Vaterstetten/Grasbrunn:Musikalische Gesten der Zärtlichkeit

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Drei Weltklasse-Solisten im Trio vereint: die Geigerin Lisa Batiashvili, die Pianistin Milena Chernyavska und der Cellist Sebastian Klinger im Bürgerhaus Neukeferloh. (Foto: Jonas Kvarnström/oh)

Mit erlesenen Werken und grandioser Musikalität versetzen Lisa Batiashvili, Milena Chernyavska und Sebastian Klinger das Publikum in Begeisterung

Von Claus Regnault, Vaterstetten/Grasbrunn

Die zu Berühmtheit gelangten Solisten Lisa Batiashvili, Violine, Sebastian Klinger, Violoncello, und Milana Chernyavska, Klavier, bedachten den brechend vollen Saal des Bürgerhauses Neukeferloh mit ihrer bezwingenden Kunst. Dieses Solistentrio zu engagieren, hatte den künstlerischen Leiter der Rathauskonzerte Vaterstetten, Kurt Schneeweis, acht Jahre intensiver "Werbung" gekostet. Aber der Einsatz war aller Mühen wert.

Die Musiker hatten ein Programm seltener Qualität zusammengestellt, welches - so der Eindruck - nicht jedem Abonnenten zu Pass kam, fehlte doch die vertraute Frühlingssonate von Beethoven. Stattdessen gab es zweimal Debussy und zweimal Prokofjew sowie nach der Pause das halbwegs vertraute Klaviertrio Nr. 4e-moll op. 90, das "Dumky-Trio" von Antonín Dvorák. Es wurde ein denkwürdiges Konzert, nicht nur wegen der seltenen Programmwahl, sondern vor allem auch wegen der exzellenten Qualität der beteiligten Musiker.

Claude Debussy, der sich selbst als "compositeur français" betitelt hatte, um damit seine Abkehr von der damals tonangebenden, nach-wagnerischen Spätromantik und ihrer Emotionalität zu dokumentieren, hat kurz vor seinem tragischen Lebensende 1918 in den Jahren 1915 bis 1917 eine Solosonate für Violine und Klavier und eine für Violoncello und Klavier komponiert. Es sind Werke seines Spätstils, in welchem er zu Gunsten prägnanterer Thematik seine vom Impressionismus eines Dichters wie Stephane Mallarmé stark beeinflusste Kunst der Farbkompositionen überwindet. So ist vor allem sein letztes Werk, die Violinsonate, eine Musik zärtlicher musikalischer Gesten.

Die ein Jahr früher entstandene Cellosonate ist dem gegenüber strenger und motivisch konsequenter, hörbar von Debussys Neigung zu den französischen Komponisten des 18. Jahrhunderts, vor allem von Couperin und Rameau geprägt. Die Solisten brachten beide Stücke nicht nur stilsicher und tonschön zur Geltung - Lisa Batiashvili mit berührender Innigkeit, Klinger mit leidenschaftlichem Ausdruck. Zwischen die beiden Debussys brachte Batiashvili zwei Stücke von Prokofjew, den Walzer aus dem Ballett "Cinderella" und vor allem den bekannten Marsch aus der "Liebe zu den drei Orangen", in welchem sie zeigte, zu welchem fulminant explosiven Temperament sie fähig ist.

Nach der Pause vereinigten sich die Musiker zum Klaviertrio - die fabelhafte Pianistin Chernyavska hatte schon bei der Begleitung der Sonaten ihre technische Präsenz und ihre herausragende Einfühlsamkeit, insbesondere in der Gestaltung der Übergänge, bewiesen. Und so erlebte man dieses herrliche Werk Dvoráks in einer schlechthin maßstäblichen Interpretation. Dvorák hat hier weniger ein übliches Klaviertrio als vielmehr eine Folge von sechs Tänzen geschrieben, die nach Art einer ukrainischen Dumka zwischen langsam-schwermütigen und schnell-ausgelassenen Charakteren wechseln. Die meisten dieser Sätze hat er dem von ihm geliebten Cello anvertraut, welches hier mit Klingers Kunst seine große gesangliche Qualität entfalten darf. Singen darf natürlich auch die Violine, vor allem im letzten der sechs Tänze. Insgesamt überwog auch bei diesem Dvorák das Gefühl der Zärtlichkeit, dank der Verwendung heimischer Folklore auch das Gefühl von Heimat.

Danach hielt es das Publikum nicht länger in abonnementtypischer Sparsamkeit beim Applaus, es brach in hellen Jubel aus mit der Folge, dass der schnelle DumkySatz Nummer 5 als Zugabe wiederholt wurde - leidenschaftlicher und erneut virtuoser Ausklang eines ganz großen Musikabends.

© SZ vom 05.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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