Vaterstetten:Sorge um den guten Ruf

Vaterstettens Bürgermeister erklärt Kritik an Spielhalle

Von Wieland Bögel, Poing

Hat die Gemeinde einen Antrag für ein Automatencasino in Parsdorf mutwillig verschleppt? Um diese Frage geht es derzeit am Landgericht München, dort hat ein Geschäftsmann die Gemeinde auf Schadensersatz verklagt. Sein Vorwurf lautet, die Gemeinde habe sein Projekt rechtswidrig verhindert. Nun hat sich Vaterstettens Bürgermeister Georg Reitsberger zu dem Verfahren geäußert.

Der Rathauschef macht keinen Hehl daraus, dass man in Vaterstetten nicht besonders erpicht darauf ist, Standort einer Spielothek zu sein. "Wir haben gehofft, dass dieser Kelch an uns vorübergeht - auch wegen dem guten Ruf", den Parsdorf und das dortige Gewerbegebiet hätten. Und genau so hatte die Gemeinde auch 2014 die Ablehnung des Antrages begründet - der Ausdruck lautete damals "Trading-down-Effekt". Würde sich erst eine Spielhalle im Gewerbegebiet ansiedeln, könnten bald weitere Casinos oder ähnliche Etablissements folgen. Eine Argumentation, der das Verwaltungsgericht 2015 indes nicht folgen wollte, es gab dem Antragsteller für die Spielhalle recht.

Dieser Sieg vor dem Verwaltungsgericht reichte dem Geschäftsmann indes nicht, er forderte nun knapp eine halbe Million Euro von der Gemeinde für entgangene Gewinne aus der Zockerbude. Kern der Klage ist, die Gemeinde habe seinen Antrag grundlos verzögert - immerhin wurde der Ende 2013 eingereicht, aber erst ein Dreivierteljahr später im Bauausschuss behandelt - und abgelehnt. Außerdem sei die Begründung der Ablehnung offensichtlich unzulässig gewesen. Zwar hat die Zivilkammer des Landgerichts bereits erkennen lassen, dass sie die Höhe des Schadensersatzes für zu hoch hält, gleichzeitig aber erkennen lassen, dass die Klage an sich begründet sein könnte. Hintergrund ist ein Brief Reitsbergers an den Eigentümer des Gebäudes, in dem das Casino hätte entstehen sollen. Darin wird dieser gebeten, seinem Mieter die Pläne für die Spielhalle auszureden. Dies ist zwar grundsätzlich nicht verboten, dennoch könne dies ein Indiz sein für eine "schuldhafte Amtspflichtverletzung" seitens der Gemeinde, weil daraus ersichtlich sei, dass man dort das Projekt Spielhalle unbedingt verhindern wollte.

Man habe mit dem Eigentümer der Immobilie in Kontakt gestanden, sagt Reitsberger, es sei nun die Frage "wie man das interpretiert". Er habe dabei nur "das Wohl der Ortschaft" im Blick gehabt, so der Bürgermeister, "das liegt mir schon am Herzen". Und offenbar auch den Gemeinderäten, die damals im Ausschuss ohne große Debatte und einstimmig die Spielhalle ablehnten. "Vielleicht hat man ein bisschen übertrieben", sagt der Bürgermeister heute. Wie viel Geld Vaterstetten diese Übertreibung kosten wird, steht noch nicht fest. Auf Anregung der Zivilkammer wollen die Gemeinde und der Kläger zunächst eine außergerichtliche Einigung versuchen.

Das umstrittene Automatencasino gibt es im Übrigen bis heute nicht, was diesmal aber definitiv nicht die Schuld der Gemeinde Vaterstetten ist. Der verhinderte Spielothekbetreiber hat die Räumlichkeiten nämlich zwischenzeitlich untervermietet, wie in der Verhandlung am Landgericht zu erfahren war. Und dieser Untermieter, auch das wurde deutlich, denkt offenbar derzeit nicht daran, so bald aus dem Gebäude wieder auszuziehen.

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