Vaterstetten:Kreative Lösungen gesucht

Vaterstetten: Kinderbetreuung ist nicht billig, in Vaterstetten gibt es derzeit eine Kontroverse um die Kostenbeteiligung der Gemeinde.

Kinderbetreuung ist nicht billig, in Vaterstetten gibt es derzeit eine Kontroverse um die Kostenbeteiligung der Gemeinde.

(Foto: Christian Endt)

Vaterstettener Eltern fordern mehr Anstrengungen der Gemeinde gegen Personalmangel in den Kitas. An diesem Freitag wird eine Unterschriftenliste übergeben, für September ist ein "Runder Tisch" mit dem Bürgermeister geplant

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Leerstand ist in der boomenden Großgemeinde eigentlich kein Problem - außer bei den Kindertagesstätten. In es einigen gibt es zwar genügend Platz, aber zu wenige Plätze, weil die Träger große Probleme haben, genügend Personal zu finden. Wie diesem Problem beizukommen ist, darüber ist in der Gemeinde nun eine Kontroverse entbrannt. Betroffene Eltern fordern mehr Anstrengungen der Gemeinde, im Rathaus und bei den Gemeinderatsfraktionen verweist man dagegen auf die angespannten Finanzen.

Begonnen hatte die Debatte mit einem offenen Brief mehrerer Elternbeiräte an die Gemeinde. Darin wird beklagt, dass bereits erteilte Zusagen für Betreuungsplätze wegen Personalmangels wieder zurückgezogen wurden. Aus dem gleichen Grund komme es aktuell bereits zu Einschränkungen bei den Betreuungszeiten, Eltern müssten ihre Kinder früher abholen, teilweise würden ganze Gruppen geschlossen. Die Eltern sehen nun die Gemeinde in der Pflicht: Diese müsse dafür Sorge tragen, dass die Träger genügend Personal finden. Eine Möglichkeit sei, dass Vaterstetten, ähnlich wie einige Nachbarkommunen, die Trägern finanziell unterstützt. Etwa durch Zahlung einer sogenannten Ballungsraum-Zulage, wie es in der Stadt München bereits der Fall ist.

Vaterstetten werde sich diesen Kommunen nicht anschließen, schreibt nun Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) in einem Antwortbrief an die Eltern. Der Bürgermeister verweist auf einen Beschluss des Gemeinderates, wonach man den Trägern zwar kostenlos Räume zur Verfügung stellt - entweder, indem die Gemeinde selber baut, oder indem sie die Mietkosten übernimmt. Dagegen wolle man aber "keine Defizite, die aus dem Betrieb der Kita herrühren" erstatten, also sich nicht beispielsweise an Personalkosten beteiligen. Schließlich müsse man "leider doch auch immer die Finanzen im Auge behalten", so der Bürgermeister. Zu den Kosten für die Zulage gibt es nur Schätzungen - sicher sind es aber mehrere 100 000 Euro pro Jahr. Reitsberger verweist darum auf die angespannte Haushaltslage: "Vaterstetten hat große Schwierigkeiten, seinen Aufgaben mit den zur Verfügung stehenden Mitteln gerecht zu werden." In dieser Sache weiß der Bürgermeister die Gemeinderäte auf seiner Seite, "das Meinungsbild dazu ist unverändert", fasst Reitsberger das Ergebnis der jüngsten Sitzungen zusammen.

Tatsächlich ist man quer durch die Fraktionen gegen die Zahlung einer Zulage. Am ausführlichsten begründet dies die CSU, deren Fraktion hatte den Eltern kürzlich sogar einen längeren Antwortbrief geschrieben. Darin schließen sich Fraktionssprecher Michael Niebler und die Familienpolitische Sprecherin Edith Fuchs der Auffassung Reitsbergers an: Die Gemeinde stelle die Räume zur Verfügung und bezuschusse die Personalkosten ohnehin bereits, wie es das Gesetz vorschreibt. Vaterstetten könne aber "nicht weitere freiwillige Zuschüsse leisten (. . .) weil wir andernfalls finanziell überfordert wären". Eine Befürchtung die man auch bei den Grünen teilt: "Das würde den Rahmen völlig sprengen", sagt Axel Weingärtner, Fraktionssprecher der Grünen. Auch er verweist auf die hohen Investitionen der Gemeinde in die Gebäude, "darüber hinaus sehe ich keine Möglichkeiten." Die sieht auch SPD-Fraktionssprecher Sepp Mittermeier nicht: "Wir sollten bei dem Beschluss bleiben."

Zudem bezweifelt Mittermeier, dass ein Zuschuss überhaupt etwas ändern würde. Das sei "nur ein Tropfen auf den heißen Stein". Das Problem liege vielmehr in einem Mangel an Erzieherinnen, "diesen zu beheben, das liegt nicht in unseren Möglichkeiten", sagt Weingärtner. Der Bürgermeister schätzt die Erfolgsaussichten ebenfalls als gering ein: "Auch in Städten und Gemeinden, die die Arbeitsmarktzulage zahlen, herrscht große Personalnot an Erzieherinnen", so Reitsberger.

Die Eltern überzeugt dies indes nicht: In einem Antwortschreiben an Bürgermeister, Gemeinderat und CSU-Fraktion fordern Franziska Schröer und Annegret Rosenthal vom Elternbeirat des Parsdorfer Kinderhauses die Gemeinde erneut auf, die Zulage zu zahlen - zumindest anteilig. Vorgeschlagen wird eine Kostendrittelung zwischen Eltern, Trägern und der Gemeinde. Gleichzeitig zeigt man sich für alle Vorschläge offen, die die Personalnot in den Kitas lindern können, und lobt den Bürgermeister, der sich darüber bereits Gedanken gemacht hatte. In einer ersten Reaktion auf die Briefe der Eltern hatte Reitsberger etwa Fahrtkosten- und Mietzuschüsse ins Gespräch gebracht. Auch eine Art Vorzugsrecht für frei werdende Gemeindewohnungen kann sich der Bürgermeister vorstellen. Die Eltern schlagen darüber hinaus vor, Vaterstetten könnte sich auch an eine Personalvermittlungsagentur wenden.

Letzteres sieht man bei den Fraktionen eher kritisch, "da würde sich vor allem die Agentur freuen", so Weingärtner. Was die Frage des günstigen Wohnraumes betrifft, könnte die Gemeinde aber durchaus etwas tun. Mittermeier schlägt etwa vor, bei der künftigen Planung von Kindertagesstätten gleich Dienstwohnungen für das Personal mit zu erstellen. Die CSU hat außerdem vorgeschlagen, mit dem Landratsamt Kontakt aufzunehmen, damit für "Anerkennungsverfahren ausländischer, meist hoch qualifizierter Fachkräfte Verbesserungen erreicht werden können".

Über diese und vielleicht noch weitere kreative Ideen wollen Eltern und Gemeindevertreter nach den Sommerferien an einem "Runden Tisch" diskutieren. Bereits an diesem Freitag sollen im Rathaus Unterschriftenlisten übergeben werden, in denen mehr Engagement der Gemeinde gefordert wird, um dem Leerstand in den Kitas beizukommen.

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