Vaterstetten:Von Euros und Pfeifen

Zuschussantrag für neue Orgel der Petrikirche löst in Vaterstetten eine Grundsatzdebatte über Staat und Kirche aus

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Zum Nachdenken über Grundsätzliches anzuregen, ist ja mitunter der Anspruch von Kirche und Religion. Der evangelischen Petrigemeinde Baldham ist dies nun mit einem Antrag an den Vaterstettener Gemeinderat gelungen. Eigentlich wünschte sich die Kirche lediglich etwas Unterstützung beim Kauf einer neuen Orgel, die sie auch bekam - und dazu noch eine Debatte über Laizismus.

Wie die Kirchengemeinde in ihrem Antrag schreibt, gibt es seit einiger Zeit Probleme mit der Orgel. Die stammt zwar erst aus dem Jahr 1959, was für Orgeln keine allzu lange Zeit ist, allerdings war man mit dem Instrument in der Vergangenheit nicht immer so ganz pfleglich umgegangen. Früher habe man vor den Gottesdiensten die Kirche mittels elektrischer Heizung aufgewärmt - und die Orgel gleich mit. Die Temperaturschwankungen hätten an dem Instrument aber Schäden angerichtet, die nicht mehr zu reparieren seien. Eine neue Orgel zum Preis von 196 000 Euro habe man bereits beauftragt, schreibt Pfarrer Stephan Opitz. Die Gemeindemitglieder hätten dafür auch bereits fleißig gespendet, immerhin seien 120 000 Euro zusammen gekommen. Da sich die Landeskirche aber nicht beteiligen wolle, bitte er die politische Gemeinde, der die Orgel schließlich auch zugute komme, etwa bei Konzerten, um einen Obolus - wie hoch dieser ausfallen soll, ließ Opitz offen.

Die Vaterstettener Verwaltung hatte errechnet, dass ein Zuschuss von 15 000 Euro angemessen sei, denn das entspreche rund 20 Prozent der Finanzierungslücke von 76 000 Euro und damit dem Betrag, mit dem die Gemeinde andere "Kirchenmaßnahmen" der vergangenen Jahre bezuschusst hatte. Etwa die Renovierungen der Kirchen St. Nikolaus in Parsdorf und Maria Königin in Baldham oder auch die Erneuerung der Purfinger Kirchturmuhr.

Genau gar nichts solle die Gemeinde zahlen, befand dagegen Manfred Schmidt (FBU/AfD), der eine längere Rede zu dem Thema vorbereitet hatte. Obwohl Evangele und bekennender Liebhaber von Orgelmusik, die "im Gottesdienst immer wieder erhebend ist", sei die Orgelbeschaffung alleine Sache der Kirche. "Selbst ein eventueller ortskirchlicher Bannstrahl" werde ihn nicht abhalten, gegen den Zuschuss zu stimmen. Schließlich handele es sich dabei um eine freiwillige Leistung "aus der ohnehin klammen Gemeindekasse", während die Kirche über eigene, nicht unerhebliche Einnahmequellen verfüge. Die Petrigemeinde solle sich daher lieber an die Landeskirche wenden, deren Weigerung, sich zu beteiligen, sei ihm "unverständlich", so Schmidt. Und ansonsten blieben für die Orgelfinanzierung ja noch andere Möglichkeiten wie Spenden oder die Kollekte. "Der Bürgermeister kann schließlich nicht mit dem Klingelbeutel durch Vaterstetten ziehen", und auch auf Bürgerversammlungen würde ein solches Vorgehen "eher verwundern als Einnahmen erzielen".

Ähnliche Kritik kam von den Freien Wählern. Auch Peter Reitsberger sagte, dass es Sache der Landeskirche und nicht der politischen Gemeinde sei, für die Ausstattung von Gotteshäusern Sorge zu tragen - immerhin seien Kirche und Staat ja getrennt. Erschwerend komme hinzu, so sein Fraktionskollege Herbert Uhl, dass in Vaterstetten eigentlich nichts zu holen sei: Die Gemeinde müsse "immer mehr Gebühren erfinden", wie etwa die stets heiß diskutierte Straßenausbaubeitragssatzung, um an ihr Geld zu kommen - das man dann nicht für freiwillige Leistungen wie einen Orgelkauf hergeben solle.

Unterstützung für den Antrag kam unter anderem von Axel Weingärtner (Grüne): "Ich bin zwar katholisch, stimme aber trotzdem für den Zuschuss", erklärte er seine interkonfessionelle Solidarität. Christl Mitterer (CSU) warb ebenfalls für die Unterstützung der christlichen Kultur. Außerdem empfahl sie, für die Orgel zu spenden. Stefan Ruoff (Grüne) fragte Schmidt, ob er bereits für die Orgel gespendet habe. "Ich zahle Kirchensteuer", entgegnete der.

Für "die Königin der Musikinstrumente" sei eine Spende von 15 000 Euro durchaus angemessen, befand Bürgermeister Georg Reitsberger (FW). Schließlich komme die Orgel dem kulturellen Leben insgesamt zugute. Mit Ausnahme Schmidts und den Freien Wählern sahen das auch die Gemeinderäte so und bewilligten den Zuschuss.

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