Vaterstetten:Schöne neue Töne

In der Petrikirche in Baldham wird bei einem großen Festgottesdienst die lange ersehnte Orgel geweiht. Das Instrument lässt bei der Premiere keine Wünsche offen

Von Rita Baedeker, Vaterstetten

Neue Orgel Petrikirche Baldham Einweihung

Volles Haus: Auch viele Ehrengäste waren zur Weihe der neuen Orgel gekommen.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Rote, gelbe und weiße Blütenblätter sind kreisförmig auf den Vorplatz der Baldhamer Petrikirche gestreut, darin liegen vier Orgelpfeifen zu einem Kreuz geordnet. Vor dem Eingang zum Gotteshaus versperrt ein rotes Band mit riesiger Schleife den Zutritt. Gespannt versammeln sich die Wartenden um den duftenden Blütenschmuck. Eine Hochzeit ist es nicht, die hier gleich gefeiert wird, aber doch so etwas wie ein Bund fürs Leben - ein Bund zwischen der nagelneuen Orgel und der Gemeinde. Lange habe die sich nach dem Instrument gesehnt, sagt Pfarrer Stephan Opitz, nun gelte es, sie zu sehen, zu hören und in Empfang zu nehmen.

Und alle sind zum Empfang, zur Weihe der Königin gekommen - Gemeinderäte, Bürgermeister, Landrat, Pfeifen-Paten, Förderverein, Mitglieder des Katholischen Pfarrverbands, Familien, die frühere Baldhamer Organistin Ruth Schmidt, die nun sehen möchte, wie man ihre Orgel umgebaut hat; eine ehemalige Pfarramtssekretärin, die aus Hamburg angereist ist, weil - wie Opitz verriet - ihr die neue Orgel der Petrikirche mindestens ebenso wichtig sei wie die Elbphilharmonie.

Kirchenmusiker Matthias Gerstner ist voll des Lobes

Der Kirchenmusiker und Chorleiter Matthias Gerstner lobt Register, Farben und Raumklang des Instruments. In den folgenden zwei Stunden wird er den ganzen Reichtum der Register, Klangfülle und -schönheit der Orgel virtuos vorführen. Vor allem der "Setzertisch" gefällt ihm. "Man kann dort viele verschiedene Registrierungen einspeichern und auf Knopfdruck abrufen", erklärt er.

Orgelbauer Josef Maier aus Hergensweiler, aus dessen Werkstatt das Schmuckstück stammt, charakterisiert sein Werk als "pragmatisch", passend zum Gesang der Gemeinde und zur Architektur dieser kleinen Kirche. "Luxusdinge" für Konzerte seien eher kleiner ausgefallen. "Jede Nacht hatte ich Angst, was wohl sein wird, wenn die Kirche wirklich mal so voll besetzt ist, aber jetzt weiß ich, die Orgel hat den Härtetest bestanden."

Neue Orgel Petrikirche Baldham Einweihung

Ein bunter Blütenteppich empfängt die Besucher vor der Kirche. Das gefällt auch der kleinen Marlene, die mit ihrem Papa gekommen ist.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Beim ersten Lied schweigt die Orgel noch

Wohl, um dem kostbaren Instrument bei der Premiere noch etwas Zeit zu geben, singt die Gemeinde das erste Lied, den Lobgesang, ohne Begleitung. Als die Orgel einsetzt, klingt sie zart und verhalten. Wie ein Sänger, der seine Stimme schont, bevor er mit ganzer Kraft loslegt. Doch mehr und mehr gewinnt der Klang an Tiefe und Volumen, füllt den Raum, entfaltet strahlenden Glanz beim zweiten Kirchenlied "Ich singe dir mit Herz und Mund". Gemeinde und Orgel finden Gefallen aneinander.

Die Bandbreite der verschiedenen Klangkombinationen auszuschöpfen, reicht ein Gottesdienst nicht aus. Register wie Prinzipal und Bordun, Spitzflöte und Cromore, Subbass und Oktavbass kommen zum Einsatz. Wie kein anderes Instrument bringt die Orgel starke Gefühle zum Ausdruck. Der traurige Klang der Rohrflöte etwa, wenn das Leben mal nicht rund läuft, dann wieder der dröhnende Subbass, der Kirchenbänke erbeben lässt.

Als Anerkennung überreicht Opitz vielen Menschen, die geholfen, beraten und sich auf die eine oder andere Art engagiert haben, Blumen und Geschenke. Den Mitgliedern des Orgelausschusses überreicht er verschiedene Registerzüge. Matthias Gerstner, als "Prinzipal" angesprochen, bekommt natürlich den entsprechenden Knopf.

Auf der Empore wollte man die Orgel nicht mehr verstecken

Der Geistliche betrachtet die neue Orgel im Übrigen auch als überaus fähige Kollegin. "In Zukunft haben es alle, die hier predigen, leicht", erklärt er lächelnd der Gemeinde. Denn von nun an teile die Orgel mit ihm das Amt der Verkündigung. Selbst wenn die Predigt mal fade gerate - "die Pfeifen bringen Gottes Wort zum Klingen und Strahlen, der Gottesdienst wird schöner werden." Im Gemeindebrief für diesen Monat hat es Pfarrer Gereon Sedlmayr so formuliert. "Musik ist eines der Fenster, die wir zu Gott haben."

Vor den Genuss haben die Götter - pardon, hatte der Herrgott - jedoch auch hier etliche Mühen gesetzt. Eine Herausforderung war neben der langdauernden Finanzierung durch Spenden vor allem die beim Orgelbau bestehende Konkurrenz zwischen Architektur und Musik, zwischen gesungenem und gesprochenem Wort. Das neue Instrument auf der Empore zu verstecken, so wie früher, kam nicht in Frage. Sie sollte, um von allen gehört zu werden, zentral in den Altarraum integriert werden. Dafür jedoch hätte man das kleine Petrifenster opfern müssen, was auch niemand wollte. Schließlich fand man eine Lösung, bei der Musik, Akustik, Ästhetik, Gemeinde und Liturgie gleichermaßen berücksichtigt sind: Die neue Orgel hängt an der Brüstung der Empore. Bespielt wird sie am Tisch neben dem Altar, auf der Empore gibt es noch eine eigene Klaviatur.

Die Orgel gibt dem Gesang Glanz und Stärke. Doch heutzutage singe die Gemeinde nicht mehr, sagt Opitz bedauernd in seiner Predigt. Dabei schaffe derjenige, der singt, eine Gemeinschaft. "Musik ist der beste Trost für einen verstörten Menschen", zitiert er Martin Luther. Beim FC Liverpool, nicht unbedingt eine kirchliche Organisation, seien die Fans sogar überzeugt: "They only win, when we sing!" Ob Fußballplatz oder Gotteshaus: Eine Verkündigung durch Musik bewegt und berührt.

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