Vaterstetten:Schwierige Nachbarschaft

Seit einem Jahr wird ein Haus in der Vaterstettener Hochwaldstraße als Arbeiterwohnheim genutzt. Weil die Gemeinde dies untersagen will, entscheidet nun das Verwaltungsgericht

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die Arbeiterunterkunft in einem Wohnhaus in der Hochwaldstraße wird ein Fall für die Justiz. Ende September wird das Münchner Verwaltungsgericht darüber entscheiden, ob der Besitzer des Anwesens dieses in ein Wohnheim umwandeln darf. Die Gemeinde Vaterstetten ist dagegen, der zuständige Bauausschuss hatte Anfang des Jahres eine Nutzung des Hauses als gewerbliche Unterkunft untersagt. Dagegen hat der verhinderte Herbergswirt vor dem Verwaltungsgericht geklagt. Bis das Verfahren abgeschlossen ist, darf der Betrieb zunächst weitergehen.

Die Gegend rund um die Hochwaldstraße gilt als besonders teure Gegend im ohnehin nicht billigen Vaterstetten. Hier dominieren große Anwesen und großzügige Gärten. Auch das Haus, das nach dem Willen seines Besitzers eine Arbeiterunterkunft werden soll, fällt eigentlich in diese Kategorie. Das große Einfamilienhaus aus den 1960er-Jahren wurde in den 1970ern zu einem Zweifamilienhaus erweitert, mit seinen mehr als 310 Quadratmetern bietet es also reichlich Platz. Dies machte sich der Eigentümer zunutze. Im vergangenen Sommer quartierte er mehr als 20 Gastarbeiter ein. Was ein durchaus lohnendes Geschäft zu sein scheint: Wie zu hören ist, kostet die Übernachtung 400 Euro pro Monat und Person. Die Mieter sind offenbar ausschließlich Saisonkräfte auf Baustellen in der Region, zumindest legen dies die Meldedaten nahe. Als die Unterkunft im Juni vergangenen Jahres ihren Betrieb aufnahm, meldeten 22 Personen beim Vaterstettener Einwohnermeldeamt das Haus in der Hochwaldstraße als ihren Wohnsitz an. Insgesamt 15 der Neubürger meldeten auch gleich ein Gewerbe an und zwar sämtlich im Bereich Trockenbau.

Nach Beschwerden der Nachbarn wurde die Gemeindeverwaltung aktiv und teilte dem Vermieter mit, dass die Nutzung als Wohnheim nicht genehmigt sei. Woraufhin der Eigentümer eine solche Nutzung bei der Gemeinde beantragte. Demnach sollten in dem Zweifamilienhaus bis zu 28 Mieter einziehen dürfen. Mehr ist nach geltender Stellplatzsatzung nicht drin, diese schreibt für Wohnheime pro vier Betten einen Parkplatz vor. Für den Hauseigentümer würde eine volle Belegung immerhin monatliche Einnahmen von 11 200 Euro bedeuten - das wären knapp 36 Euro pro Quadratmeter und damit deutlich mehr, als für die Immobilie bei normaler Wohnnutzung zu erzielen wäre.

Trotzdem fällt ein solches Wohnheim grundsätzlich unter Wohnnutzung, die in einem Wohngebiet eben erlaubt ist. Deshalb ist ein Verbot nur schwierig zu begründen. Bei der Gemeinde versuchte man es mit dem Argument, dass sich ein Wohnheim zwischen Ein- und Mehrfamilienhäusern störend auf die Umgebung auswirke. Besonders den Verkehr hat man dabei als Störfaktor ausgemacht, schließlich würden bei voller Belegung jeden Tag 28 Personen an- und abfahren. "Das sprengt den Rahmen", beschied Vaterstettens Bauamtsleiterin Brigitte Littke Anfang des Jahres.

Ebenfalls nicht unproblematisch sieht man in der Verwaltung die beengten Wohnverhältnisse. Gerade einmal elf Quadratmeter stünden nach Berechnungen des Bauamtes bei Maximalbelegung jedem Mieter zu. "Wir sind auch gehalten zu schauen, dass gesunde Wohnverhältnisse bestehen", so Littke damals, bei so vielen Menschen auf engem Raum sei dies nicht gewährleistet. Darüber hinaus sei mit einem "hohen Frustrations- und Konfliktpotenzial" zu rechnen, das durchaus auch "sicherheitsrechtlich relevante Vorgänge" nach sich ziehen könnte.

Der Bauausschuss folgte im Januar der Einschätzung der Verwaltung ohne Gegenstimmen und lehnte die Wohnheimnutzung des Anwesens ab. Nicht ganz einig war man sich allerdings, wie man ähnliche Fälle künftig verhindern könne. Eine Zweckentfremdungs-Satzung, wie sie Herbert Uhl (FW) ins Gespräch brachte, sah die Verwaltung, aber auch die Mehrheit im Ausschuss kritisch. Denn zum einen sei die Satzung keine Garantie, da sie maximal für fünf Jahre erlassen werden könne. Außerdem könne ein Eigentümer gegen eine solche Satzung klagen.

Nun hat sich Vaterstetten trotzdem mit einer Klage auseinanderzusetzen. Der Eigentümer will die von der Gemeinde verweigerte Genehmigung vor dem Verwaltungsgericht erstreiten. Über das Ergebnis ist man sich im Rathaus alles andere als sicher. "Das wird eine interessante Sache", meint Rigo Kurtz, im Vaterstettener Bauamt zuständig für Klageverfahren. Denn entsprechende Präzedenzfälle gebe es keine, so Kurtz, "die Rechtsprechung in solchen Fällen ist sehr uneinheitlich, wir wissen nicht, wie es ausgehen könnte".

Neben der Aussicht auf eine Genehmigung hat der Klageweg für den Herbergsbetreiber noch einen weiteren Vorteil. So lange das Verfahren läuft, darf er sein Haus weiter als Unterkunft nutzen. Was nach Angaben einiger Nachbarn auch geschieht, wenn auch nicht im Umfang des Vorjahres. Dass damit bald Schluss sein könnte, ist auch bei einem negativen Urteil des Verwaltungsgerichts nicht unbedingt zu erwarten. Denn selbst wenn das Gericht in erster Instanz gegen die Unterkunft entscheidet, könnte diese weiter betrieben werden, falls der Eigentümer Berufung einlegt.

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