Verkehr:Ebersberg macht mobil

Die Zahl der Pendler im Landkreis steigt stetig an, auch die Autos werden immer mehr

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wer mal wieder Lust verspürt auf eine ebenso abendfüllende wie kontroverse Debatte, der braucht eigentlich nur ein Wort zu sagen: Umgehungsstraße. Ob es um geplante Trassen, wie in Forstinning oder in Vaterstetten, um gewünschte, wie in Kirchseeon, oder um Sinn und Unsinn bereits fertiggestellter, etwa in Ebersberg, geht, sofort melden sich Gegner wie Befürworter zu Wort, wiegen Flächenfraß gegen Verkehrschaos, Umweltbelastung gegen Anwohnerentlastung auf. Die Ursache des Grundproblems, der stetigen Zunahme des Autoverkehrs, ist dabei allerdings nur selten ein Thema. Aufschluss gibt darüber nun eine aktuelle Studie des Planungsverbandes Äußerer Wirtschaftsraum München (PV).

Untersucht wurde dabei unter anderem die Zahl der Pendler im Landkreis Ebersberg - und die geht steil nach oben. Dies betrifft sowohl die Auspendler, die also im Landkreis wohnen, aber anderswo arbeiten, wie auch die Einpendler, die aus anderen Landkreisen nach Ebersberg zum Arbeiten kommen. So hatten im Jahr 2005 noch 29 542 Landkreisbürger einen Job außerhalb des Kreises, zehn Jahre später waren es bereits 38 048, was einer Erhöhung um gut 28,8 Prozent entspricht. Ebenfalls im gleichen Zeitraum gestiegen ist die Zahl der Einpendler um 4453 oder 27,5 Prozent, sowie die Zahl der Binnenpendler, die zwar Job und Wohnort im Landkreis Ebersberg haben, aber nicht in der selben Kommune. Hier stieg die Zahl in zehn Jahren auf 9107 im Jahr 2015, im Jahr 2005 waren es 2161 weniger, was einem Anstieg um knapp 31 Prozent entspricht.

Ein Teil dieser Steigerung hat sicher mit dem allgemeinen Bevölkerungswachstum im Landkreis Ebersberg zu tun - aber eben nur ein Teil. So wuchs die Zahl der Ebersberger zwischen 2005 und 2015 zwar kräftig, von 124 000 auf 137 000. Dies sind mehr als zehn Prozent Zuwachs, die Zahl der Erwerbstätigen im Landkreis stieg im Vergleichszeitraum sogar um 14 Prozent auf knapp 55 000 - beides durchaus beachtlich, aber eben deutlich weniger, als der Zuwachs bei den Pendlern.

Zwei Faktoren dürften für diese unterschiedliche Entwicklung verantwortlich sein. Zum einen die Fluktuation der Bewohner. Laut Statistik sind zwischen 2005 und 2015 landkreisweit 14,7 Prozent der Bevölkerung zu- oder weggezogen. Am höchsten war der Wert mit 19,4 Prozent in Kirchseeon, am niedrigsten in Emmering, wo 2015 noch 90 Prozent der Einwohner lebten, die dort schon 2005 wohnten. Auch woher und wohin die Landkreisbürger ziehen wurde untersucht. So kamen etwa im Jahr 2015 insgesamt 2508 Neu-Ebersberger aus München, 1421 Landkreisbürger zogen in die Landeshauptstadt um. 1851 Zuzüge gab es aus der Region München, in umliegende Landkreise zog es 1611 Ebersberger. Aus dem Rest des Landes gab es 6310 Zuzüge, Wegzüge ins übrige Bayern oder Deutschland wurden 5188 verzeichnet. Außerdem wechselten 2372 Ebersberger ihren Wohnort innerhalb des Landkreises. Anzunehmen ist nun, dass viele zwar ihren Wohn- aber nicht den Arbeitsort wechselten.

Der zweite Grund für die überdurchschnittliche Pendlerzahl dürfte in der sehr unterschiedlichen Arbeitsplatzdichte im Landkreis und der Region liegen, also dem Verhältnis zwischen der Zahl der Einwohner und der Jobs in einer Kommune. Durchschnittlich gibt es im Landkreis Ebersberg 274 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze pro 1000 Einwohner. Doch während in der Kreisstadt 435 Jobs auf 1000 Bewohner kommen und in Poing immerhin noch 393, sind es ausgerechnet in der einwohnerstärksten Gemeinde, in Vaterstetten, gerade einmal 258. In Pliening sind es nur 214, in Kirchseeon 203 und in Grafing sogar nur 201 Arbeitsplätze pro 1000 Bewohner. Dagegen warten gleich hinter der Landkreisgrenze reichlich Jobs, so etwa in Grasbrunn, wo pro 1000 Einwohner 554 Arbeitsplätze gezählt wurden, oder in Kirchheim, dort liegt der Wert sogar bei 566.

Auch darüber, wie die Pendler aller Wahrscheinlichkeit nach ihren Arbeitsplatz erreichen, gibt die Statistik einen Anhaltspunkt. Zwischen 2008 und 2015 - wegen einer Umstellung der Zählweise sind die Daten davor nicht vergleichbar - wuchs der Fuhrpark der Landkreisbürger stark. Kamen 2008 noch 522 Personenautos auf 1000 Ebersberger, waren es sieben Jahre später bereits 550. In absoluten Zahlen ist das eine Steigerung um gut 9000 auf 75 350. Auch die Zahl der sonstigen Kraftfahrzeuge ist gestiegen, von 15 000 auf 18 200. Bayernweit liegen die Ebersberger zwar noch etwas unter dem Durchschnitt - der liegt bei 732 Kraftfahrzeugen und bei 578 Personenwagen pro 1000 Einwohner - für die Region München sind die Landkreisbürger dagegen eher übermotorisiert. In der Landeshauptstadt und den umliegenden Kreisen kommen lediglich 640 Kraftfahrzeuge beziehungsweise 535 Personenautos auf 1000 Einwohner.

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