Vaterstetten:Wintergarten muss weg

Verwaltungsgericht; Vaterstetten, Primelstraße, wegen Wintergarten, 20. 7. 2016

Der Wintergarten steht seit einem Vierteljahrhundert zu nahe am Nachbargrundstück. Jetzt muss er weg.

(Foto: Bögel)

Weil der neue Nachbar sich daran stört, muss ein Vaterstettener nach 25 Jahren seinen Anbau abreißen

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Dass Glück mindestens ebenso zerbrechlich ist wie Glas, hat das Verwaltungsgericht in Vaterstetten einmal mehr bestätigt. So muss ein gläserner Anbau nach 25 Jahren nun wohl verschwinden. Besonders glücklich ist der Eigentümer darüber wohl nicht.

Das Problem mit dem nur wenige Quadratmeter großen gläsernen Vorbau ist, dass es nicht nur keine Genehmigung dafür gibt, sondern auch, dass es keine geben kann. Denn der Wintergarten aus dem Jahr 1990, so winzig er auch ist, liegt innerhalb der frei zu haltenden Abstandsflächen zum Nachbargrundstück. Möglich ist der Anbau in einem solchen Fall aber trotzdem, wenn etwas zur Anwendung kommt, was die Vorsitzende der Kammer, Cornelia Dürig-Friedl als "die übliche Wintergarten-Praxis" bezeichnete. Was bedeutet: Solange der Nachbar nichts dagegen hat, kann der Anbau stehenbleiben." Und genau das ist das zweite Problem mit dem Wintergarten. Die früheren Nachbarn hatten nichts dagegen einzuwenden, doch nach deren Wegzug und der Neubebauung des Grundstücks nebenan, hat sich das zuvor wohl ganz anständige nachbarliche Verhältnis offensichtlich sehr verschlechtert. Dass er mit seinem Nebenwohner gar nicht klar kommt, daraus machte der Wintergartenbesitzer keinen Hehl.

Die beiden hatten das Verwaltungsgericht bereits einmal beschäftigt, damals ging es um eine Gabionenwand an der Einfahrt des neu zugezogenen Nachbarn. Das Gericht urteilte damals, dass die Wand ein Stück zurückgebaut werden muss; nicht auszuschließen, dass die Beschwerde gegen den Wintergarten eine Reaktion darauf ist. Jedenfalls hat sich der neue Nachbar bei der Gemeinde nun über den Wintergarten beschwert. Das Bauamt tat daraufhin, was es "leider tun musste", wie Rigo Kurtz vom Bauamt erklärte - den Abriss fordern. Gegen die sogenannte Beseitigungsanordnung erhob der Eigentümer Klage beim Verwaltungsgericht.

Bei der Verhandlung zeigte er sich zunächst darüber verwundert, dass die Gemeinde an der Verfügung festhalte. Denn er habe sich vor einiger Zeit an Bürgermeister Georg Reitsberger gewandt. Der habe versichert, mit dem Nachbarn sprechen zu wollen. Ob er das getan habe, und mit welchem Ergebnis, dazu wusste Kurtz nichts zu sagen, war sich aber sicher, dass im Bauamt keine weitere Erklärung des Nachbarn eingegangen sei, nach welcher er den Wintergarten dulde.

"Es ehrt Sie, dass Sie in die Möglichkeiten des Bürgermeisters vertrauen", sagte die Vorsitzende, "aber zwingen kann er auch keinen". Dürig-Friedl machte klar, dass die einzige Möglichkeit, den Wintergarten zu retten, eine schriftlich bei der Gemeinde hinterlegte Einwilligung des Nachbarn sei. Da es eine solche nicht gebe, sei die Abrissverfügung weiter gültig. Sie empfahl dem Wintergartenbesitzer die Klage zurückzunehmen, sie habe keine Aussicht auf Erfolg. "Das habe ich auch nicht anders erwartet, aber es ärgert mich natürlich", so der Kläger, "ich tue ihn weg." Auch die Klage werde er zurückziehen - kündigte aber an, dass das Gericht vielleicht demnächst wieder zu Besuch kommen könnte - er überlege nämlich "diverse Dinge" am Nachbarhaus juristisch prüfen zu lassen.

Die Kammer wies darauf noch auf die Möglichkeit einer gütlichen Einigung hin: Mit dem Abriss kann sich der Kläger bis Mitte November Zeit lassen. Falls der Nachbar bis dahin erklärt, den Anbau zu dulden, kann der Wintergarten stehen bleiben. "Sie müssen dazu ja nicht Hand in Hand ins Rathaus kommen, wenn Sie nicht miteinander können", so die Vorsitzende.

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