Vaterstetten/Ebersberg:Haltung bewahren

Autofahren im Alter

Mit zunehmendem Alter werden viele Autofahrer unsicherer im Verkehr. Auffrischungskurse helfen.

(Foto: Felix Kästle/dpa)

Ältere Autofahrer sind im Landkreis überdurchschnittlich häufig in Unfälle verwickelt. Auch, weil die körperliche Fitness für die sichere Teilnahme am Straßenverkehr fehlt. Die Polizei plädiert für regelmäßige Auffrischungskurse

Von Johannes Hirschlach, Vaterstetten/Ebersberg

Im Zuständigkeitsbereich der Polizeiinspektion Ebersberg sind 2015 ähnlich viele Senioren für Autounfälle verantwortlich gewesen wie die als risikobehaftet geltende Gruppe der Fahranfänger zwischen 18 und 25. Das stellte der Ebersberger Hauptkommissar Dirk Anders fest. In diesem Zeitraum registrierte die Polizei 94 Unfälle, in die Fahrer verwickelt waren, die 67 Jahre und älter waren. Aufgefallen ist den Beamten darüber hinaus die mit 30 Vorkommnissen relativ hohe Anzahl an Unfallfluchten. "Das Verhalten nach dem Unfall ist ein anderes als bei den Jungen", sagt Anders. Die Relation bei diesen betrug für das vergangene Jahr 81 zu 13. Bei der Polizeiinspektion in Poing wurden für den selben Zeitraum 104 von Senioren verursachte Unfälle registriert, hier liegt die Altersgrenze bei 65 Jahren aufwärts. Zu Todesfällen kam es nicht.

Damit sich Rentner weiter sicher im Straßenverkehr bewegen, hat der Beirat für ältere Bürger in Vaterstetten eine Veranstaltung mit Klaus Ernst von der Fahrschule Ernst & Mertens organisiert. "Es geht darum, die älteren Herrschaften für die aktuellen Begebenheiten sensibel zu machen", sagt Beiratsvorsitzender Günther Koch. Diese will Ernst am Donnerstagabend auf den aktuellen Stand der Straßenverkehrsordnung bringen. "Ich mache so etwas jetzt zum zweiten Mal", sagt Ernst. Eine ähnliche Veranstaltung vor zwei Jahren sei auf große Nachfrage gestoßen. "Dabei haben wir auch den Schulterblick geübt und festgestellt, wie schwierig das im Alter sein kann", erklärt der Fahrlehrer. So seien gesundheitliche Einschränkungen unter Umständen eine Gefahr für alle Beteiligten. Vermeiden ließe sich das durch regelmäßige Arztbesuche, bei denen die Verkehrstauglichkeit überprüft werden könne. Fahrschulkurse für Senioren hält Anders für sinnvoll. "Das wäre sehr wünschenswert", sagt er.

Die Fahrschulen im Landkreis bieten bislang ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Angebot an Seniorenstunden an. Bei Fahrlehrer Christian Schober aus Markt Schwaben sind Schüler im Rentenalter eine Seltenheit, "manchmal sind da Leute dabei, die der Arzt geschickt hat", sagt er. Mehr als zwei oder drei im Jahr seien es aber nicht. Ähnliche Zahlen verzeichnet Christian Marchio, Inhaber der "Fahrschule Christian" in Glonn. "So mancher Senior kommt schon mal, der sich fragt, ob es bei ihm noch mit dem Fahren geht." Da im Laufe der Jahrzehnte viele Verkehrsregeln geändert oder neu eingeführt wurden, mache das auch Sinn. "Wenn da allerdings ein Fahrlehrer sitzt, der halb so alt ist wie man selbst", sagt Marchio, sei die Bereitschaft, etwas anzunehmen, jedoch nicht immer gegeben.

Stärker auf ältere Kunden vorbereitet hat sich der Grafinger Fahrschulinhaber Dieter Kleinjung. Theoriestunden in Kooperation mit der Senioren-Union Ebersberg hat der Unternehmer bereits gehalten. "Die sind sehr gut angenommen worden." Für Praxisstunden hat Kleinjung mit Erwin Rauscher sogar einen Spezialisten im Team. "Meine Ausbildung geht in Richtung Stressreduzierung, damit man nicht verkrampft am Steuer sitzt", sagt Rauscher. "Wenn man die Körperhaltung ändert, wandelt das die ganze Einstellung." Älteren Autolenkern könne das helfen, in hektischen Situationen ruhig zu bleiben. Was alle Fahrlehrer beobachten: Häufig seien die Schüler Seniorinnen, die seit Jahrzehnten nicht mehr hinter dem Steuer saßen. "Oft war es der Ehepartner, der gefahren ist und jetzt nicht mehr kann", sagt Fahrschulbesitzer Mike Kliese aus Ebersberg. Eine Frauenquote von rund 90 Prozent habe er unter seinen Seniorenschülern.

Pflicht ist das aber nicht. Ohne schwere Vergehen im Straßenverkehr gilt der Führerschein ein Leben lang - wenn er nicht freiwillig zurückgegeben wird. Bei der Ebersberger Führerscheinstelle kommt das selten vor. Lediglich eine drohende Überprüfung der Fahreignung führe in etwa 20 Fällen jährlich zu einer Rückgabe, heißt es aus dem Landratsamt. Dazu kommt es, wenn der Autofahrer im Verkehr auffällig ist. Dann kann die Polizei einen Test anordnen. Als Fahrlehrer könne man indes nur einen Anstoß leisten sowie den Rentnern ein objektives Feedback geben, sagt Fahrlehrer Erwin Rauscher. Um die Sicherheit auf Deutschlands Straßen zu erhöhen, plädiert Dirk Anders für altersunabhängige Auffrischungstests für Autofahrer. "Wenn das zur Selbstverständlichkeit wird", sagt er, nehme man eine solche Überprüfung auch im Alter besser an.

Die Informationsveranstaltung des Beirats für ältere Bürger findet am Donnerstag, 22. September, von 19 Uhr an im Offenen Haus der Awo, Johann-Sebastian-Bach-Straße 30, in Vaterstetten statt.

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