Vaterstetten:Ungeliebte Nachbarn

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In einem Zweifamilienhaus in der Hochwaldstraße wurden mehr als 20 Gastarbeiter einquartiert. Anwohner und Gemeinde sind verärgert, ob sie die Unterkunft aber verhindern können, ist fraglich

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Der Einzug neuer Nachbarn besitzt immer ein gewisses Konfliktpotenzial. Ganz besonders groß ist dieses aber im Falle eines Hauses in der Baldhamer Hochwaldstraße. Dort lebten zeitweise mehr als 20 Bewohner, offenbar Gastarbeiter, auf engstem Raum zusammen. Derzeit steht das Zweifamilienhaus zwar leer, der Eigentümer hat nun aber bei der Gemeinde beantragt, dort ganz offiziell eine Arbeiterunterkunft betreiben zu dürfen. Bei den Nachbarn stößt dieses Ansinnen auf wenig Gegenliebe, aber auch die Gemeinde ist von den Plänen nicht sehr angetan. Eine eigentlich im Bauausschuss am Dienstag zu dem Thema geplante Beratung wurde nun von der Verwaltung überraschend wieder abgesetzt, mit der Begründung es gebe noch Klärungsbedarf.

Wer in der Baldhamer Hochwaldsiedlung wohnt, der hat es eigentlich geschafft im Leben. Seit der Nachkriegszeit entstanden in der damals zur Gemeinde Zorneding gehörigen "Kolonie Baldham" zahlreiche großzügige Häuser und Villen, was dem Viertel den scherzhaften Beinamen "Grünwald des Münchner Ostens" einbrachte. Durchaus großzügig ist auch das Anwesen an der Ecke Hochwald- und Wallbergstraße, ein schmuckes Haus aus den 1960er Jahren mit großem Garten. Ende der 1970er Jahre wurde es zu einem Zweifamilienhaus erweitert. Derzeit scheint das Gebäude unbewohnt, einige Rollläden sind auch tagsüber heruntergelassen, die Garageneinfahrt ist leer.

Gut gefüllt war das Haus indes noch bis vor einigen Wochen. Im Juni hätten sich beim Vaterstettener Einwohnermeldeamt "in kürzester Zeit 22 Personen melderechtlich registriert", und zwar alle in dem betreffenden Zweifamilienhaus in der Hochwaldstraße. 15 der Neubürger hätten sofort ein eigenes Gewerbe angemeldet, alle im Bereich Trockenbau. Für den Vermieter, der, wie man aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen hört, das Haus selbst vom eigentlichen Besitzer angemietet hat, scheint dies ein sehr gutes Geschäft gewesen zu sein. Angeblich kassierte er von seinen Untermietern bis zu 400 Euro pro Person und Monat.

Für die direkten Nachbarn ist damit der Tatbestand der "Zweckentfremdung von Wohnraum" erfüllt. Denn das Gebäude sei durch die intensive Nutzung eigentlich ein Beherbergungsbetrieb, schreibt etwa Anwohner Joachim Rauch in einem Brief an die Gemeinde. Er verweist auch auf die geltende Rechtslage, wonach eine solche Zweckentfremdung nur im Ausnahmefall möglich ist und auf jeden Fall einer Genehmigung durch die Gemeinde bedarf.

Diese war, zumindest bis zum Dienstag, bereit, eine solche Genehmigung zu erteilen. "Wohnheime für Arbeiter sind Wohnnutzungen", so das Bauamt in einer ersten Stellungnahme. Auch mit der Frage, ob es sich bei dem Etablissement um ein Wohnheim oder um einen Beherbergungsbetrieb handele, hat sich das Bauamt beschäftigt. Mit dem Ergebnis, dass es sich nicht um eine gewerbliche Herberge handele, denn: "Hoteltypische Nebenleistungen oder anderer Service werden nicht angeboten", so gebe es weder Reinigungsdienst noch Wäscheservice.

Auch Lebensmittel würden nicht ausgegeben. Dies weise auf eine "Eigengestaltung der Haushaltsführung" der Bewohner, somit "liegt der Schwerpunkt der Nutzung beim Wohnen und nicht beim Beherbergungsbetrieb". Die einzige Einschränkung bei der Nutzung sah das Bauamt bei den Stellplätzen. Derzeit seien sieben Parkmöglichkeiten vorhanden, damit dürften bis zu 28 Bewohner einziehen. Denn laut Stellplatzverordnung brauche ein Wohnheim pro vier Betten einen Parkplatz. Bis Dienstagabend schien sich die Einstellung der Verwaltung allerdings gewandelt zu haben. Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) zog den Tagesordnungspunkt zum Wohnheim kurzfristig zurück, da man noch nicht alle Details geklärt habe. Konkret nannte der Bürgermeister mögliche Probleme mit der Verkehrssituation und dem Brandschutz.

Ob die Gemeinde aber in der Lage ist, gegen Nutzung des Hauses als Arbeiterunterkunft vorzugehen, gilt als fraglich. Das bestätigt auch Georg Kast, Vaterstettens Wirtschaftsförderer und Büroleiter des Bürgermeisters. "Wir würden das liebend gerne verhindern, das ist eine Katastrophe", so Kast. Allerdings sei die Situation der Gemeinde in dieser Sache "denkbar schwierig". Man wolle sich nun mit Fachleuten beraten, was man gegen die Umnutzung des Wohnhauses tun könne. "Wir überlegen sehr gut, welche rechtlichen Möglichkeiten wir haben - bisher haben wir aber noch keine gefunden."

© SZ vom 04.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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