Vaterstetten:Schlag gegen Raab

Vaterstetten: Lisa Loch, die gerade in BWL promoviert, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schüler über das Leid von Mobbing-Opfern aufzuklären.

Lisa Loch, die gerade in BWL promoviert, hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schüler über das Leid von Mobbing-Opfern aufzuklären.

(Foto: Christian Endt)

Lisa Loch wurde als Teenager in der Sendung "TV total" veralbert und verklagte den Moderator - erfolgreich. Über ihr Leiden als Mobbingopfer spricht sie an der Baldhamer Realschule.

Von Sara Kreuter, Baldham

Kinder können grausam sein. Lisa Loch, 30 Jahre alt und Model, hat das erfahren müssen. Nun will sie andere Schüler vor Mobbing warnen und Betroffenen zeigen, dass ihnen geholfen werden kann. Dazu spricht sie im Partykeller der Realschule Baldham zu Schülern der Mittelstufe. In dieser Altersgruppe treten statistisch gesehen die meisten Fälle auf.

Vaterstettens Jugendpfleger Jörg Cordruwisch hat die Veranstaltung organisiert. Er möchte Schüler und Lehrer für das Thema sensibilisieren und wehrt sich vehement gegen den Mythos "Bei uns an der Schule gibt es kein Mobbing" - ein Satz, den er immer wieder zu hören bekommt. Mobbing sei ein ernst zu nehmendes Problem, betont Cordruwisch: "Mobbing ist kein Kavaliersdelikt, es ist strafbar und kann weitreichende Folgen haben." So basierten beispielsweise 20 Prozent aller Suizide auf Mobbing.

Nach der Sendung begannen die Hänseleien

"Es ist wichtig, dass offen darüber gesprochen wird", betont Loch. Sie selbst bekam in ihrer Schulzeit die Hänseleien ihrer Mitschüler zu hören, so schlimm, dass sie sich in Therapie begab. 2001, im Alter von 16 Jahren, hatte sie bei einer Miss Alemania Wahl teilgenommen. Bei einer Ausstrahlung im Fernsehen stellte sie sich vor mit dem Satz "Hallo, ich heiße Lisa Loch und bin 16 Jahre alt". Diese unverfänglichen Worte griff Moderator Stefan Raab in seiner Satire-Sendung "TV total" wiederholt auf und machte anzügliche Bemerkungen. Ihre Mitschüler sahen die Sendung und die Hänseleien begannen. "Das hat mich sehr getroffen."

Lisa Loch wurde zum Mobbingopfer. Mitschüler verspotteten sie und machten anzügliche Witze. Die Lehrer waren keine Hilfe, im Gegenteil: "Sie vermittelten mir den Eindruck, ich sei selbst Schuld an meiner Situation, schließlich hätte ich freiwillig bei dieser Miss-Wahl mitgemacht," erinnert sich das Model. Irgendwann reichte es ihr: Mit Unterstützung von ihrer Familie entschloss sie sich, vor Gericht zu ziehen, den Fernsehender "Pro 7", die Produktionsfirma und Stefan Raab zu verklagen. Das Gerichtsverfahren erstreckte sich über zwei Jahre. Eine harte Zeit für Loch, doch ihr war wichtig, von offizieller Seite Recht zu bekommen und ähnlichen Fällen vorzubeugen: "So etwas darf nie wieder passieren." Letztendlich wurden Loch in zweiter Instanz 70 000 Euro Schadensersatz zugesprochen. Sie machte ihr Abitur und studierte BWL, zurzeit promoviert sie.

Die Schüler sind still, als Lisa Loch endet. Ihre Geschichte hat Eindruck gemacht. Stefan, ein 14-jähriger Achtklässler, hat der Vortrag gefallen. In der Schule hören sie oft von Mobbing, aber es sei ganz anders, "von jemandem zu hören, der das persönlich erlebt hat - so wird es real".

"Wenn du aufgibst, haben sie gewonnen", sagt Lisa Loch

Das Model gibt den Schülern ein paar Tipps im Umgang mit Mobbing. Sich jemanden zu suchen, mit dem man reden kann, beispielsweise. Und niemals aufzugeben. "Es gab Phasen, wo ich am liebsten zu Hause geblieben wäre", berichtet sie. "Aber wenn du aufgibst, haben sie gewonnen." "Hier in diesem Vortrag sitzen wahrscheinlich Schüler, die von Mobbing betroffen sind", bemerkt Cordruwisch. "Euch kann geholfen werden, bitte kämpft gegen das, was euch angetan wird."

Cordruwisch hat recht. Ella ist 13 Jahre alt. Sie berichtet von einer Freundin, die gemobbt wird. Das Mädchen ist beeindruckt, weil Loch "so ehrlich geredet hat". Und weil ihre Geschichte ein gutes Ende hat. Ella hofft, dass sie ihrer Freundin jetzt besser helfen kann.

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