netz ausgeben.

Stoiber redet sich zunehmend in Fahrt, bringt die Zuhörer zum Lachen. Selbst Weimer muss ein kleines Lächeln verbergen. Ob eine Koalition mit den Grünen eine Option nach der Bundestagswahl sei? Nach einer Ausführung über die Gründen im Allgemeinen und Kretschmann im Besonderen befindet Stoiber: "Das macht keinen Sinn. Da haben die Grünen für mich einen Vogel." "Wie geht das eigentlich mit Lewandowski aus?", fragt Weimer, ein überraschender Themenwechsel. "Der wird nächstes Jahr kommen", bestimmt Stoiber. Im Anschluss wird den Gästen Raum für Fragen gegeben. Eine kleine Debatte über Bildungspolitik entsteht, später porträtiert Stoiber sich selbst: "Man wir im Alter ja immer ein bisschen langsamer, lethargischer. - Aber soweit bin ich noch nicht."

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