Vaterstetten:Wenn die Goaßl an der Deckenlampe hängen bleibt

Vaterstetten: Weil sich weder Ehrengast Angelika Niebler (weiße Bluse) noch die übrigen 300 Zuschauer im Vaterstettener Seniorenwohnpark über Peitschenstriemen gefreut hätten, mussten die Bergangerer Goaßlschnalzer während ihrer beiden Auftritte am Freitagabend besonders filigran zu Werke gehen.

Weil sich weder Ehrengast Angelika Niebler (weiße Bluse) noch die übrigen 300 Zuschauer im Vaterstettener Seniorenwohnpark über Peitschenstriemen gefreut hätten, mussten die Bergangerer Goaßlschnalzer während ihrer beiden Auftritte am Freitagabend besonders filigran zu Werke gehen.

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Beim Vaterstettener Neujahrsempfang macht Bürgermeister Georg Reitsberger deutlich, dass sich die Gemeinde finanziell weiterhin zurückhalten muss. Krachen lassen es im engen Festsaal nur die Trachtler. Und wie.

Von Korbinian Eisenberger, Vaterstetten

Für Angelika Niebler und Gatte Michael waren die besten Plätze reserviert, vorne in der ersten Reihe. Als sich aber ein Mann mit Fuhrmannspeitsche vor den Nieblers auf einen Stuhl stellte und mit seiner Goaßl ausholte, da mochte man kurzzeitig nicht mehr mit der Vaterstettener Europaabgeordneten Platz tauschen.

In geschlossenen Räumen schnalzen Goaßln besonders intensiv, und die Bergangerer Goaßlschnalzer ließen es entsprechend krachen. Angelika Niebler zuckte erst zusammen, dann zückte die CSU-Politikerin das Smartphone und sammelte Erinnerungen. Kein Gast bekam eine übergezogen, dafür erwischte es eine Deckenlampe.

Es ging halt auch dieses Jahr recht eng her beim Neujahrsempfang der Gemeinde Vaterstetten. Wie immer in den vergangenen Jahren hatte die Gemeinde am Freitagabend den Seniorenwohnpark auserkoren, im Festsaal war ein Klavier aufgebaut, Anja Feigl und Sarah Haiber von der Vaterstettener Musikschule spielten in den Pausen, wenn niemand sprach und keine Goaßl schnalzte.

Vaterstetten: Mei, so einen Bürgersaal könnten sie in Vaterstetten auch brauchen: Rathauschef Georg Reitsberger hielt seine Rede wieder auf recht engem Terrain.

Mei, so einen Bürgersaal könnten sie in Vaterstetten auch brauchen: Rathauschef Georg Reitsberger hielt seine Rede wieder auf recht engem Terrain.

(Foto: Christian Endt)

Bürgermeister Georg Reitsberger (Freie Wähler) zog zur Halbzeit seiner Amtszeit eine durchwachsene Bilanz. "Nachverdichtung vor Neuausweisung war über Jahre die Devise", sagte Reitsberger in seiner Rede, dieser Marschroute seien aber "die Grenzen aufgezeigt" worden.

Vaterstetten hat ein Platz- und Geldproblem, nicht erst seit den Wahlen

Vaterstetten hat ein Platz- und Geldproblem, das wissen sie im Ort nicht erst, seit Reitsberger im Oktober 2013 die Geschäfte aufgenommen hat. Nur zu gerne würde der Rathauschef die Gäste des Neujahrsempfangs in einen Bürgersaal einladen, wo sich die Leute nicht bis ins Foyer des Festsaals drängen müssen, wie am Freitagabend im Seniorenwohnpark. Einen Bürgersaal, wie ihn die meisten Gemeinden haben, wünschen sie sich in Vaterstetten schon lange, nur weiß niemand, von welchem Geld das Ganze bezahlt werden soll. Finanzielle Lage? "Wir leben von der Hand im Mund", sagte Reitsberger dazu.

Der Bürgermeister lächelte die gut 300 Besucher dennoch an, betonte, wie attraktiv und lebenswert seine Gemeinde durch Kindergärten, Musikschule und VHS, Bücherei und Schwimmbad sei. Er sagte aber auch, dass es einen "massiven Mangel" an Krippenplätzen gebe, und Personalengpässe bei den Trägern. Erziehergehälter, das ist bekannt, reichen kaum mehr aus, um sich das Leben in einem Landkreis wie Ebersberg zu leisten. Darauf, so Reitsberger, müsse die Gemeinde "mit großen finanziellen Anstrengungen reagieren".

Vaterstetten braucht Geld, und Reitsberger würde sich das gerne von der großen Politik holen. "Wenn ein Spitzenverdiener eine Million an Einkommenssteuer zahlt, kommen bei uns in der Kämmerei nur 35 000 Euro an", sagte Reitsberger. Sein Stellvertreter Martin Wagner (CSU), bei dem sich Reitsberger ausdrücklich für die gute Zusammenarbeit bedankte, hatte kürzlich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) darauf hingewiesen, dass sich Vaterstetten einen anderen Verteilungsschlüssel wünscht.

Dann bedankte sich Reitsberger bei den Vereinen und Ehrenamtlichen im Ort, deswegen, sagte er, habe er schließlich eingeladen. Der Rathauschef ehrte Jo Neunert mit der silbernen Ehrennadel für 35 Jahre im Vaterstettener Gemeinderat. Den Löwen der Gemeinde bekam Philipp Soller überreicht, er hatte einen bewusstlosen Surfer aus den Fluten des Münchner Eisbachs gezogen und ihm so das Leben gerettet.

Und dann durften die Goaßelschnalzer ein zweites Mal ran

Heinz Bastian, Vorstand des Vereins Aktiver Bürger, erhielt ebenfalls einen Löwen, Heinz Gerrits, der in Rumänien religiöse Brücken schlägt, bekam die Heimat-Auszeichnung überreicht. Gregor Vodermaier erhielt für 40 Jahre Dienst bei der Freiwilligen Feuerwehr Baldham die Ehrennadel. Reinhard Götz und Bernhard Bichler wurden für 25 Jahre bei der Purfinger Feuerwehr geehrt, ebenso wie Wolfgang Bauer (Weißenfeld) und Ingo Weißer (Parsdorf).

Dann waren noch mal die Goaßlschnalzer dran. Die gepeitschte Deckenlampe hatte ja nur kurz gewackelt. Der Leuchter blieb heil und der Trachtler darunter auch.

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