Vaterstetten:Parsdorfer wollen keine Münchner Großmarkthallen

Obstgroßhändler in der Münchner Großmarkthalle, 2016

Kommen die Münchner Großmarkthändler nach Parsdorf? Geht es nach den Parsdorfern, dann eher nicht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Früchtchen aus der Landeshauptstadt? Bei der Bürgerversammlung sprechen sich die Einheimischen klar dagegen aus.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Den Parsdorfern reicht es mit dem Wachstum in ihrem Ort. Auf der Bürgerversammlung am Mittwoch stimmten die Anwesenden mit großer Mehrheit für zwei Anträge gegen mehr Wohnungsbau und Gewerbeansiedlung. Konkret geht es um den geplanten Umzug der Münchner Großmarkthallen auf ein Grundstück nördlich des Gewerbegebietes und um den Bau von Wohnungen im Ort durch die Stadt München.

Dagegen hatte sich bereits Widerstand geregt, als die Pläne im vergangenen Herbst bekannt wurden. Auf einem Grundstück am Sportplatz, welches der Stadt München gehört, sollten etwa 70 neue Wohnungen entstehen. Die eine Hälfte davon sollte als Sozialwohnungen angeboten, die andere im Rahmen des Münchner Modells an Haushalte mit mittlerem Einkommen und Familien mit Kindern preisgünstig vermietet oder verkauft werden.

Seitens der Gemeinde verwies man darauf, dass die Wohnungen Vaterstettener Bürgern zugute kommen würden; man werde sich ein Belegungsrecht sichern. Bei den Parsdorfern, die von den Plänen ziemlich überrascht wurden, war man vom Nutzen nicht so überzeugt. Seit Anfang des Jahres wurden darum Unterschriften gegen die Bebauung am Sportplatz gesammelt.

Und dies erfolgreich. Auf der Versammlung im gut besuchten Saal der Alten Post übergab Josef King Bürgermeister Georg Reitsberger einen Ordner mit mehr als 400 Unterschriften. Auch der Grund, weshalb die Parsdorfer in so großer Zahl - immerhin gut die Hälfte der Wahlberechtigten - unterschrieben hatten, wurde noch einmal vorgetragen: 70 neue Wohnungen auf einen Schlag seien einfach zu viel für einen kleinen Ort wie Parsdorf und würden außerdem zu viel Verkehr verursachen. Gefordert wurde daher, die Bürgerversammlung möge sich in einem Antrag an den Gemeinderat gegen das geplante Wohngebiet aussprechen. Dem folgten die mehr als 100 Anwesenden nahezu einstimmig. Damit muss sich der Gemeinderat binnen dreier Monate mit dem Antrag befassen.

Der Stadt München ging es um die Versorgung der eigenen Klientel

Obwohl dies laut Bürgermeister Reitsberger gar nicht nötig ist. Die Gemeinde sei nämlich bei den Verhandlungen mit der Stadt München zu keinem Ergebnis gelangt und habe diese daher abgebrochen. Interessant ist aber die Begründung für das Scheitern der Verhandlungen: Man habe sich nicht über die Belegungsrechte einigen können. Was heißt: Die Stadt München hatte keinesfalls vor, die Wohnungen für etwas anderes zu nutzen, als für die Versorgung der eigenen Klientel.

Eigennutz der Münchner war auch der Vorwurf des zweiten Antrages: Alfred Schwaiger forderte, die Versammlung möge sich gegen die Verlagerung der Großmarkthalle nach Parsdorf aussprechen. Im April waren Pläne bekannt geworden, dass einige Obst- und Gemüsehändler aus der Halle in Thalkirchen ausziehen wollen und sich bereits ein Grundstück an der A 94 als möglichen neuen Standort angesehen hätten.

Diese Pläne, so Schwaiger, seien schädlich für Parsdorf. Er verwies auf den umfangreichen Lieferverkehr, der damit zu erwarten sei. "Wenn der Wind richtig steht, hört man in Parsdorf jeden Lastwagen auf der Autobahn." Auch zweifelte Schwaiger an, dass die Gemeinde nennenswerte Gewerbesteuer durch die Großmarkthalle erzielen werde.

Dem widersprach Wirtschaftsförderer Georg Kast. Eine Großmarkthalle bringe durchaus "Einnahmen in einer Dimension, dass es sich rechnet". Er verwies außerdem darauf, dass der Gemeinderat bereits vor Jahren beschlossen habe, die 30 Hektar Fläche an der Autobahn für Gewerbeansiedlung zu nutzen. Zudem sei es gar nicht nötig, einen Antrag bei der Bürgerversammlung zu stellen, so Kast.

"Wir dürfen unsere Landschaft nicht so runterspielen"

Der Gemeinderat werde sich ohnehin mit der Frage befassen, ob man die Großmarkthalle haben wolle - falls deren Nutzer es überhaupt noch wollten. Denn, so Bürgermeister Reitsberger, "die Ansiedlung der Großmarkthalle ist eher unwahrscheinlich." Nicht unwahrscheinlich genug für die Parsdorfer: Mit großer Mehrheit wurde der Antrag angenommen, dass sich der Gemeinderat gegen die Großmarkthalle - und ähnliche Projekte, wie etwa gegen den Schlachthof - aussprechen möge.

Eine Standpauke gab es von Johann Gunszt, Sprecher der Arbeitsgruppe Orts- und Verkehrsentwicklung Parsdorf. Und zwar für Bürgermeister Reitsbergers Ablehnung der Umgehungsstraße. Gunszt erinnerte daran, dass der Gemeinderat einstimmig für das neue Gewerbegebiet und mit großer Mehrheit für eine Verkehrsentlastung von Parsdorf votiert hatte - auch mit der Stimme des jetzigen Bürgermeisters.

Dessen Argument, mit der Umfahrung werde zu viel Fläche verbraucht, könne er nicht nachvollziehen. Gunszt rechnete vor, dass in den vergangenen Jahren gut 100 Hektar Gewerbeflächen ausgewiesen wurden, mit Zustimmung Reitsbergers. "Und wenn es um sechs Hektar für die Umgehung geht, lehnt er es ab."

Aber sechs wertvolle Hektar, rechtfertigte sich Reitsberger: "Wir dürfen unsere Landschaft nicht so runterspielen, als ob sie nichts wert wäre." Außerdem habe er nie eine Entlastung für Parsdorf abgelehnt, sondern sich für eine ortsnähere Trasse ausgesprochen. "Ich bin kein absoluter Gegner von Straßenbau, aber warum muss man die zwischen Weißenfeld und Parsdorf durchführen?" Ansonsten nahm der Bürgermeister die Kritik gerne entgegen. "In Parsdorf rührt sich was." Und mit Blick auf die kaum besuchte Versammlung am Montag in Vaterstetten merkte er noch an: "Es ist auch schön, wenn man mal geschimpft wird, das zeigt, dass Interesse da ist."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: