Vaterstetten:Schlauer surfen

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Die sechs jungen Frauen aus Alem Katema waren Jahrgangsbeste der Berufsschule und können sich nun als Betreiberinnen eines Internetcafés selbständig machen. (Foto: Privat)

Der Vaterstettener Partnerschaftsverein mit Alem Katema ermöglicht sechs jungen Frauen in Äthiopien, ein Internetcafé zu eröffnen. Das gibt nicht nur ihnen eine berufliche Perspektive. Sie wollen auch Jugendlichen zeigen, dass online mehr geht als nur Facebook

Von Viviane Rückner, Vaterstetten

Einst war es das Raumschiff Enterprise, das in unendliche Weiten aufbrach. Ein bisschen wie Astronautinnen können sich auch sechs junge Frauen fühlen, die sich zwar nicht ins All aufmachen, aber ins ähnlich grenzenlose Internet. Das ist deshalb bemerkenswert, weil sich Ayelech Goshu, Meseret Defaru, Birknesh Beshahured, Shewalanch Tsegaye, Fireselam Tasew und Konjolema Shinbachew in Alem Katema, der äthiopischen Partnergemeinde von Vaterstetten, auf den Weg machen. Ihre Mission ist freilich nicht die Erkundung ferner Galaxien, ihr Anliegen ist ganz bodenständig. In ihrem Internetcafé wollen sie jungen Leuten zeigen, dass man im Netz mehr unternehmen kann als nur Statusmeldungen oder Fotos zu posten. Unterstützt wird das Projekt vom Partnerschaftsverein.

Dessen zweiter Vorsitzender Alexander Bestle lobt, dass der Verein mit seinem Engagement nicht nur Bildungszwecke verfolgt, sondern auch das Unternehmertum der Frauen, die zwischen 19 und 24 Jahre alt sind, fördere. Bislang stehen in dem Café nur Computer, es sollen aber auch Drucker und Kopiergeräte sowie Programme zum Layouten und für die Fotobearbeitung angeschafft werden. Darüber hinaus sind Kurse zur Internetnutzung und Textbearbeitung geplant.

Wer im Internetcafé durchs Netz surft, muss dafür eine Gebühr bezahlen. Bestle hofft, dass das Geschäft in zwei Jahren ohne finanzielle Unterstützung der Organisation "Engagement Global" weiter bestehen kann, die Partnerschaftsprojekte für nachhaltige Kommunalentwicklungen fördert. Bis 2018 erhalten die Frauen ihr Gehalt von der Hilfsorganisation. Bestle betont aber auch, dass die Vaterstettener die Hauptverantwortung für das Projekt haben, dass "sehr Erfolg versprechend" sei. Es gebe zwar andere Internetcafés und Geschäfte mit Kopiergeräten in der Gegend, aber kein Laden führe alles zusammen.

Die sechs jungen Frauen sind dafür außerordentlich gut qualifiziert: Sie waren die besten Informations- und Kommunikationstechnikerinnen des Jahrgangs 2016 an der Berufsschule in Alem Katema. Bestle bedauert allerdings, dass der Studiengang mit dem Namen Information-Communication-Technology (ICT) zunächst pausiert. "Es besteht nicht genügend Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt", sagt er.

Die sechs Internetcafé-Betreiberinnen hatten noch Glück. Sie erhielten als Jahrgangsbeste die Möglichkeit, ihr selbst erarbeitetes Konzept den Vertretern der Gemeinde- und Landkreisverwaltung vorzustellen. "Obwohl die Frauen in Äthiopien nicht so selbstbewusst erzogen werden wie die Frauen in westlichen Ländern, hat die Präsentation super geklappt", sagt Bestle.

Die Idee für ein Internetcafé in Alem Katema gibt es schon länger. Bereits vor zwei Jahren startete die äthiopische Regierung ein entsprechendes Projekt, stellte dafür auch Equipment, zehn Rechner, zur Verfügung. Allerdings war der damalige Inhaber aufgrund seiner technischen Kenntnisse auch andernorts sehr gefragt. Das führte Bestle zufolge dazu, dass das Café kaum geöffnet hatte und nach wenigen Monaten wieder schließen musste, weil die fehlenden Einnahmen die Kosten nicht mehr deckten.

Die Räumlichkeiten und Computer waren vorhanden, es fehlte allerdings an Experten mit Internetkenntnissen für die Geschäftsführung. Dieses Problem konnte nun glücklicherweise über die Kooperation mit dem Studiengang gelöst werden, freut sich Bestle.

© SZ vom 15.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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