Viel Jubel für 30. Inszenierung:Heile Welt am Weiher

Viel Jubel für 30. Inszenierung: Die "Glücksritter" feiern in Markt Schwaben eine gelungene Premiere.

Die "Glücksritter" feiern in Markt Schwaben eine gelungene Premiere.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Die "Glücksritter" feiern in Markt Schwaben eine gelungene Premiere. Die ernste Flüchtlingsthematik wird mit bairischen Gstanzln und Italo-Schmelz aufgebrochen - außerdem gibt es ein Happy End

Von Ulrich Pfaffenberger

Ein Bühnenstück, bei dem man erst dann auf die Uhr schaut, wenn der letzte Applaus verklungen ist, ist ein gutes Stück. Ganz im Sinne des Goetheschen Vorspiels zum Faust: "So schreitet in dem engen Bretterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus und wandelt mit bedächt'ger Schnelle vom Himmel durch die Welt zur Hölle!" So geschah's dem Großteil der Zuschauer am Donnerstagabend bei der Premiere der diesjährigen Weiherspiele, die sich "Die Glücksritter" zum Thema genommen haben und diesen mehrdeutigen Terminus auch in mehrfacher Perspektive betrachten.

Auch bei der 30. Inszenierung zündet dabei das Markt Schwabener Erfolgsrezept: Man kombiniere die holzschnittartigen, gleichwohl bewährten Elemente des bayerischen Volkstheaters mit fröhlich-eingängigen Melodien, etwas Exotik und der Atmosphäre des Weihers - und das Publikum freut sich. Kleine Wortspiele zwischendurch, eine Prise Dialektgaudi, etwas Lokalsatire und zusätzlich das gutnachbarliche Verhältnis zwischen Bürgern auf der Bühne und Bürgern auf den Rängen verleihen dem "Seestück" zusätzliche Würze. Das gelingt mal mehr, mal weniger; dieses Jahr ist es mehr gelungen.

Das liegt nicht nur am aktuellen Bezug. Dass in einem bayerischen Dorf ein Floß mit Bootsflüchtlingen aus Afrika strandet, ist zwar unwahrscheinlich. Andererseits: Ein geistreicher Ansatz "Was wäre wenn . . .?" Die im Libretto von Josef Schmid vielschichtig angelegten Verwicklungen auf kirchlicher, politischer, sozialer und familiärer Ebene lassen jeden spüren, wie klein der Abstand zwischen heiterem Bühnenstück und tragischer Wirklichkeit ist. Gerade beim Verschiebespiel mit den Flüchtlingen wird sichtbar: Hier ist es ein Scherz, dort ein Schrecken. Vor allem die verschiedenen Vorurteile, die im Stück für den Spannungsbogen sorgen, machen den erlebten Alltag ja so mühsam - und gehen meistens, anders als am Weiher, nicht in einem "Happy End" auf. Dort sorgt der Afrika-König mit seiner Entwicklungshilfe für den Landkreis-Kindergarten für den ersten Lacher und mit seinem Kommentar "I bin der Massamba und do bin i dahoam" für den zweiten.

Was zeichnet die diesjährigen Weiherspiele noch aus? Zu allererst die musikalische Qualität: Sie erhebt sich deutlich über die Vorjahre. Mit Elke Deuringer als umnachteter Fürstin-Sängerin verfügt das Ensemble über eine Solistin von tragender Kraft und starkem Ausdruck. Ihre Auftritte ergreifen das Publikum. Fritz Humpelmayr legt als Obdachloser mit seinem "Seppi-Rap" einen Ohrwurm hin, der das Zeug zu einem echten Hit hat. Seine Auftritte reißen das Publikum mit. Franz Stetter als kauziger, argwöhnischer Schwanenwirt serviert mit fester Stimme die pointierten Gstanzl fürs bayerische Ambiente. Seine Auftritte erfreuen das Publikum. Maurizio Cecchin schließlich, der mit Italo-Schmelz in der Stimme und fast schon koboldhafter Frechheit im Spiel den Dorfpfarrer Don Gennaro zur zentralen Figur des Abends macht - ihn liebt das Publikum. Dazu kommt eine Regie, die mit den drei vorhandenen Spielflächen klug und dramaturgisch geschickt arbeitet. Die Wechsel überzeugen, kleinere logische Lücken in der Handlung werden souverän weggespielt. Mitunter blitzen gar Zitate aus der Hochkultur der Bühnenliteratur auf, etwa wenn Don Gennaro im Traum hin und her gerissen ist zwischen Engel und Teufel. Oder wenn die Obdachlosen bei der Speisung im Kloster zu "Rittern der Tafelrunde" mutieren.

Überzeugend ist letztlich auch der Aufwand, den der Theaterverein betreibt, um optische Akzente zu setzen. Zwischen vertrauten, immer wieder neu kombinierten Bühnenbauten von Sepp Ingerl, Bruno Kukla, Andreas Stolze und Felix Zeilhofer (sehr gelungen: die Ortskirche St. Margareth) ziehen dabei stets die Wasserfahrzeuge Aufmerksamkeit. War mancher Stammbesucher in diesem Punkt angesichts des spartanischen Floßes zu Beginn etwas enttäuscht, löste das königliche Wasserflugzeug, detailgenau von Anton Angermair konstruiert und gebaut, einen wahren Jubelsturm aus. Sogar fürs gekonnte Anlegemanöver des Fliegers gab es Szenenapplaus.

Unfreiwillig stand am Donnerstagabend Ebersbergs Landrat Robert Niedergesäß im Mittelpunkt, der seinem Rollenträger im Stück zur Erheiterung des Publikums im ausverkauften Rund den Namen überlassen musste. Allerdings, so Spielleiter Schmid, nur für die Premiere. Danach ist auch in diesem Punkt wieder heile Welt am Weiher.

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