Vaterstetten:Süßer Trost im Kaffeehaus

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Walzer fehlten im Vaterstettener Neujahrskonzert. Dafür erklangen Polka, Tango und ein Wiener Lied

Von Claus Regnault, Vaterstetten

Das schon traditionelle Neujahrskonzert der Rathauskonzerte Vaterstetten versprach Walzerseligkeit in unseligen Zeiten. Unselig sind diese Zeiten unter anderem deshalb, weil der Welt ein neuer, unberechenbarer Präsident der USA bevorsteht, dessen Eintritt in die Weltpolitik nicht unbedingt Gutes verheißt. So war denn im Neujahrskonzert wider Erwarten kein Walzer, auch keine Walzerseligkeit, zu finden, sondern allerlei weitgehend vertraute Musik zur Unterhaltung.

So luden drei fabelhafte Musiker, Florian Sonnleitner, Violine, Heinrich Klug, Violoncello, und Maria Reiter, Akkordeon, zu ihrem Programm "In's Kaffeehaus" ein, welches der Zeit entsprechend zwar Unterhaltung, aber keine Walzerseligkeit versprach. Sonnleitner, der amtierende Konzertmeister des Bayerischen Rundfunksymphonieorchesters, und Klug, die einstige Cello-Stütze der Münchner Philharmoniker, sowie die deutlich jüngere Reiter entfalteten an diesem Abend nicht nur Kaffeehausatmosphäre, sondern eine hinreißende Virtuosität auf ihren jeweiligen Instrumenten. Und da die beiden Herren bekanntermaßen humorbegabt sind, geriet das Publikum in eine applausfreudige Stimmung, die der fehlenden Walzerseligkeit schon recht nahe kam. So wurde es ein Konzert, in dem man die grimmigen Zeitläufte vergessen konnte.

Das nummernreiche Programm begann mit der "Tritsch-Tratsch-Polka" von Johann Strauß Sohn, gefolgt von einem "Spanischen Tanz" von Moritz Moszkowski. Das bezaubernde Lied "Je te veux" von Erik Satie, widersprochen von Fritz Kreislers "Liebesleid", gab den Zuhörern einen Moment der Besinnung, nicht viel später besang auch Fritz Kreisler selbst die "Liebesfreud". Dazwischen erklang die Nummer 6 der "Ungarischen Tänze" von Johannes Brahms, da wollte Franz Lehár sich nicht lumpen lassen, eine "Ungarische Fantasie" beizusteuern.

Nach der Pause Klassik im "Trio Nr. 10 op. 44" von Ludwig van Beethoven, Anlass für Erich Kästner, das "Nachtgebet eines Kammervirtuosen" anzustimmen. Und dann wurde es wild in dem mit "Tres vif" bezeichneten Satz aus dem hinreißenden Duo für Violine und Violoncello von Maurice Ravel. Dieses gab wiederum Anlass für den eher nordisch drögen Jean Sibelius, sich in einer "Humoresque" zu versuchen. Aber dann übernahm Astor Piazolla, der große stolze Argentinier, das Regiment und forderte zum "Tango" auf und gab mit seinem Stück "Café 1930" noch eins drauf.

Was Werner Thomas-Mifune, der Hans Dampf in allen Cellogassen, mit seiner Komposition "Ein Maulwurf räumt um" im Sinn hatte, war vielleicht ein Hinweis an das Publikum, über dem Tanzen nicht das Vergnügen der Gartenarbeit zu vergessen. Und schließlich wollte man die Zuhörer ordentlich in Bewegung bringen mit der spätromantischen Komposition des Franz Ries "Perpetuum mobile" und mit Johann Strauß Sohn's "Cachucha-Galopp". Jubel und Besänftigung durch ein sentimentales Wiener Lied als Zugabe.

Alles in Allem ein hinreißend dargebotenes Programm mit minimalistischen Wortbeiträgen aus der Feder des KaffeehausDichters Peter Altenberg, dessen Rat, bei jeder Art Weheleid den Trost des Kaffeehauses aufzusuchen, zur Steigerung des Kaffeekonsums in den regionalen Kaffeehäusern führen dürfte.

© SZ vom 18.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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