Vaterstetten:Mein Lift, dein Lift, kein Lift

Vaterstetten: Der Aufzug am Baldhamer S-Bahnhof gehört der Gemeinde Vaterstetten; für den Bahnsteig drumherum ist dagegen die Deutsche Bahn zuständig.

Der Aufzug am Baldhamer S-Bahnhof gehört der Gemeinde Vaterstetten; für den Bahnsteig drumherum ist dagegen die Deutsche Bahn zuständig.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Vaterstettener Gemeinderäte ärgern sich über angebliche Mängel der Bahn bei der Wartung des Aufzugs am Baldhamer Bahnhof. Doch dieser gehört seit 30 Jahren der Kommune

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Eigentum verpflichtet, so fordert es das Grundgesetz. Manchmal kann Eigentum aber auch belasten - oder verwirren. Mit letzteren hatte nun die Gemeinde Vaterstetten zu tun. Ursache sowohl der Belastung als auch der Verwirrung ist der Aufzug am Baldhamer S-Bahnhof. Die Belastung ist für alle festzustellen, die schwere Lasten oder einen Kinderwagen mit sich führen, Rollstuhlfahrer sind oder andere Probleme beim Benutzen der Treppe haben. Denn diese ist der einzige Zugang zum Bahnsteig, wenn der Aufzug mal wieder seinen Dienst verweigert.

Aufgefallen ist dies auch dem FBU-AfD-Gemeinderat Manfred Schmidt. Er stellte darum in der jüngsten Sitzung des Bauausschusses die Anfrage, ob sich die Gemeinde nicht an die Bahn wenden könne, damit der Aufzug endlich in einen benutzbaren Zustand gesetzt werde. Denn der aktuelle sei "eine Unverschämtheit". Man werde es weitergeben, versicherte Bürgermeister Georg Reitsberger (FW). Mehr könne man leider nicht tun, ergänzte Bauamtsleiterin Brigitte Littke, "das ist eine reine Bahn-Anlage." Dann müsse man der Bahn eben klar machen, "dass es so nicht gehen kann", sagte Dritter Bürgermeister Günter Lenz (SPD). Er regte an, Vaterstetten solle sich mit ebenfalls vom Schienenkonzern stiefmütterlich behandelten Nachbargemeinden zusammentun und bei der Bahn "auf den Tisch hauen."

Entgangen ist Lenz - genau wie sämtlichen anderen Mitgliedern des Ausschusses, Bürgermeister und Bauamtschefin - dabei indes, dass es sich um den falschen Tisch handelt. Denn, wie die Bahn auf Nachfrage mitteilt, sei man weder Besitzerin des Baldhamer Aufzuges noch für dessen Instandhaltung zuständig. Die Bahn verweist auf einen Vertrag mit der Gemeinde aus dem Jahr 1986. Darin sei eindeutig geregelt, "dass der Aufzug in das Eigentum der Gemeinde übergeht".

Etwas zerknirscht bestätigt Zweiter Bürgermeister Martin Wagner (CSU), ebenfalls Mitglied im Bauausschuss, diesen Sachverhalt: "Es ist in der Tat so, dass wir zuständig sind." Dass diese Tatsache niemandem im Ausschuss geläufig war, erklärt Wagner damit, dass die Übernahme des Lifts schon so lange zurückliegt. Er versichert aber, dass ungeachtet dieser Erinnerungslücke der Ausschussmitglieder der Aufzug in den vergangenen drei Jahrzehnten stets vom gemeindlichen Gebäudemanagement gewartet wurde.

Auch mit dem aktuellen Problem des Lifts sei die Abteilung bereits befasst, so Wagner. Konkret gehe es um Vandalismus: Offenbar wurde die Tür der Fahrstuhlkabine von Unbekannten durch Tritte oder Schläge so beschädigt, dass sie sich immer wieder verkeilt. Dies habe zur Folge, "dass der Aufzug mal geht und mal nicht." Schon mehrmals mussten darum eingeschlossene Passagiere aus dem Lift befreit werden. Eine neue Tür sei auch bereits bestellt, so Wagner. Weil der Aufzug aber nicht mehr der Jüngste sei, müssten Ersatzteile extra angefertigt werden, weshalb die Reparatur noch etwas dauern werde.

Zumindest über das Vandalismusproblem konnte die Verwaltung den Bauausschuss korrekt aufklären. Bürgermeister Reitsberger beklagte, dass es immer wieder Leute gebe, "die rütteln und schütteln so lange an dem Aufzug herum, bis er stehen bleibt." Herbert Uhl (FW) und Maria Wirnitzer (SPD) sprachen sich daraufhin für eine Videoüberwachung in der Unterführung aus - was die Verwaltung aber mit dem Hinweis, die Unterführung sei Bahngrund, für nicht machbar erklärte.

Doch auch im Lichte der Erkenntnis, dass nicht nur der Lift sondern auch die Unterführung Eigentum der Gemeinde ist, bleibe der Einbau von Videokameras schwierig, sagt Wagner. Denn diese könnten theoretisch in der Unterführung aufgestellt werden, aber auch nur dann, wenn die Bahn dem ausdrücklich zustimme. Man versuche seitens der Gemeinde zwar, gegen Randalierer vorzugehen, sagt Wagner. Dafür gibt es auch einen Sicherheitsdienst, der unter anderem die Bahnstationen kontrolliert. Erwischt hätten die Wachleute bisher aber noch keinen der Aufzugs-Vandalen. Diese könnten sich im Übrigen auch einer Video-Überwachung des Fußgängertunnels leicht entziehen, die müsste nämlich enden, sobald der Lift den Bahnsteig erreicht. Denn dort könne die Gemeinde auf keinen Fall Kameras installieren, so Wagner. "Das ist hundertprozentiger Bahngelände." Wirklich.

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